Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
dass Japhrimel nicht mitkommen würde. Die Kalte zwischen seinen Augenbrauen und die leicht herabhängenden Mundwinkel drückten deutlich aus, dass ihm mein Vorhaben ganz und gar nicht gefiel. Das Herz schlug mir bis zum Hals, eine Mischung aus Angst und Aufsässigkeit.
Du kannst mir nicht alles vorschreiben, Japh. Ich liebe dich, und du bist stärker als ich – aber gewinnen lasse ich dich trotzdem nicht.
Als ich Leander durch die Tür nach draußen folgte, hielt Japhrimel sich direkt hinter mir. Seine Missbilligung konnte ich wie einen Kloß in meiner Kehle spüren.
Der Große Suk von Cairo Giza brodelte unter der heißen Sonne, Staub und Sand wehten auf den weitläufigen, rechteckigen, mit Steinen gepflasterten Platz, der von plasstahlverstärkten Ziegelgebäuden überragt wird. Eine Klimasteuerung und die hin und her gleitenden Schatten der über dem Platz geparkten Gleiter mildern die sengende Hitze, aber nicht viel. Weite Teile des Suks haben sich in den letzten einhundert Jahren nicht verändert: große Körbe mit Datteln, Feigen und anderen Köstlichkeiten, an Haken aufgehängte Hälften von geschlachteten Tieren – mich überlief ein Schauder, als ich das sah, dabei gibt es sogar in Saint City noch Frischfleisch – mit ‚summenden Stauungsfeldern, um die Fliegen fernzuhalten, lachende Kinder, die inmitten der Menschenmassen spielen, Taschendiebe, Betrüger, die die Menschenflut ausnehmen, wobei jede nur denkbare Ware im Angebot ist.
In diesem Suk bekommt man wirklich so gut wie alles, von in Bottichen gezüchteten Diamanten über legale Zwangsarbeiter bis hin zu nicht ganz so legalen Sklaven – wobei dieser Handel eher in uneinsehbaren Seitengassen stattfindet und stets davon bedroht ist, dass die Hegemoniepolizei auftaucht und die Leute einkassiert. Man kann Drogen kaufen, Mittel, um den Körper gentechnisch aufzurüsten, oder auch Mittel für Enzymbehandlungen. Die Sedayeen-Gemeinden unterhalten Kliniken unter freiem Himmel, und die Skinlin verkaufen Naturarzneien. Ein Zeremonialer oder ein Magi kann ein Kurzzeitschild weben oder die Zukunft voraussagen. Sogar Paranormale haben dort Stände – Swanhilds überbringen Botschaften, Werwölfe verkaufen helle Webteppiche oder verdingen sich als Sicherheitsleute. Und vieles mehr.
In einer Menge ist es durchaus von Vorteil, einen Dämon und einen Nekromanten dabeizuhaben, man hat dann wenigstens ein bisschen Freiraum. Die Ägyptianer machten nicht den Eindruck, als würden sie Leanders und meine Tätowierung misstrauisch beäugen – sie schienen nicht so viel Angst vor Psionen zu haben, wie ich das in anderen Teilen der Welt schon erlebt hatte. Japhrimel sah zwar aus wie ein Normalo, aber ihn umgab eine Aura von Fremdartigkeit, die sich offensichtlich sofort mitteilte, sodass er öfter seltsam angeblickt wurde als wir beiden Psione. Vielleicht fiel der lange schwarze Mantel mit dem hohen Kragen in der Hitze besonders auf, oder sein ernstes Gesicht, vielleicht auch die Art, wie er drohend hinter mir herschritt.
Ich will nicht gerade behaupten, dass ich mich unbeschwert und ausgelassen fühlte, aber zum ersten Mal seit langer Zeit war mir wieder wohl zumute. Feilschen war hier gang und gäbe. Bereits nach ein paar Minuten, in denen ich beobachtete, wie Leander geschickt in Pidginmerikan verhandelte, hatte ich eine Vorstellung von den hier üblichen Preisen, und schon feilschte ich heftig um zwei erabische Dolche, während ich auf Datteln herumkaute, die Leander gekauft hatte. Die Dolche waren die schönsten, die es an diesem Stand gab, außerdem perfekt zum Werfen geformt – und Metall, das man dafür nicht erst zurechtfeilen muss, ist wirklich eine Seltenheit. Die Griffe waren aus dunklem Holz gearbeitet, einfach und zweckdienlich, aber die Form der Klingen und der Schliff machten sie zu Kunstwerken.
Schließlich einigten wir uns auf den Kaufpreis. Ich bezahlte mit New-Credit-Scheinen und stopfte meine restliche Barschaft zurück in meine lasche, auch wenn sich der Verschlusszauber, den ich angebracht hatte, ein wenig sträubte-nicht viele würden es wagen, mit flinken Fingern in die Tasche einer Nekromantin zu greifen, aber wissen kann man ja nie. Der Standbesitzer, ein Mann mit einer Hakennase, überreichte mir die Dolche, verbeugte sich, berührte mit der rechten Hand seine Stirn und überschüttete mich mit guten Wünschen. Ich muss wohl gelächelt haben, denn Leander warf mir einen neugierigen Blick zu. „Du machst das, als würdest du schon
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