Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
geräuschvoll.
«Die Herrschaften möchten sich ein paar Kleinigkeiten für die Weiterreise kaufen, nich?» Der Kopf des Buckligen bewegte sich so rasend schnell auf und nieder wie die Nadel einer Nähmaschine. «Sie können auch dafür bezahlen », sagte er gedehnt.
Auf einmal war der grimmige Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes wie weggeblasen. Er trat zur Seite, ließ die Kunden eintreten, und bevor Aliyah und Nayati auch nur die Möglichkeit hatten, es sich anders zu überlegen, knallte ihnen der Bucklige die Tür vor der Nase zu. Aliyah hörte deutlich, wie von innen der Riegel vorgeschoben wurde, und ein Schauer durchfuhr sie, als ihr bewusst wurde, was hier soeben geschehen war. Der Wolf knurrte düster und begann aufgeregt, seitlich hin- und herzuhuschen, ohne die verschlossene Tür aus den Augen zu lassen.
«Bei Shaíria», murmelte Aliyah nervös und ärgerte sich über ihre eigene Dummheit. «Es ist eine Falle!»
18
Die Jugendlichen folgten dem Buckligen in die Scheunenmitte. Die Lagerhalle war nicht besonders groß. Es gab eine Menge Regale, auf denen sich Kisten, Behälter, Dosen, Büchsen, Flaschen und allerlei andere Dinge stapelten. Die Mitte des Raumes war frei bis auf eine verbeulte Blechtonne und wurde beleuchtet von erstaunlich vielen Kerzen, die in Hängevorrichtungen von der Decke hingen.
«Meister!», rief der Bucklige in die Dunkelheit hinein. «Kundschaft!»
«Keine Zeit … jetzt», kam eine tiefe, grollende Stimme irgendwo aus einem unbeleuchteten Winkel.
«Ganz, wie Ihr wünscht, Meister», antwortete der Bucklige, drehte sich den Gefährten zu und rieb sich gierig die Hände. «Kommen wir also zum Geschäft, nich?»
Miro zuckte kaum merklich zusammen, als er das bösartige Funkeln in den Augen des kleinen Mannes wahrnahm und endlich kapierte, was hier vor sich ging. Im selben Moment schälten sich vier düstere Gestalten aus dem Schatten heraus, bewaffnet mit schweren Knüppeln. Sie kreisten sie von allen Seiten ein und blieben breitbeinig vor ihnen stehen.
Ein hämisches Lächeln zog sich über das Gesicht des Buckligen. «Ich hab euch doch gesagt, es treibt sich viel Gesindel herum, nich?» Er gab Ephrion mit seinem knochigen Zeigefinger einen Wink. «Werft Euren Geldbeutel her. Na los!»
Ephrion war kreideweiß geworden. Sein Herz raste. Mit einer raschen Bewegung warf er dem Mann den Beutel vor die Füße.
Dieser bückte sich ohne große Eile, hob den kleinen Lederbeutel auf und leerte den Inhalt auf seine offene Handfläche. Beim Anblick der beiden Goldmünzen riss er überrascht die Augen auf.
«Sieh an, sieh an», gurrte er. «Welch großzügige Spende!» Er gab seinen Gehilfen mit dem Kopf ein Zeichen. «Durchsucht sie! Vielleicht haben sie ja noch mehr Schätze dabei, nich?»
Die Gestalten näherten sich ihnen mit vorgehaltenen Stöcken.
«Oje», murmelte Ephrion, der sich beinahe in die Hosen machte vor Angst. Mit der einen Hand klammerte er sich an den Lederriemen seiner großen Tasche, mit der andern an Miros Hemdzipfel. Miro stand wie angefroren da. Sein Mund war trocken, sein Körper fühlte sich taub und schwer an. Hätten sie doch bloß auf Aliyah gehört!
«Joash», wisperte er zwischen den Zähnen hindurch, «so tu doch was!»
Aber Joash stand einfach nur da und betrachtete hingebungsvoll seine Fingernägel. Der ganze Überfall schien ihn überhaupt nicht zu kümmern. Und er machte auch keinerlei Anstalten, sich irgendwie gegen die Bande zur Wehr zu setzen. Stattdessen ließ er sich seelenruhig den Dolch vom Gürtel abnehmen und sah dabei zu, wie die Diebe Ephrions Tasche stahlen. Nachdem sie dem Buckligen alles überbracht hatten, bezogen sie wieder Stellung und warteten auf weitere Anweisungen. Joash tat noch immer, als ginge ihn das alles nichts an, und seine Gelassenheit machte Miro schier wahnsinnig.
«Joash!», raunte er, während er aus den Augenwinkeln die finsteren Typen beobachtete und fürchtete, sie könnten jeden Moment mit den Keulen über sie herfallen. «Wir werden ausgeraubt!»
«Ach nee, wirklich?», meinte Joash und gähnte betont gelangweilt.
Miro konnte nicht glauben, dass der Bursche den Ernst der Situation tatsächlich nicht kapierte. «Das ist nicht komisch!»
«Du wolltest ja unbedingt mit reinkommen und mir auf die Finger schauen.»
«Ich konnte doch nicht wissen …»
«Ich schon.»
«Wie?»
«Sechs Jahre Straßenerfahrung, mein Freund.»
«Warum hast du nichts gesagt?»
«Ich hab doch was gesagt: Ich sagte, ihr
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