Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Josephine Chaos
Vom Netzwerk:
beginnt eine ausführliche, leider völlig unverständliche Diskussion mit der betreffenden Patientin im Hintergrund. Ich seufze wieder ein bisschen: Das war es dann mit dem gemütlichen Gammeltag. Diese Frau wird garantiert erst fünf Minuten vor Feierabend hier eintrudeln. Ich habe das im Urin.
    Das ferne Genuschel verstummt, die Stimme der Frauenärztin dringt nun wieder unverfälscht an mein Ohr.
    »In einer Stunde!«
    Sag ich doch!
    »Hören Sie mal, Kollegin, Ihre Praxis ist hier doch gleich um die Ecke! Das muss doch etwas schneller gehen! Sagten Sie nicht auch ›Notfall‹?«
    Hah! Ich schlage dich mit deinen eigenen Waffen!
    Schon wieder Diskussionen bei abgedeckter Sprechmuschel – und das, obwohl ich doch so neugierig bin! Dann, Ewigkeiten später: »Okay – in einer halben Stunde ist sie da!«
    Na, wer’s glaubt …
    Solche Spielchen laufen immer gleich ab: Die Patientinnen werden um kurz vor Sprechstundenende höchst dringlich angemeldet, und wenn man Glück hat, kommen sie noch vor zwölf Uhr. Nachts , wohlgemerkt! Ehrlich – das ist so!
    Ich hatte mal einen Notfall, der wurde mir auch um 15.55 Uhr großartig angekündigt – Privatpatientin in der Keine-Ahnung-paar-zwanzigsten-Schwangerschaftswoche mit übelsten Bauchschmerzen! Ganz schrecklich! Damals musste ich gleich mit allen Teilhabern der betreffenden (Privat-)Praxis konferieren – drei an der Zahl –, um mehrfach zu versichern, dass ich quasi schon den roten Teppich ausgerollt hatte und mit Prosecco und Häppchen vor der Tür stünde, wenn die Frau denn käme.
    Gekommen ist die Gute dann um 1.45 Uhr am nächsten Morgen – mit zwei nigelnagelneuen, güldenen Rimowa-Koffern, Größe XXL, aufgehübscht wie zum Wiener Opernball. Und auf meine Frage, was sie JETZT ERST in meine Ambulanz triebe, bekam ich schnippisch zur Antwort: »Schnuppel musste erst noch die KOFFER vom Speicher holen …«
    Nee, is’ klar …

    Hier und heute – gleiches Spiel. Es wird 13 Uhr, dann 14 Uhr, 14.30 Uhr – und um 15.36 Uhr steht eine große, sympathisch aussehende Dame vor unserer Ambulanztür, mit rotverquollenen Augen und völlig in Tränen aufgelöst. Das könnte sie sein …
    Mitnichten – das ist nur Frau Sorge, die nicht extra angekündigte Patientin einer ebenfalls niedergelassenen Kollegin, welche mich mit nachfolgendem Dialog fast dazu treibt, unsachliche Telefongespräche zu führen.
    »Ich hab da gestern etwas in meiner Brust getastet. Und weil meine Freundin doch Brustkrebs hat … – ich bin dann gleich zu meiner Frauenärztin, die mir auch direkt eine Überweisung zum Ultraschall gegeben und mich hierher geschickt hat!« Frau Sorge muss gleich schon wieder weinen, und ich klopfe ihr beruhigend den Rücken, während Bambi ihr aufmunternd eine Packung Taschentücher hinhält.
    »Okay, ganz ruhig – was hat die Kollegin denn im Ultraschall gesehen?«
    Die Patientin schaut mich mit großen Augen verwundert an.
    »Die Frau Doktor hat gar keinen Ultraschall gemacht! Ich sollte doch sofort hierher kommen!?«
    Ich würde jetzt gerne wieder einmal in die Tischkante beißen. Wie um alles in der Welt kann ich eine Frau mit so einer Diagnose einfach mal ins Krankenhaus schicken, in der Hoffnung, irgendeiner wird schon da sein, der Brüste schallen kann?
    Am Brückentag!
    Unangekündigt!
    HALLO?
    An Brückentagen ist in Kliniken landauf und landab grundsätzlich nur die Notfallbesetzung da. Und die besteht aus Assistenzärzten. Und die meisten Assistenten kennen Brüste nur, weil sie selbst welche haben. Oder weil ihre Freundinnen Brüste haben. Aber Brüste schallen können die wenigsten. Das lernt man erst später, wenn man schon groß und Facharzt ist.
    Wow – ich bekomm mich fast nicht mehr ein. Ich meine, da steht eine Frau, offensichtlich in höchster Not, weil ihre Freundin vielleicht gerade an Krebs stirbt und sie jetzt etwas in der eigenen Brust getastet hat und sich mit diesem doofen Knoten der eigenen Vergänglichkeit plötzlich schmerzlich bewusst geworden ist – und der Kollegin fällt nichts Besseres ein, als sie einfach abzuschieben ! Vor dem Wochenende ? Ich bin sauer! RICHTIG sauer!

    Die Frau hat Glück! Ich kann in der Tat leidlich Brüste schallen. Nicht so toll wie mein Chef oder Oberarzt Napoli, aber doch nahezu hundertprozentig besser als dieses Rehlein neben mir, das bestimmt gerade ihrem Herrgott dafür dankt, dass ich noch nicht nach Hause gegangen bin.
    25 Minuten später verlässt Frau Sorge unsere

Weitere Kostenlose Bücher