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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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und biegsam. Doch sie sah mich danach lange an und ihre Augen waren traurig und dunkel.
    Unsere letzte Begegnung schwebt in meinem Kopf, selbst da hat Lilli-Thi uns betrogen, selbst in der Angst, für immer an die Erde gebunden zu sein, hat sie uns Emmas Leben nicht zugestanden, sondern nur einen anderen unmöglichen Zeitpunkt für ihren Tod gewählt. Indies Geburtstag.
    Lilli-Thi verschwimmt vor meinen Augen, wie eine Fata Morgana harrt sie zwischen den Dünen aus. Sie trägt nicht ihre übliche Lederkluft, sie trägt einen schwarzen Umhang, der meinem sehr ähnlich ist, als wolle sie mich verspotten. Als wäre der Orden völlig nutzlos, weil die dunkle Seite stärker ist. Weil sie sowieso gewinnen, können wir auch noch so stark sein und mächtige Verbündete auf unserer Seite haben.
    Sie lässt mich auf fünfzig Meter herankommen. Dann stoppt mich ihr eisiger Blick. Wir sind auf Augenhöhe. Sie ist mir nicht mehr überlegen, denn die Initiation hat mich auf die gleiche Ebene katapultiert. Das wissen wir beide. Ich bleibe stehen, obwohl ich genau jetzt unseren Kampf wieder aufnehmen könnte. Über unseren Köpfen zanken sich die Möwen, sie gleiten so tief, dass sie fast unser Haar berühren, die Brandung rauscht in meinen Ohren oder ist es doch mein eigenes Blut?
    Lilli-Thi dreht sich um und lässt den Umhang sinken, wie damals im Lager entfalten sich ihre schillernden Flügel und selbst über die Entfernung kann ich das dunkle rote Mal auf ihren Schultern erkennen, das ich ihr zugefügt habe. Sie sagt nichts, doch ich weiß, was sie denkt.
    Das wird sie büßen, denkt sie.
    Dann verschwindet sie zwischen den Dünen.

5
    Indie

    E s ist hier so still, dass ich meine Schritte überlaut auf dem Steinfußboden höre. Marie Esperance öffnet die letzte Tür und lächelt mir noch einmal zu. »Ich versuche, Dawna zu finden«, sagt sie sehr leise und ihre Worte scheinen wie ein Echo durch den Raum zu gleiten. »Geh nur, sie hat nach euch verlangt!«
    Direkt vor mir steht ein leeres Krankenbett, auf beiden Seiten stehen Paravents mit hellem Stoff, hinter denen weitere weiße, hohe Betten stehen. Hinter mir schließt sich die Tür, auch dieses Geräusch hallt laut nach und ich hebe unbewusst meinen Blick zu der hohen Decke. Es ist eine Holzdecke, blau gestrichen, mit unendlich vielen hellen Sternchen besetzt.
    Noch immer kann ich nur an den Kiesweg denken, den Kiesweg aus einem meiner Albträume, von dem ich mir so sicher bin, ihn hier gefunden zu haben. Im Atrium dieses Klosters. Ich kann es mir nicht erklären. Wie aus weiter Ferne höre ich eine geflüsterte Unterhaltung, aber vielleicht sind es auch nur die Erinnerungen, die durch meinen Kopf fließen. Als ich beim letzten Krankenbett ankomme, sehe ich, dass die Stimmen doch real waren. Mum sitzt neben dem Bett von Emma und hält ihre Hand.
    Der Anblick von Emma erschreckt mich. Sie wirkt sehr mager und bleich, ihre Augen liegen in dunklen Höhlen, ihr rotes Haar klebt glanzlos an ihrem Kopf. Als sie mich erkennt, blitzt es kurz in ihren Augen auf.
    »Indie«, sagt sie heiser und reicht mir ihre Hand. »Indie, mein Mädchen.«
    Tränen treten mir in die Augen und ich schlucke den Kloß im Hals hinunter. Mum steht auf und legt mir die Hand auf die Schulter. »Ich lasse euch alleine. Streng sie nicht an …«
    Vorsichtig nehme ich neben Emma Platz. Es ist, als wäre Emma mein älteres Ich. Das weisere, ruhigere Ich, das ich vielleicht in sechzig Jahren sein werde. Ich nehme ihre Hand, sie ist klein und liegt kraftlos in meiner. Sie ist todkrank, denke ich und versuche, sie meine Gedanken nicht lesen zu lassen. Sie kann es nicht schaffen. Sie wird nicht mit uns am Tag meines Geburtstags gegen Azrael kämpfen können.
    »Indie«, flüstert sie beschwörend und allein das Sprechen scheint über ihre Kräfte zu gehen. »Es stimmt nicht. Ich bin nicht todkrank.«
    Plötzlich drückt ihre Hand kräftig die meine. »Ich bin sehr schwach, das Fieber hat mich umgeworfen, aber ich spüre, dass ich wieder gesund werde.«
    »Natürlich«, sage ich automatisch und drücke auch ihre Hand.
    »Es tut mir leid, dass ich euch gerade jetzt nicht helfen kann, bei den ganzen Ordenssachen, bei den Gesprächen, die ihr führen müsst …«
    Ihre Stimme wird noch leiser, sodass ich mich zu ihr vorbeugen muss, um sie überhaupt zu verstehen. »Denkt aber immer daran, dass ihr nicht alleine seid, dass ich bei euch bin, immer und überall, und auch der Geist eurer Granny …« Sie stockt ein

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