Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
zu weinen. Das hatte ich mir, nach allem, was passiert war, redlich verdient.
51
Zwölf Stunden später trieben wir über einem seltsam stillen Nuevo Rio. Trocken und endlich auch wieder aufgewärmt saß ich neben Doreens Tochter – ich hätte nicht gewusst, wie ich sie sonst nennen sollte – und sah vom Fenster aus zu, wie sich der Morgen über die Stadt legte. Jace war nach vorne zu Eddie gegangen, und in den Kommunikationsleitungen knisterten alle möglichen Nachrichten. Gabe lag festgeschnallt quer über einem Tisch. Beruhigungsmittel hatten sie in einen tiefen Schlummer versetzt. Die Med-Einheit kontrollierte ihre Werte und surrte vor sich hin, während synthetisches Plasma und Antibiotika durch einen Schlauch in ihre Adern tröpfelten. Zwar würde sie mit Kopfweh und Bauchschmerzen aufwachen, aber sie würde am Leben bleiben.
Die Corvinfamilie war weg. Einfach … weg. Sie hatten sich nicht einmal auf einen richtigen Kampf eingelassen. Jace gehörte jetzt ein verdammt großes Familienvermögen.
Als ich wieder zu Doreens Tochter blickte, waren ihre Augen weit offen, klar und dunkelblau. Wie Doreens.
Genau wie Doreens Augen.
Ernst schaute sie mich an. Ein kleines Kind mit beängstigend erwachsenen Augen, in deren Tiefen viel zu viel Psinergie und Wissen schwammen. Ein paar Sekunden saßen wir so da, eine müde, ausgelaugte Halb-Dämon-Nekromantin und ein kleines androgynes Dämonenkind.
Ich schaffe es nicht, dachte ich. Aber mir bleibt keine andere Wahl.
Schließlich räusperte ich mich. „Hi“, sagte ich ruhig. „Ich bin Danny.“
Sie sah mich noch ein paar Sekunden länger an, ehe sie antwortete. „Ich weiß“, sagte sie mit klarer, heller Stimme. „Er hat mir gesagt, dass du kommst.“
Mein Mund war trocken und glatt wie Glas. Das war nicht normal für ein Kind.
Als ob ich wüsste, was für ein Kind normal war. Wenn es irgendwie ging, verbrachte ich freiwillig keine Sekunde mit Kindern. „Wer hat dir das gesagt? Santi … äh, mpf, dein Papa?“
Sie nickte, und das bleiche Haar fiel ihr übers Gesicht. „Er hat gesagt, dass er mein Papa ist“, gestand sie, „aber ich glaube das nicht. Mein richtiger Papa redet in der Nacht in meinem Kopf mit mir. Er hat grüne Augen und einen grünen Stein, so wie ich, und er hat gesagt, dass du mich holen kommst. Er hat gesagt, dass er dich schickt.“
Anscheinend erwartete sie irgendeine Antwort. Es war offensichtlich, wer ihr „richtiger Papa“ war. Entweder hatte Luzifer irgendeine Möglichkeit, sich mit ihr in Verbindung zu setzen, oder sie hatte seherische Fähigkeiten, oder … Mein Gehirn hörte auf, nach weiteren Alternativen zu suchen. Es spielte auch keine Rolle. Luzifer wusste bereits von dem Kind. So viel stand für mich fest. Ebenso stand für mich fest, dass Luzifer von Santinos „Proben“ gewusst hatte. Oder, wenn nicht gewusst, dann geahnt. Der Fürst der Hölle war schließlich nicht dumm.
Warum hatte Japhrimel dann aber versprochen, ihm nichts davon zu erzählen?
„Ich habe deiner Mami versprochen, auf dich aufzupassen“, krächzte ich. Oh, ihr Götter, Danny, jetzt hast du es getan.
Das kleine Mädchen nickte feierlich. „Du bist nicht wie sie.“ Sie deutete auf den Bug des Gleiters, wo Jace und Eddie leise in besorgtem Tonfall beratschlagten. „Du bist auch nicht wie mein Papa.“
„Das will ich doch hoffen.“ Ich wand mich unbehaglich auf dem Sitz, die Rettungsdecke knisterte. „Wie heißt du eigentlich?“
„Ich bin Eve“, antwortete sie sachlich. Ich zuckte zusammen. Natürlich, dachte ich und sah, wie sich auf ihren Wangen Grübchen zeigten. Sie lächelte mich an. „Kann ich ein Eis haben?“
„Ich glaube nicht, dass wir welches dahaben, Kleine.“ Japhrimel lebte von Blut oder Sex oder Feuer. Was isst dieses Mädchen? Oh je, auf so was bist du nicht vorbereitet, Danny. Ganz und gar nicht.
Der Gleiter kreiste langsam und senkte sich dann auf den Vorplatz von Jaces Villa herab.
„Äh, Danny?“, rief Jace. „Komm mal her und schau dir das da an.“
Ich schwang mich hoch. Die Kleine schob ihre Decke beiseite und stand ebenfalls auf. Sie hob ihre zierliche, makellose Hand. „Kann ich auch mitkommen?“ Sie trug ein kurzes, weißes Baby-Doll-Nachthemd, ihre pummeligen Füße waren bloß. Ich bekämpfte den Drang, sie vom kalten Boden des Gleiters hochzuheben.
„Okay“, sagte ich und nahm sie bei der Hand. Sie fühlte sich warm an – die Berührung eines Dämons.
Wie die von Japhrimel. War er
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