Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
ist, bin ich sogar verdammt vernünftig.“ Meine Kehle war trocken, meine Stimme klang weich und verführerisch, trotz oder vielleicht auch wegen meiner angegriffenen Luftröhre.
„So, so.“ Leander lief in mich hinein, vielleicht konnte er mit seinen menschlichen Augen im Dunkeln nicht so gut sehen wie ich. Er roch immer noch nach dem Sand und dem starken, aromatischen Kaffee von Cairo Giza, überdeckt vom Gestank absterbender menschlicher Zellen.
Ich fragte mich, warum dieser Geruch so viel Abscheu in mir hervorrief. Ich mochte Leander doch, oder etwa nicht? Und Lucas’ trockener Medizinschränkchengeruch war auch nicht besser.
„Halt die Klappe, Alter“, knurrte Lucas. Ihm bereitete es offensichtlich kein Problem, sich um den Dreck in dem Flur herumzubewegen. Sojamalzflaschen, leere Kartons vom Lieferservice, ranzig riechende Kleidung und aller möglicher anderer Kram. „Das Reden übernehme ich.“
„Lass ihn in Ruhe.“ Meine Stimme klang tonlos und gelangweilt. „Er weiß genau, dass er während eines Gesprächs mit einer nervösen Magi den Mund halten muss.“ Wobei ich lieber nicht wissen möchte, wie gefährlich eine Magi ist, die freiwillig in einem Loch wie diesem lebt.
Villalobos machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Wir hatten das Ende des Flurs erreicht, Wohnung 6a. Er klopfte einmal, drehte den Türknauf und stieß die Tür weit auf.
Das ist ja interessant. Ich beobachtete, wie die glänzenden Psinergieschichten vor seiner Aura zur Seite wichen und die magische Energie sich weigerte, ihn zu berühren. Das war mir schon vorher an Lucas aufgefallen: Er selbst setzte keine Psinergie ein, aber sie konnte auch nicht gegen ihn eingesetzt werden. Eine Sackgasse und Stoff zum Nachdenken … falls ich zu einem Ergebnis käme, was ich davon halten sollte.
Kyphii-Geruch drang aus der Wohnung und breitete sich im Flur aus. Ich folgte Lucas und trat durch ein herabfließendes Tuch aus Energie, das sich teilte, um mich durchzulassen, und dann einen schönen, ins Rosa spielenden Goldton annahm. Die Bewohnerin dieser Wohnung hatte gespürt, wie sich die Psinergie bei meinem Eintritt verändert hatte. Weiblich. Magi. Nicht allzu jung, aber auch nicht alt. Ich atmete tief durch, schmeckte die Luft, als wäre ich auf einer Kopfgeldjagd. Leander kam als Letzter und schloss hinter sich die Tür. Wir standen in einer Diele mit Parkettboden, die leicht nach Bienenwachs, Kyphii und Psinergie roch.
Anubis et’herka, sie ist mächtig, wer immer sie sein mag. Die Sicherheitssysteme waren sorgfältig geknüpft, und durch sie hindurch zog sich ein Hauch von Dämonengeruch, was mir bewies, dass sie aktiv mit Dämonen in Kontakt stand.
Genau wie „Schamane“ ist „Magi“ ein umfassender Begriff für ein breites Spektrum von Psionen mit unterschiedlichen Begabungen. Ein Magi weiß vielleicht – oder auch nicht –, was er zu tun hat, wenn ein Dämon auftaucht, je nachdem, was er gelernt hat und um was für einen Dämon es sich handelt. Magi haben schon vor dem Großen Erwachen Kontakt mit der Hölle gehabt, aber vor dem großen kollektiven Sprung der Menschheit ins Zeitalter von Psinergie und Magik waren ihre Methoden höchst bescheiden und im besten Fall durchwachsen gewesen. Dennoch waren die Magi nach dem Großen Erwachen zunächst die Einzigen, die eine Vorstellung davon hatten, wie man psionische Begabung üben oder Psinergie dazu bringen konnte, einem zu gehorchen. Heutzutage durchlaufen alle Psione eine von Magi geleitete Ausbildung, in der sie Gedächtnistraining, Umgang mit Psinergie und Theorie der Magik lernen, aber das macht uns nicht alle automatisch zu Magi.
Ich wusste inzwischen, wie man einen Imp herbeirief und in einen Kreis zwang. Ich wusste, wie man Werkzeuge weihte, um ein ätherisches Portal zu schaffen, durch das man einen Dämon der niedrigen Schar in die Hölle zurückschicken konnte. Inzwischen wusste ich auch deutlich mehr über die Anatomie von Dämonen als früher. Aber Magi, die mit Dämonen zu tun haben, sind außerordentlich verschwiegen und geben ihr Wissen über erfolgreiche Experimente im Durchbrechen der Wände zwischen unserer Welt und der der Hölle nur an jeweils einen Lehrling weiter. Ihre Schattenjournale – das Gegenstück zu den Meisterblättern der Skinlin und den Zauberlehrbüchern der Zeremonialen – verfassen sie in Geheimschriften, die zu entziffern man oft Monate braucht. Selbst wenn sie in Zirkeln zusammenarbeiten, hüten sie ihre Geheimnisse, und
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