Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
an, und auf einmal durchströmte ihn eine unglaubliche Gewissheit, als er verkündete:
«Ich werde dich heilen, Miro.»
«Das ist kein guter Zeitpunkt, um Scherze zu machen, Ephrion.» Katara warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
«Aber ich habe ihn zum Atmen gebracht. Eben gerade. Ich habe meine Hände auf seine Brust gelegt, und er hat die Augen geöffnet. So war es. Du hast es gesehen, Katara. Du hast es doch mit eigenen Augen gesehen!»
«Ephrion, bitte.»
Ephrion betrachtete seine Hände. «Es liegt an meinen Händen. Sie sind ganz warm geworden, genau wie damals, als ich die Schmetterlinge heilte.»
«Ich bin … kein Schmetterling», murmelte Miro, und seine Augenlider wurden immer schwerer.
«Miro, halte durch!», flehte ihn Aliyah an. Sie merkte, wie sein Atem schwächer wurde.
«Lass es mich wenigstens versuchen», bat Ephrion, und Katara wunderte sich über seine plötzliche Selbstsicherheit, die so gar nicht zu ihm passte. «Ich glaube wirklich, dass ich es tun kann.»
«Wenn du darauf bestehst», willigte Katara ein und machte ihm Platz.
Ephrion kniete sich unmittelbar neben dem verletzten Bein hin, überwand den Ekel vor der offenen Wunde und legte die Hände mit gespreizten Fingern auf die blutdurchtränkte Hose. Dann schloss er die Augen und atmete tief durch. In Gedanken hörte er auf einmal Miros spöttisches Lachen, als er sich über seine Gabe lustig gemacht hatte. Seine Worte hatten ihn wie Messerstiche getroffen. Schmetterlinge heilen?! Das ist deine Gabe? Du kannst Schmetterlinge heilen? Ich wette, das wird auf unserer Reise sehr nützlich sein .
Ephrion spürte Zweifel in sich aufsteigen. Seine Hände begannen leicht zu zittern.
Was tust du hier eigentlich?, dachte er bei sich selbst. Warum bildest du dir ein, Miro retten zu können? Dass Miro wieder atmet, ist doch ein reiner Zufall. Wahrscheinlich kannst du nicht einmal Schmetterlinge heilen. Du hast dir alles nur eingebildet.
«Es funktioniert nicht», hörte er Katara neben sich sagen. «Du hast keine heilenden Hände, Ephrion.»
Aliyah sah mit ihren blinden Augen erwartungsvoll zu Ephrion hinüber, während sie weiter Miros Hand festhielt.
«Ich glaube an dich, Schmetterlingsheiler», murmelte sie leise. Doch Ephrion überhörte ihren Zuspruch und kämpfte gegen die Stimmen in seinem Kopf an.
Du bist ein Narr. Sieh den Tatsachen in die Augen. Finde dich damit ab! Miro wird sterben! Und dein lächerlicher Versuch wird sein Schicksal nicht wenden können. Gib auf!
«Ich darf nicht aufgeben», murmelte Ephrion zu sich selbst, «ich habe eine kostbare Gabe. Die Zeit ist gekommen, sie einzusetzen.» Sein Pulsschlag beschleunigte sich. Er fühlte, wie seine Hände warm wurden, und gleichzeitig begann Miros Körper seltsam zu zucken. Dann riss Miro plötzlich die Augen auf und brüllte vor Schmerzen. Katara schaute verunsichert von Ephrion zu Miro und verstand nicht, was das zu bedeuten hatte.
«Miro?!», rief sie verwirrt.
Miro gab keine Antwort, begann sich stattdessen auf dem Boden zu winden und stöhnte und weinte vor Schmerzen. Aliyah hielt seine linke Hand fest, die sich an der ihren festklammerte wie an einem Rettungsanker.
«Sein Gefühl ist wieder da!», stellte Aliyah verblüfft fest. «Er kann sich wieder bewegen!»
«Nicht berühren!», schrie Miro und fasste mit seiner rechten Hand Ephrions Arm. «Bitte nicht berühren!» Wieder bäumte er sich auf vor Qualen. Schweiß rann ihm über die Stirn. Ephrion spreizte seine Finger noch mehr und strich langsam über den Oberschenkel. Er hatte die Augen geschlossen und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Seine Hände waren feurig warm, und das anfängliche Zittern war verschwunden. Er atmete tief und gleichmäßig und konzentrierte sich nur auf seine Hände, auf Miros Bein und dann auf dessen Stichwunde am Arm.
Ein letztes Mal schrie Miro aus Leibeskräften, dass sein Schrei von den umliegenden Bergwänden widerhallte. Dann sank er zurück und blieb reglos liegen.
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«Neeeein!!!», schrie Katara, packte Miros Schulter und hielt den Jungen fest, während sie Ephrion wütend anschnaubte: «Du hast ihn umgebracht!»
Ephrion zog die Hände zurück und wirkte völlig erschöpft. «Mir ist schwindlig», sagte er leise. Und ohne jede Vorwarnung verdrehte er plötzlich die Augen und kippte zur Seite. Jetzt begann Katara doch langsam die Nerven zu verlieren.
«Ephrion! Was soll das?» Verunsichert ließ sie ihren Blick zwischen den beiden bewusstlosen Jungen hin und
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