dark canopy
an. Widden hat schon recht, wenn er stinksauer ist. Er will Rache. Er will Neél an die Eier. Weibchen gegen Weibchen, verstehst du?«
»Joy!« Matthial prasselte eisige Angst über den Rücken.
Brad nickte beklommen. »Auf die Glückliche wurde ein Kopfgeld ausgesetzt.« Offenbar hatte er Matthials schockierten Blick registriert, denn er hob beide Hände. »Ich würde sie ja warnen - aber Neél schottet sie total von uns ab und Giran hat mich auch immer im Blick. Wir Soldaten können ihr nicht helfen. Wir wollen nur zu unseren Familien zurückkehren. Die Percs machen das mit Neél und Joy unter sich aus, im Chivvy, und wir nutzen die Gelegenheit und hauen ab. So ist allen gedient. Und für das Mädchen ist es vielleicht besser, wenn sie sie plattmachen.«
Es fiel Matthial schwer, ein halbwegs unbeeindrucktes Gesicht zu machen. Er durfte sich jetzt nicht durch unbedachte Reaktionen verraten. »Wie kommst du drauf? Todessehnsucht?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber wenn sie sie einfangen - und das werden sie, sie ist schließlich bloß ein Mädchen -, kommt sie in die Zuchtanlage. Das hat noch jeder Frau den Hals gebrochen. Seelisch, wenn du verstehst, was ich meine.«
Nein, Matthial verstand nicht. Aber er hatte keine Zeit zu fragen, denn Brad war noch nicht fertig.
»Der Witz an der ganzen Sache ist ja, dass wir alle Stein und Bein darauf geschworen hätten, dass Neél das Mädchen für sich beanspruchen wird. Wie der die immer angesehen hat ... Und eifersüchtig ist der Kerl, du glaubst es nicht. Nicht mal mit uns anderen essen darf sie.« Entrüstet schüttelte Brad den Kopf, um dann zu grinsen. »Aber sie muss ihn immer wieder abserviert haben. Blieb ewig auf Abstand. Wir hatten schon Wetten am Laufen, wann er sie mit Gewalt nimmt oder ihr den Hals umdreht. Aber offenbar hat er sich für was anderes entschieden.«
Für Matthial war das alles zu viel. Er verstand zu wenig von den Gepflogenheiten der Percents, um zu durchschauen, was Brad da andeutete. »Du willst mir was sagen, Kumpel, aber ich komme nicht dahinter.«
Brad kratzte sich am Hals, bis seine Nägel Blut verteilten. »Warum sonst sollte er gerade jetzt ein anderes Mädchen für sich beanspruchen, wenn nicht, um sie damit zu strafen? Ist doch sonnenklar: Sie hat ihn nicht rangelassen und dafür kriegt sie nun die Rechnung. Es heißt, die beiden Frauen würden sich sogar kennen. Die Freundin wandert mit dem Perc ins warme Bettchen und für Klein-Joy bleibt das Leben als Zuchtstute, sollte sie das Chivvy überleben. Kannst du dir eine schlimmere Strafe für das unterkühlte Soldatenmädel vorstellen?«
Nein, das konnte er nicht.
36
wozu brauche ich die sonne?
Sanftes Gemurmel weckte mich.
»He, Langschläfer«, drang Neéls leise Stimme amüsiert an mein Ohr. »Seit wann hast du denn so einen tiefen Schlaf? Habe ich dich so geschafft?«
Nein, es schlief sich einfach nur herrlich entspannt, solange ein dünner Schweißfilm meinen Rücken an seine warme Brust klebte. Das Gefühl von Sicherheit brachte meinen Schlaf zuverlässig in die Nähe einer Bewusstlosigkeit. Aber das musste Neél nicht unbedingt wissen, er sollte sich bloß nichts darauf einbilden. Daher blieb ich ihm die Antwort schuldig, reckte und streckte mich ausgiebig in seinem Arm und genoss die wenigen Minuten vor dem Aufstehen, in denen wir so viel mehr waren als Varlet und Soldat.
Neél hatte eindeutig weniger Probleme damit, zwischen diesen Rollen hin und her zu switchen als ich, was daran liegen konnte, dass er es war, der kommandierte, und ich diejenige, die zu spuren hatte. Verdenken konnte ich es ihm nicht. Ich hätte ihn ausgesprochen gerne auch mal durch Schlamm robben, unter Dornenbüschen herumkriechen oder wie einen Affen auf Bäume klettern lassen. Vom gestrigen Training hatte ich den Muskelkater meines Lebens. Ich stöhnte leicht, als die Bewegung in meinen Schultern zog wie ein Ochse am Pflug. Ohne dass ich ihn bitten musste, begann Neél, meine Schultern zu massieren, während ich die Bestandsaufnahme meiner körperlichen Leiden fortführte. Bauchschmerzen gesellten sich zu verkrampften Muskeln und wunden Händen. Am Vorabend hatte es Bohnen gegeben und mein Innenleben hatte entsprechend darauf reagiert. Da ich aber nicht allein im Bett lag und keine Luft ablassen konnte, hatte ich nun Bauchschmerzen. Fantastisch. So weit war es also gekommen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals ein solches Opfer für die Romantik gebracht zu haben.
»Was ist mit dir?«,
Weitere Kostenlose Bücher