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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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gewohnt, eine Heimat zu haben.
    Das Meer. Als Letzte nehme ich die letzten Stufen, mein Atem fliegt. Ich stütze mich auf die Brüstung, unter uns tost die Brandung, verschlingt Felsen, die aus dem schäumenden Wasser ragen, um sich im nächsten Moment zurückzuziehen und sie schwarz und grün glänzend, voll Schlick und Algen zurücklassen. Das Kreischen der Möwen ist ohrenbetäubend. Sie stürzen sich von den Klippen, ohne Angst, die Gefahr scheint sie nur zu noch wagemutigeren Flugmanövern anzutreiben. Ein paarmal muss ich mich ducken, so nah schießen sie an unseren Köpfen vorbei. Dann stehen sie plötzlich regungslos im Aufwind und drehen ihre Köpfe, um uns mit ihren blanken Augen anzusehen.
    »Es ist gut, euch endlich hier zu haben.« Miss Anderson stellt sich zwischen Indie und mich. Sie lächelt entspannt, während Marie Esperance und Mum mit ihren flatternden Umhängen kämpfen.
    Weit unter uns schlendern andere Hüterinnen über die Kieswege des Gartens. Wie weiße Tupfen machen sie sich zwischen den Weißdornhecken aus.
    »Wusstet ihr, dass der große Zauberer Merlin von Nimue hier in eine Weißdornhecke gebannt wurde?«, sagt Marie Esperance Armengol, die meinen Blick bemerkt hat, mit ihrem französischen Akzent. Sie zwinkert mir zu und klemmt sich den Umhang energisch zwischen die Beine, Mum streicht ihr belustigt über den Arm.
    »Die Leute behaupten zwar, es wäre in der Nähe von Rennes passiert, aber das ist nicht wahr. Sie sagen das nur, um Touristen nach Rennes zu locken.« Sie senkt ihre Stimme. »Das hier ist ein magischer Ort.«
    Dann legt sie ihren Arm um Indies Schultern und Indie lässt es geschehen.
    »Was ist mit dem Jungen?« Miss Andersons Frage ist wie ein Hieb in die Magengegend.
    »Er ist beim Rudel.«
    Er musste dort bleiben, er musste sich Chakals Willen beugen. Indie, Diego, Dusk und ich verließen das Lager wenige Tage nach dem Kampf. Der Weg durch die Berge zurück war quälend lang. Doch noch quälender war unser Abschied. Noch immer spüre ich Mileys letzten Kuss auf meinen Lippen. Die letzte Umarmung auf meiner Haut. Noch immer höre ich seine Stimme und in meinen Träumen laufe ich ihm entgegen. Fünf Monate ist es her und seit unserer Trennung gab es kein Lebenszeichen. Keine Nachricht. Nichts. Vielleicht hatte Chakal seine Drohung wahr gemacht. Vielleicht hatte er das Lager abgebrochen, um uns endgültig im Stich zu lassen, um den Vertrag zu brechen, indem er sich einfach davonstahl. Sie sind Zigeuner. Sie sind nirgends zu Hause. Und überall.
    »Gut.« Miss Andersons Stimme hört sich erleichtert an.
    Was daran gut sein soll, weiß ich nicht. Chakal wird ihn nicht schützen können, wenn es zum Äußersten kommt. Niemand wird ihn schützen können, außer ich selbst. Ich bin seine größte Gefahr und seine Rettung. Ich bin das Versprechen, das ich ihm gegeben habe, und gleichzeitig sein Verderben.
    Indie nickt und wirft mir einen warnenden Blick zu. Die letzten Monate habe ich sie überstrapaziert. Erst vor ein paar Tagen hat sie zu mir gesagt, dass allein die Nennung seines Namens ihr stechende Kopfschmerzen bereitet. Dass sie es nicht mehr ertragen kann, wenn sie mich nachts weinen hört, dass meine Schwermut alles noch schwieriger werden lässt. Dann griff das schlechte Gewissen nach mir, denn Indie sprach nie über Gabe. Es war, als hätte es ihn nie gegeben, als hätte seine Rückkehr zu den Engeln einen Teil von Indies Seele mitgenommen. Nie kam sein Name über ihre Lippen. Nicht am Tag und nicht, wenn sie schlief.
    »Seht ihr da drüben?«, reißt mich Marie Esperance aus meinen Gedanken. Sie deutet auf eine besonders massive Hecke an der nördlichen Mauer. Zwei junge Frauen spazieren gerade nebeneinander daran vorbei. »Ich bin mir sicher, fast sicher, dass es diese Hecke war, in der Merlin nun sitzen muss.« Ihre Augen blitzen hinter der Cateye-Brille. Sie hat ein rundliches Gesicht mit von der frischen Luft geröteten Apfelbäckchen. Marie ist für den Garten zuständig, hat sie uns erklärt, für die Pflege der Hecken, den Schnitt der Obstbäume, und sie hat Mum unter ihre Fittiche genommen. Sie nennt Mum »ma fille«, mein Mädchen.
    »Irgendwie wird er es wohl verdient haben. Wahrscheinlich wollte er Nimue verführen und sie ist ihm auf die Schliche gekommen«, sagt Marie Esperance zufrieden.
    Der Himmel reißt auf, die Sonne wärmt unsere Haut und ich schließe kurz meine Augen. So anders ist hier der Frühling. Wild und mächtig. Er peitscht das Meer und

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