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dark destiny

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Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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straffte die Schultern. Meine Fragen waren das Einzige, was zählte. Ich kannte Neels Geheimnisse, ich kannte sie alle. Das um seinen Tod konnte ich unmöglich seinen Feinden überlassen. Und es barg außerdem meine einzige Hoffnung auf ein normales Leben.
    »Ich grüße dich, Jamie«, sagte ich und spielte ihm unerschütterliches Selbstvertrauen vor.
    Er umrundete mich halb, so wie Hunde es tun, wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie angreifen wollen. »Joy.« Es klang, als wägte er mit meinem Namen im Mund etwas ab.
    »Du erinnerst dich also.« Ich lächelte, aber er schüttelte ruppig den Kopf.
    »Myria hat mir deinen Namen genannt. Du kommst von Matthials Clan. Wie geht es dem jungen Clanführer?«
    Schwang da Spott in seiner Stimme mit? Ich war mir nicht sicher. Jamie galt als ein Meister darin, durch subtile Schwingungen in seiner Stimme Verunsicherung zu schüren.
    Das Dorf um mich herum veränderte sich kaum merklich. Die Gerbermädchen ließen ihre Arbeit liegen und verschwanden schnell wie Eichkätzchen zwischen den Bäumen. In den Häusern bewegten sich die Tücher, die vor den Fenstern hingen. Die Suppe kochenden Frauen nahmen ihre Kleinkinder auf die Hüften. Ihre Aufmerksamkeit war nun auf mich, nicht länger auf ihren Kessel gerichtet. Hinter mir raschelte es im kahlen Gebüsch. Schlich sich dort jemand an? Ich drehte mich nicht um. Verrückt machen konnten sie jemand anders.
    »Ich komme nicht auf Matthials Anweisung. Ich bin hier, weil ich Fragen habe, auf die Matthial mir keine Antworten gibt.«
    Jamie schmunzelte. »Er verschweigt dir etwas? Ich dachte, ihr seid Partner?«
    »Schon lange nicht mehr.« Ich erschrak, wie hart das klang, und fügte rasch hinzu: »Ich fürchte, er kennt die Antworten selbst nicht.«
    »Und da lässt er dich ganz allein zu mir kommen?« Jamie sprach deutlich, sodass ich ihn nicht falsch verstehen konnte, aber ich hatte das Gefühl, dass er mich eigentlich etwas ganz anderes fragte.
    Mein Mund wurde trocken und ein beklemmendes Gefühl wuchs in mir, ohne dass ich benennen konnte, woran das lag. Warum sahen denn alle her? »Ich frage nicht um Erlaubnis, wenn ich irgendwohin gehe«, antwortete ich, und im gleichen Moment wurde mir mein dummer Fehler bewusst.
    Jamies Frage hatte sich nicht auf die Beziehung zwischen Matthial und mir bezogen. Er hatte herausfinden wollen, ob Matthial wusste, wo ich war, und zu hören, dass das nicht der Fall war, gefiel ihm zweifelsfrei. Nun konnte er mich ohne Risiko an die Percents ausliefern. Ich hätte daran denken müssen, verdammt! Matthial hatte mir doch erzählt, dass Jamie mit ihnen Handel trieb. Was sollte er ihnen schon geben, wenn nicht Menschen? Ich war nie auf eine solche Idee gekommen, hatte die Vorstellung für abwegig gehalten, für völlig verrückt. Doch nun blickte ich in Jamies Gesicht, in seine Augen, in denen schon die Vorfreude aufleuchtete. Die Vorfreude auf das, was ich einbringen würde.
    Ich überlegte, ihm zu erzählen, dass eine Freundin wusste, wo ich war, aber mir fiel nicht ein einziger Name ein. Es war ohnehin zu spät. Jamies Lächeln, eine Mischung aus Stolz, Überheblichkeit und ein klein wenig Bedauern, bewies, dass er mich durchschaut hatte. Das Netz um mich herum war zugezogen. In den Büschen hinter mir waren die Schritte nun ganz nah. Aus dem Augenwinkel nahm ich schon Silhouetten wahr. Es waren Männer. Sie würden jeden Fluchtversuch vereiteln.
    »Ich bin hergekommen, weil ich Fragen habe«, wiederholte ich und erschrak angesichts meiner Stimme, die so resigniert und müde klang. Ich verspürte keine Angst, ich war bloß enttäuscht, schon wieder verraten zu werden. Eine Gefangene der Percents war ich schon einmal gewesen, und auch wenn mir klar war, dass ohne Neel alles anders sein würde, war die Vorstellung keine Bedrohung mehr für mich. Es war mir völlig gleichgültig. Entscheidend war, dass ich vorher meine Antworten bekam. Wann war ich mir so egal geworden?
    Jamie nickte bedächtig. Er wies mich an, ihm zu folgen, und brachte mich zu der Strickleiter, die in sein Baumhaus führte. Mit einem kleinen Messer durchtrennte er meine Fesseln. »Hier sind sehr viele Krieger. Sie haben ihre Anweisungen, dich aufzuhalten. Flucht hat keinen Sinn, versuch es gar nicht erst.«
    Nickend rieb ich mir die Handgelenke.
    Die baumelnde Strickleiter hochzuklettern, war schwieriger, als ich gedacht hatte. Die ersten drei Meter fielen mir noch leicht, doch die ungewohnten Bewegungen waren anstrengend. Die

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