Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
hatte er hartnäckig darauf bestanden, mich nicht aus den Augen zu lassen. Und falls ich dazu benutzt werden sollte, ihn zu zwingen, Eves Rebellion zu unterstützen – noch dazu, wo Luzifer keine Zweifel daran gelassen hatte, dass meine Tage gezählt waren –, da war es doch völlig sinnlos, wenn er mich ausgerechnet jetzt mit McKinley allein ließ.
Von einem weiteren Geheimnis, nämlich diesem ominösen Schatz und dem Schlüssel, ganz zu schweigen.
Schritte. Jemand näherte sich.
Ich duckte mich noch tiefer in den Schatten, lauschte, atmete ruhig und gleichmäßig. Ich roch eine angenehme Mischung: Veilchen und weiße Malven einer Sedayeen sowie den würzigen Honig eines Schamanen.
Meine rechte Hand schloss sich um den Schwertknauf. Ich spannte alle Muskeln an.
Sie traten in mein Blickfeld, zwei Frauen, beide unbewaffnet. Normalerweise ist das gleichbedeutend mit hilflos. Es ärgert mich jedes Mal, wenn ich auf Schamanen oder Nekromanten ohne Kampfausbildung treffe. Wozu soll das gut sein, wenn man legalerweise Waffen tragen kann, dazu sogar noch offiziell ermuntert wird, und man diesen Vorteil dann nicht nutzt?
Der Ärger steigerte sich rasch zu einer ausgewachsenen Wut, als ich im Schatten auf der anderen Seite der Gasse etwas herumhuschen sah. Metall blitzte kurz auf, und schon hörte ich das leise Klicken, als der Sicherungshebel eines Sturmgewehrs umgelegt wurde.
Im selben Moment war ich auch schon unterwegs.
Ich führte das Schwert eng am Unterarm angelegt und riss die Klinge hoch. Feuchter, grauer Gestank von Eingeweiden, die aus Leibern glitten, stieg mir in die Nase. Dem fünften verpasste ich einen Tritt, einen knackigen Seitwärts-Kick, der seine Rippen brechen ließ und ihn nach hinten schleuderte. Den Schwung nutzte ich für eine saubere halbe Drehung. Ein Söldner ließ die Machete nach unten sausen. Mit surrendem Schwert blockte ich den Schlag ab.
Sie hatten gute, professionell aufgebaute Schutzschilde. Offenbar waren Magi dafür bezahlt worden, eine Tarnschicht anzufertigen, damit ihr auffälliger Normalo-Verstand den psionischen Opfern nicht frühzeitig ihre Anwesenheit verriet. Das allein hatte mir gezeigt, dass die Typen nichts Gutes im Sinn hatten. Wären sie nur ein reines Überwachungsteam gewesen, hätten sie keine Tarnschicht gebraucht und auch nicht so viele Projektilwaffen, dass man damit im Tank District einen Aufstand hätte lostreten können.
Der Kampf war kurz, heftig und wild und endete damit, dass ich menschliches Blut von meinem Schwert schnippte und die Klinge mit Psinergiefeuer reinigte, ehe ich sie in die Scheide zurücksteckte. Ich packte den Letzten, der noch am Leben war, den Söldner, dem ich die Rippen zerschmettert hatte, und zog ihn hoch, bis die kaputten Knochen in seiner Brust nur so knirschten.
Er mochte etwa dreißig sein, schwitzte unter seiner grauen Tarnfarbe und trug die Standardausrüstung gedungener Mörder – ein Rüstzeug, wie ich eins hatte, einen schwarzen Mikrofaseroverall und verschiedene klirrende Waffen. Er zitterte am ganzen Körper und hatte einen glasigen Blick. Meine Ringe gaben einen ganzen Regen goldener Funken von sich, als ich ihn schüttelte.
„Wage es ja nicht, mir unter der Hand wegzusterben“, knurrte ich ihn an. „Wer hat euch geschickt? Sag mir einen Namen, und ich werde dir deinen Tod erleichtern.“
Vom Anfang der Gasse her hörte ich ein leises, gedämpftes Geräusch – die Sedayeen.
Ich beachtete sie nicht weiter, sondern schüttelte den Mann, der kaum ein Murmeln zustande brachte, erneut und zischte drohend: „Anubis steh mir bei, wenn du es mir nicht auf der Stelle sagst, entreiß ich dein Wissen deiner Seele, sobald du die Brücke überquert hast.“
Selbstverständlich war mir das gar nicht möglich – ich hätte ihn lediglich kurzzeitig wiederauferstehen und von jemandem befragen lassen können, vorausgesetzt die betreffende Person war darin geschult, Toten Auskünfte zu entlocken. Wenn man die Fragen nicht richtig stellte, konnte man irreführende Antworten erhalten.
Wie bei Dämonen.
Ich konnte ihm sein Wissen nicht aus der Seele reißen, aber er war ein Normalo und hatte davon wahrscheinlich keine Ahnung. Die Drohung allein hätte mir eigentlich ein schlechtes Gewissen machen müssen, aber das tat sie nicht.
„P-P-Po …“ Der Mann wollte schreien und erbrach Blut. Ich schüttelte ihn erneut. Sein ein Meter achtzig großer Körper wackelte wie eine Puppe in meinen schlanken goldenen Händen. Ich
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