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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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genießen, bis ihr Vater wieder da ist«, sagte Mr. Garfield.
    Lady
Godolphins Augen leuchteten wie die eines Raubtiers. Dieser Cyril Archer, den
Daphne heiraten wollte, war nichts weiter als ein Jüngelchen. Aber dieser Mr.
Garfield, dieser reiche Mr. Garfield hatte Beine wie ein Adonis.
    Lady
Godolphin nickte. »Setz dich wieder, Daphne«, befahl sie, und Daphne, die den
eisernen Ton in ihrer Stimme sehr wohl hörte, setzte sich unglücklich wieder
hin.
    »Zu sagen,
daß ich überrascht und schockiert bin, hieße die Angelegenheit untertreiben«,
sagte Squire Radford.
    Hochwürden
Charles Armitage vergrub sich noch tiefer in dem bequemen Sessel vor dem Feuer
in der Bibliothek des Squires und murmelte: »Ich gehe gleich, wenn du nicht
aufhörst, auf mir herumzuhacken.« Es war ihm eine Erleichterung gewesen,
seinen Kummer bei seinem alten Freund abzuladen, aber die darauf folgende
Predigt wollte er nicht hören.
    »Ich habe
dir doch alles erzählt«, fuhr er fort und verhalf sich zu einem weiteren Glas
Portwein aus der Karaffe auf dem Tisch. »Was mich so aufreibt, ist, daß dieser
Geldsack in meinem Haus sitzt – ein Glücksfall, wie man ihn sich nicht besser
denken kann –, und dazu meine Daphne, das schönste Mädchen in England. Und
dieser Garfield beschimpft mich und will mich vor Gericht bringen, und statt
daß ich Daphne dazu bringe, ihn zu besänftigen, nenne ich ihn einen
eingebildeten Kerl. Wahrscheinlich wollte er mich gar nicht im Ernst anzeigen.
Er ist wohl so dumm auf den Kopf gefallen, daß er den Verstand verloren hat.«
    Squire
Radford seufzte. »Charles«, sagte er mit seiner hohen festen Stimme, »du wirst
den Tatsachen ins Auge sehen müssen, und die Tatsachen sind folgende: Erstens
kannst du den Bischof nicht davon abhalten, dich zu besuchen, indem du
versuchst, ihm das Leben zu nehmen. Zweitens ist dieser Garfield sehr schlecht
auf dich zu sprechen. Du mußt dich aufrichtig bei ihm entschuldigen und ihm die
Wahrheit sagen. Wenn du dich über die Gewinnsucht erhebst,
Charles, kommen die Dinge von selbst ins Lot.«
    Der Pfarrer
schaute seinen Freund ärgerlich an. Der Squire saß ihm in einem hochlehnigen
Sessel gegenüber. Er war ein zierlicher, älterer Mann und so klein, daß seine
altmodischen Schnallenschuhe kaum den Boden berührten. Er trug eine
Beutel-Perücke, einen schwarzen Rock und schwarze Kniehosen. Der Pfarrer mochte
den Squire sehr gerne, aber gelegentlich fand er ihn weltfremd.
    »Du hast
recht«, sagte er schließlich. »Ich will dir was sagen... Wir gehen beide zurück
und entschuldigen uns bei ihm.«
    »Aber mein
allerbester Charles, ich wüßte nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte.«
    »Du sollst
mir nur helfen, habe ich gemeint. Ich meine, du stehst mir bei, während ich
mich entschuldige.«
    Der Squire
gab widerstrebend nach.
    »Das ist
edel von dir, Jimmy«, sagte der Pfarrer und rappelte sich aus dem Sessel auf.
»Wenn wir genügend reuig aussehen, beschließt er vielleicht zu bleiben, und
dann kann er Daphne heiraten.«
    »O Charles,
deine Entschuldigung muß aufrichtig sein.«
    »Bestimmt«,
sagte der Pfarrer. »Ich will das Garfield-Geld aufrichtig gern in der Familie
haben; deshalb wird meine Entschuldigung die aufrichtigste sein, die du je
gehört hast.«
    Die beiden
Freunde entschlossen sich, zu Fuß zu gehen. Das hübsche strohgedeckte Landhaus
des Squires befand sich auf der anderen Seite des Dorfteiches.
    »Vielleicht
ist er schon weg«, versuchte der Squire zu trösten. »Ich will dich nicht
ermahnen, Charles, aber –«
    »Dann laß
es bleiben«, unterbrach der Pfarrer grob.
    Der Squire
schaute ihn von der Seite an. Die Stirn des Pfarrers war in tiefe Denkfalten
gelegt. Das ist doch gar nicht Charles' Art, so habgierig zu sein, wenn er
genug hat, dachte der Squire. Aber die berühmt gewordenen Heiraten seiner drei
ältesten Töchter hatten ihn verändert, und es drängte ihn offenbar, der
illustren Liste, die er in der Familienbibel aufbewahrte, eine weitere Trophäe
hinzuzufügen.
    Aus den
Hecken hörte man den Ruf der Goldammern – »Ein-bißchen-Brot-und-kein-Käse«. Von
oben pfiffen spöttisch die Stare, und auf dem Kamin des Wirtshauses »Die Sechs
Fröhlichen Bettler« sang eine Amsel ihr munteres Lied. Eine leichte Brise
kräuselte das Wasser des Teiches, die ersten Landarbeiter kehrten vom Feld
heim.
    Der kleine
Squire hatte das unbestimmte Gefühl, daß er besser nicht zugesagt hätte, seinen
Freund zu begleiten. Der Abend war so voller

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