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Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Titel: Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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sie die Wahrheit sagte. Er warf einen skeptischen Blick auf den Jungen, aber der schaute rasch weg und klammerte sich wie ein Äffchen an seine Mutter.
    «Also gut», entschied sich Drakar und reckte sein Kinn, «vorausgesetzt, Euer Junge ist tatsächlich so außerordentlich, wie Ihr behauptet, werde ich Euch dafür reich belohnen. Falls Ihr mich aber zu täuschen versucht» – er machte eine Pause, und sein Blick wurde kalt wie Eis –, «werde ich euch beide hinrichten lassen. Habt Ihr mich verstanden?»
    «Ja, Eure Hoheit», antwortete die Frau und senkte ehrfurchtsvoll den Blick.
    «Und?», forderte Drakar und deutete mit seinem Kinn auf den Jungen. «Was kannst du mir bieten?»
    Der Knabe presste die Lippen aufeinander und schwieg. Seine Mutter schüttelte ihn von sich ab und schubste ihn vor. «Antworte dem König, Octavian. Sag ihm, was du kannst.»
    «Nun?», fragte Drakar ungeduldig.
    Octavian sah ihn mit seinen großen braunen Augen etwas ängstlich an. «Ich kann sie sehen, Eure Hoheit», piepste er schließlich.
    Drakar runzelte die Stirn. «Wen kannst du sehen?»
    «Die Hexen und Hexer, Eure Hoheit», antwortete seine Mutter für ihn. «Er weiß jederzeit, wo sie sind. Er ist mit ihnen verbunden, mit allen von ihnen.»

42
    Die Frau im Schaukelstuhl sah haargenau aus wie Eldora, nur viel, viel älter. Sie hatte langes weißes Haar, trug ein bodenlanges weißes Kleid und war barfuß. Trotz ihres hohen Alters war sie eine wunderschöne Frau. Ihre blauen Augen leuchteten wie zwei Sterne.
    «Fürchtet euch nicht», sang die alte Frau in monotoner Weise und deutete mit dem Finger zur Wand. Mehrere Bilder waren aufgehängt, und auf jedem Bild waren zwei junge, außergewöhnlich hübsche Frauen zu sehen, die sich wie ein Ei dem andern glichen. Auf jedem Bild lachten sie unbeschwert und schienen sehr glücklich zu sein.
    «Eldora war meine Zwillingsschwester», klagte Andora, von tiefer Trauer erfüllt. «Fünfzehn Jahre lang habe ich um sie geweint. Fünfzehn Jahre habe ich gehofft, meine Schwester würde zurückkehren. Und jetzt ist es zu spät … Sie ist tot.»
    «Sie war ein Monster!», entfuhr es Miro, noch immer etwas argwöhnisch. «Wer sagt uns, dass Ihr nicht genauso seid?»
    «Ihr müsst mir vertrauen», sagte Andora nur.
    «Wie können wir das, nachdem uns Eure Schwester beinahe umgebracht hat?», fragte Miro.
    «Wenn ihr mir nicht traut, Miro, wem dann?»
    Miro stutzte. Woher kennt sie meinen Namen?, dachte er verwundert.
    «Es tut mir leid, was meine Schwester getan hat. Es schmerzt, zu wissen, wie viele Menschenleben sie genommen hat. Sie war nicht immer so, müsst ihr wissen. Aber das Buch der Prophetie hat sie verändert. Durch seinen Besitz blieb zwar ihre jugendliche Schönheit bewahrt. Doch ihre unersättliche Gier zerfraß ihre Seele und verwandelte sie innerlich in eine Bestie. Das war es, was ihr gesehen habt, als sie …» Sie senkte betrübt den Blick. «Sie war ein Monster», klagte sie. «Aber sie war auch meine Schwester. Sie war auch meine geliebte Zwillingsschwester. Ein Teil von mir ist dort draußen in den Ewigen Sümpfen mit ihr gestorben.»
    Sie seufzte kummervoll, hob langsam den Kopf, und dann geschah etwas Wundersames: Andora begann bitterlich zu weinen. Dicke Tränen rannen ihr über die Wangen, und jede einzelne davon leuchtete in der Dunkelheit. Ja, sie weinte nicht Wasser – sondern Licht! Sie weinte Tränen des Lichts! Es war unglaublich. Kaum lösten sich die Tränen von ihren wunderschönen Augen, wurden sie zu flüssigem Licht. Und sobald sie auf den Boden oder auf ihr weißes Kleid tropften, erlosch ihr Glanz. Fasziniert beobachteten Miro, Sihana und Ephrion das einzigartige Phänomen.
    «Tränen des Lichts», murmelte Ephrion. Er sperrte Mund und Augen auf und stieß Aliyah mit dem Ellbogen in die Seite, ohne seinen Blick von Andora abzuwenden. «Aliyah, sie weint Tränen des Lichts!»
    «Wirklich?», fragte Aliyah und strahlte übers ganze Gesicht. «Ist das wahr?»
    «Ich kenne die Prophezeiung», klagte Andora, ohne aufzuhören zu weinen, «die Stunde ist nahe, in der sich erfüllen wird, was über diese Tränen geschrieben steht.»
    «Wovon redet sie?», flüsterte Sihana Aliyah zu.
    «Die Tränen sind im Buch der Prophetie erwähnt», flüsterte Aliyah zurück. «Mehr wissen wir auch nicht.»
    Andora griff unter ihr Kleid und holte ein gläsernes, tropfenförmiges Fläschchen hervor, das an einem silbernen Kettchen um ihren Hals hing. Im selben Moment wurde

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