Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
festhielt … Ich wollte gar nicht weiter darüber nachgrübeln. Ich wollte auch nicht daran denken, wie wütend er wohl sein würde, wenn ich ihm erst einmal alles erklärt hatte, was ich ihm gleich sagen würde.
Meine Hände fingen wieder an zu zittern. Ich umklammerte den Schwertgriff. Plötzlich fiel mir etwas ein.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, fasste ich kurz in meine Tasche. Japhrimel sagte kein Wort. Er saß einfach nur mit gesenktem Kopf da. Sein rabenschwarzes Haar war ihm über die Augen gefallen. Unter seinem Mantel hielt er die Schultern gerade wie ein Soldat. Die Hände hatte er locker in den Schoß gelegt. Wegen der langen Ärmel konnte ich nicht erkennen, ob er an seinen Handgelenken Male hatte.
Ich hielt die gewundene Kette mit dem Saphir vor mich hin, schluckte einmal trocken und ließ sie dann zu Boden fallen.
Leise klimpernd schlug sie einen guten Meter vor dem äußeren Kreis auf, in dem das Fünfeck war, in dessen Feld sich das Viereck und der innerste Kreis befanden. Ich sah die schimmernden, harten Energieschleier, die so angelegt waren, dass die volle Kraft jedes direkten Angriffs, den Japhrimel wagen sollte, sich unmittelbar gegen ihn selbst richten würde. Eve hatte nicht gelogen. Ich brauchte dieses Konstrukt nur zu berühren, und die äußeren Magik-Schichten würden zerbröckeln und in sich zusammenfallen. Einen derartigen Schild konnte man nicht nach beiden Seiten unempfindlich machen, auch nicht mit aller dämonischen Psinergie.
Als die Halskette auf dem Boden auf traf, hob er langsam den Kopf und sah mich an. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb sein Blick an meinem linken Handgelenk mit dem schwarzen Fehdering hängen.
Beinahe wäre ich zurückgewichen und hätte mit dem Katana den Blickkontakt zwischen uns unterbrochen, aber das steinharte Ei in meiner Brust zerbrach. Wut kochte in mir hoch, heiß und befriedigend. Schlagartig hatte ich mich wieder fest im Griff. Es fühlte sich gut an, meinen ganzen Ärger rauszulassen, als hätte jemand eine Schleuse geöffnet und einen furchtbaren Druck von mir genommen.
Ich kniff die Augen zusammen, starrte zurück und hoffte, dass ihm genauso mulmig zumute war wie mir. Das war zwar nicht allzu wahrscheinlich, aber ein Mädel darf ja mal hoffen, oder?
Er bewegte die Lippen. „Dante“, sagte er ruhig und gelassen. Ohne jedes Anzeichen einer Gefühlsregung.
Hallo, Liebling. Na, freust du dich, mich zu sehen? Ich unterdrückte mit aller Macht den Schauder, der durch mich hindurchfegte. „Japhrimel.“
Seine Augen durchbohrten mich förmlich. Der Befehl kam augenblicklich. Widerspruch wurde nicht geduldet. „Befreie mich.“
Nicht einmal ein kleines „Hi, wie geht’s dir denn?“. Mein Zorn erreichte ein ganz neues Stadium. Jetzt erteilte er mir schon wieder Befehle. Tja, nachdem er mich nicht mehr manipulieren oder in den Schlaf lullen konnte, um weiß Gott was zu treiben, blieb ihm vermutlich nichts anderes übrig. Eigentlich hätte ich mich nicht so reinsteigern sollen, ich tat es aber.
„Wozu, verdammt noch mal?“ Ich schüttelte den Kopf, dass mir die Haare um die Ohren flogen und ins Gesicht fielen. Ich brauchte dringend irgendetwas, womit ich sie hinten zusammenbinden konnte. „Ich habe dich doch gewarnt. Ich habe dich angefleht, nicht auf sie Jagd zu machen, oder? Angebettelt habe ich dich, mich nicht anzulügen oder mir was zu verheimlichen. Aber das ist wohl das Einzige, wozu wir Menschen gut sind: zu betteln.“
Er zuckte mit den Schultern. Zuckte einfach nur mit den Schultern.
Zum Glück zitterten meine Hände unkontrolliert, sonst hätte ich möglicherweise etwas völlig Idiotisches angestellt, etwa mein Schwert gezogen und durch die Kreise gedroschen. Aber so starrte ich ihn nur an, musterte sein Gesicht, das mir doch eigentlich vertraut war. Wieso nur überraschte es mich immer wieder, dass ich ihn so attraktiv fand? Seine Nase war etwas zu lang, die Lippen zu dünn, die Wangen zu unregelmäßig, die Augenbrauen zu gerade. Aber mir gefiel dieses Gesicht besser als Luzifers goldene Schönheit oder die gengespleißte Vollkommenheit Massadies.
Japhrimel war schön, wie eine Klinge schön war – wie jedes gut geölte, tödliche und nur auf einen Zweck ausgerichtete Material.
Dass ich meine Zuneigung an ihn vergeudet und er mein Vertrauen missbraucht hatte, steigerte meinen Hass noch weiter. Es war zwar nicht gerecht, ihm für alles die Schuld zu geben, aber es war die einfachste Lösung. So praktisch. Er war
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