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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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erschöpft. Unsagbar müde.
    »Weißt du, was das Schlimmste ist? Dass wir nichts für ihn tun können. Gar nichts, wir können es nicht mal versuchen«, äußerte Josh völlig niedergeschlagen.
    Ich seufzte leise und nahm dann mein Messer, um ein Stück von Matthials Hemd abzutrennen und Verbandsstreifen zuzuschneiden. Auf Sauberkeit mussten wir wohl nicht mehr achten, außer Meerwasser hatten wir ohnehin nichts zum Auswaschen. Der Trinkwasservorrat war äußerst knapp bemessen.
    Ganz vorsichtig deckte ich die Wunde ab. Meine Hände zitterten und meine Zähne klapperten. »Das stimmt so nicht. Wir können bei ihm sein und es ihm leichter machen.«
    Josh blieb neben mir sitzen, während ich Matthials Wunde verband. Er beobachtete Graves, der Edison zu sich gerufen hatte und ihm erklärte, wie man das Segel mit dem Wind bewegte, um das Boot zu steuern. Er zeigte ihm auch den runden Gegenstand, auf den er so stolz war; das Gerät aus der Zeit vor dem Krieg. Man nannte es Kompass und mit seiner Hilfe würden wir den richtigen Weg über das Meer finden. Behauptete Graves. Es fiel mir schwer zu glauben, dass so ein kleines, uraltes Ding den richtigen Weg kannte.
    Niemand von uns hatte jemals zuvor ein Schiff betreten, geschweige denn gesteuert, und so kam es schon in der ersten Nacht zu Problemen. Die Strömung trieb uns in die falsche Richtung, das Segel wollte nicht so wie wir, mal waren wir zu langsam oder der Wind drohte das Boot umzukippen, und letztlich wusste schon jetzt keiner mehr, wo wir uns befanden. Vielleicht wusste es der Kompass, aber ich hatte das Gefühl, wir verstanden nur einen Bruchteil von dem, was seine zitternde Nadel uns anzeigte.
    »Wir sollten etwas schlafen«, sagte ich zu Josh. Ich bezweifelte, dass ich bei dem Geschaukel ein Auge zubekommen würde. Doch uns stand der erste Tag ohne Dark Canopy bevor. Die Percents würden sich unter Deck zurückziehen müssen, in die kleine Kammer, in der nicht einmal Edison aufrecht stehen konnte. Ich wusste nicht, was mir mehr Angst machte: das Schiff mit Josh allein steuern zu müssen oder Neel mit den beiden anderen in dieser Kiste eingesperrt zu wissen.
    Er hatte noch immer kein Wort mit mir gesprochen und ich verstand ihn nur zu gut. Auch Josh schien über Neel nachzudenken, er starrte nun schon länger in seine Richtung. Ich folgte seinem Blick. Neel saß ganz vorne im Boot, in der Düsternis war nur seine Silhouette zu erkennen.
    »Ich dachte, er bringt ihn um«, murmelte Josh.
    »Das würde er nicht tun.« Matthial lag immerhin im Sterben. Allerdings erahnte ich Neels Hoffnung, Matthial würde überleben. Dann ...
    Ich seufzte. Spekulieren führte uns nicht weiter. »Sie sind nicht alle so schlecht, wie du denkst«, sagte ich bitter.
    »Woher weißt du, was ich denke?«
    »Weil ich früher auch so gedacht habe.« Weil alle Menschen so dachten. Ich hatte die Schlacht um die Stadt doch miterlebt.
    Josh nickte. »Früher. Mag sein. Aber unsere Welt hat sich auch weitergedreht, Joy. Matthial und ich - wir haben viel nachgedacht. Wir wollten keinen Krieg.«
    Matthial regte sich unter der Decke, als wollte er dem zustimmen.
    Ich lächelte Josh an und drückte Matthials Hand. Die Sorge, was aus all den Menschen und Percents geworden war, die wir kannten, wog schwer, so unerträglich schwer. Wie lange mochten sie noch kämpfen? Wem würde die Stadt am Ende gehören? Gab es überhaupt noch eine Stadt oder fiel der Zaun in diesen Stunden und ließ den Krieg hinaus wie ein wildes Tier? Womöglich verbrannten just in diesem Augenblick die Wälder, in denen wir aufgewachsen waren. Würden die Percents eine weitere Rebellion zerschlagen? Wer lebte noch? Wer nicht? Wir würden es nie erfahren.
    »Auch wenn wir nicht genau wissen, wohin uns diese Reise führt«, sagte ich in die Stille hinein, rau und leise klang meine Stimme, fremd, »hoffe ich darauf, dass dort Frieden herrscht.«
    • • •
    Am nächsten Abend wurden wir Zeugen eines fantastischen Schauspiels. Die Sonne versank am Horizont. Langsam schien sie ins Meer zu steigen und verlor sich in Farben, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Das Meer leuchtete orange und purpurn, als würde es brennen. Auf dem Himmel darüber rannen Gelb, Lila, Rosa und Blau in bizarren Schichten ineinander, eingerahmt von dunkelblauen Wolkentürmen, die sich wie ein Vorhang vor der vergehenden Sonne zuzogen.
    »Ob es jeden Abend so ist?«, fragte Matthial. Er hatte einen seiner wenigen klaren Momente, in denen ihn das

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