Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
rote Fahne hinter ihr. Kurz bevor sie den Friedhof erreichen, verhindert die Mauer die Sicht.
Es wird alles gut gehen, denke ich. Sobald Emma da ist, werden wir Azrael vernichten. Was danach ist, mit all diesen Vögeln, ich will es nicht wissen. Es wird so sein, wie Mum es gesagt hat – wir werden es nicht schaffen, lebend hier wegzukommen.
Als ich mich umdrehe, sehe ich den schwarzen Schlund des Tores direkt vor mir und das mulmige Gefühl sickert von meinem Bauch in den Kopf.
Wo ist die Energie, die wir neutralisieren sollen?
Wo ist Azrael?
Das Geräusch von Tausenden von Flügeln hüllt mich ein. Das Hufgetrappel des Schwarzen nähert sich uns im rasenden Galopp. Die Dunklen, die vor uns stehen, bilden seltsamerweise plötzlich eine Gasse. Dann ist Emma direkt neben uns. Wie in Zeitlupe sehe ich die fliegende Mähne des Schwarzen, Schaum vor dem Mund, die Augen weit aufgerissen. Ich erhasche einen Blick auf Emmas Gesichtsausdruck, er ist entschlossen und zu allem bereit.
Aber anscheinend hat sie sich für etwas ganz anderes entschlossen, als wir ausgemacht hatten. Mit einem gewaltigen Satz springt der Schwarze über den geöffneten Grabstein und den Grabengel und ich höre Emmas Worte wie einen riesigen Seufzer quer über den Friedhof.
»Für Ernestine. Weder durch Lobsprüche noch durch Einschüchterung!«
Dann galoppiert der Schwarze in die Gasse der Engel hinein, die ihren Blick nicht wenden. Nur ein Wispern und Rascheln scheint die Kohorten zu erfassen, von einer unruhigen Kraft erfasst, die sie sich nicht erklären können. Mit donnernden Hufschlägen nähert sich der Schwarze dem nächsten Grab und springt mit kraftvoller Eleganz darüber. Mit einem allerletzten, gewaltigen Sprung überwindet er einen eingestürzten Teil der Friedhofsmauer, für einen Moment noch sehe ich Emmas Haare wie eine wirbelnde Fahne.
Die fliegenden Vögel vermischen sich zu neuen Figuren am Himmel, sie ballen sich zu einem nachtschwarzen Keil, der sich an die Fersen von Emma heftet. Das wilde Rauschen nimmt zu, wirbelt Emotionen auf.
»Emma«, flüstert Dawna neben mir und ihre Fassungslosigkeit kriecht durch meine Hand in mein Herz.
Im nächsten Moment ist der Schwarm über uns hinweggezogen, angezogen von Emma, die mit dem Schwarzen über die trockene Prärie schießt.
Dawnas Händedruck wird fester, aber es fühlt sich nicht wie ein Trost an, eher, als würde gerade unsere Hoffnung über die Ebene davonschießen und uns verzweifelt mit unserem Schicksal allein lassen.
Dann spüre ich eine Bewegung an meiner Seite.
Diego.
Diego und Dusk werden mit uns in den Tod gehen.
Es ist nicht so, wie es sein sollte, denke ich und drücke Dawnas Hand so fest, dass es wehtut.
Die Gasse der Dunklen schließt sich wieder, noch immer ist nichts zu spüren von der Ankunft Azraels.
Sams Lächeln liegt fein um seine Mundwinkel.
Marquessac, 1. August 2013
K urz nach Mitternacht.
»Kann ich kommen? Meldung an mich, wenn Raum feindfrei«, schreit jemand vor ihrem Zimmer. Danach die blecherne Stimme aus einem Funkgerät. »Deckung!« »Feuer!«
Ein Trupp Kämpferinnen läuft an ihr vorbei, ohne sie zu beachten. Die erste bleibt an einer Verzweigung des Gangs stehen und drückt sich an die Wand.
»Eins. Zwei. Drei«, brüllt sie und alle anderen drücken sich auch an die Wand.
Die Bombe rollt mit einem blechernen Klirren über den Boden, ein Zischen, eine Explosion und roter dichter Nebel zieht durch den Raum. Die vorderste der Kämpferinnen tritt die Tür ein und vier von ihnen stürmen, sich gegenseitig sichernd, in das nächste Stockwerk.
»Zurück. Zurück in Ihr Zimmer«, brüllt Lubaya Mbele die Oberin und Marie an.
Mit erhobenem Kopf bleibt die Oberin stehen, sieht die Kämpferin eisig an.
»Verzeihung«, stößt sie hervor. »Wir versuchen, das Obergeschoss zu sichern. Könnten Sie in Ihrem Zimmer Schutz suchen?«
»Sei vernünftig«, fleht Marie und zieht ihre Schwester zurück ins Arbeitszimmer. »So kann es nicht weitergehen!«
»Wie ist die Lage?«, will die Oberin von Lubaya wissen.
»Ich habe keinen Überblick mehr über Verwundete und Verletzte«, sagt Lubaya mit steinerner Miene. »Sieht so aus, als müssten wir uns zurückziehen. Sie sollten hier in diesem Zimmer bleiben.«
Die Oberin schüttelt den Kopf, sieht ihre Schwester an. Im nächsten Moment taumelt Emilia Ponti in den Raum.
»Wie viele Verletzte?«, fragt die Oberin mit scharfem Ton, aber Emilia Ponti, die Leiterin der Krankenstation, sieht nur
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