Dark Future: Herz aus Eis
persönlichen Bereich von allen Verstrickungen zu befreien.
Sie biss sich auf die Unterlippe, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Sie wollte ihn jetzt noch nicht wecken. Wie war er in ihrem Bett gelandet?
Er war in ihrem Bett, weil sie ihn dorthin eingeladen hatte.
Nein, das stimmte nicht. Sie hatte ihn nicht nur eingeladen; sie hatte darauf bestanden.
Die Hitze der Leidenschaft wärmte sie, als sie sich an die erotische Magie erinnerte, die er mit seinen Händen, seinem Mund, jedem Teil von ihm heraufbeschworen hatte. Oh, das war alles andere als gut. Was zur Hölle dachte sie sich dabei, sich mit einem Attentäter des Neuen Kommandos einzulassen?
Sie stieß die Luft aus. Sie war ehrlich genug, um nicht einmal so zu tun, als würde sie das als Grund dafür gelten lassen, Abstand zu ihm zu halten. Er war kein Auftragskiller. Jedenfalls nicht mehr. Er war ein Mann mit Werten und Moral, mit einem Ehrgefühl, das ihn dazu brachte, sich um eine Gruppe von Waisenkindern ohne Zukunft und ohne Hoffnung zu kümmern. Sie schluckte und war verwirrt und hatte mehr als nur ein bisschen Angst.
Es war schlimm genug, dass sie mit ihm ins Bett gegangen war. Dass sie ihn mochte, machte es noch schlimmer. Und sie mochte ihn wirklich. Sehr sogar.
Vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter schob sie seinen Arm zur Seite. Sie brauchte Platz, wollte weit weg von ihm und der Versuchung sein, die er für sie darstellte. Es gab zu vieles, über das sie sich erst klarwerden musste, ehe sie sich dem stellen konnte, was auch immer sie für diesen Mann empfand, der ihr Blut vor Lust in kochende Lava verwandeln konnte. Trotz ihrer »Angst am Morgen danach« musste sie bei der Erinnerung an den Sex mit ihm lächeln und konnte nicht mehr aufhören.
Wenigstens hatte er es geschafft, dass ihr warm war.
Eine ganze Weile stand sie am Bett, betrachtete ihn, beobachtete, wie sich sein Brustkorb hob und senkte, sah seine entspannten Gesichtszüge. Wunderschön … er war wunderschön.
Und sie musste unbedingt etwas Abstand zwischen sie bringen.
Sie suchte ihre Kleider zusammen und schlich auf Zehenspitzen zu der winzigen Dusche, wo sie sich wusch und Gebrauch von ihrem Schnelltrockner machte. Fertig angezogen holte sie ihr Messer, gürtete es fest und schlüpfte dann in ihren Parka.
Die frische Morgenluft, die ihr entgegenschlug, als sie aus dem Truck kletterte, wirkte belebend. Sie drehte ihr Gesicht in den Wind und hoffte, dass die Kälte für einen klaren Kopf sorgen würde. Nach ungefähr drei Sekunden überlegte sie es sich anders und zog sich die Kapuze über den Kopf.
»Irgendwann werde ich im Äquatorialstreifen leben«, murmelte sie, als sie mit großen Schritten über das Gelände ging. »Und der einzige Wind auf meinem Gesicht wird eine warme südliche Brise sein.«
Sie griff in ihre Tasche und zog einen Riegel aus Trockenobst und -gemüse hervor, den sie sich auf dem Weg aus ihrem Truck geschnappt hatte. Sie nahm einen Bissen und kaute gedankenverloren, während sie das Areal überquerte und zu den Überresten eines Gebäudes aus dem vergangenen Jahrhundert ging, die durch jahrelangen Krieg und Verwahrlosung zerklüftet in den Himmel ragten. Sie fand eine geschützte Nische, kletterte auf eine niedrige Mauer und lehnte sich gegen den kalten Beton.
So weit ihr Auge reichte, konnte sie nur Schnee sehen. Eis. Und noch mehr Eis. Raina seufzte und steckte sich das letzte Stückchen ihres Frühstücks in den Mund. Sie wünschte sich sehr, an einem warmen Ort zu sein.
Ja.
Irgendwo, wo es sonnig und warm war. Die Hitze, die sie mit Wizard zusammen in ihrem Bett gespürt hatte, zählte nicht, denn sie war nicht von Dauer.
Okay.
Woher war der Gedanke gekommen? Sie wollte nichts von Dauer. Sie war eine Einzelgängerin. Das Letzte, was sie wollte, war jemand, dem sie Rede und Antwort stehen musste, jemand, der ihr zu nahe kam, sie bedrängte. Schlimmer noch: Jemand, den sie hegen und pflegen musste; verdammt, ihr machte sogar eine Pflanze Angst.
Etwas von Dauer bedeutete am Ende eine unvorstellbare Enttäuschung, und darauf konnte sie gut verzichten.
Sie kaute, schluckte, und der Riegel schien ihr im Hals stecken zu bleiben.
Als sie aufblickte, sah sie Yuriko, die nur ein paar Meter von ihr entfernt stand. Die Kommandeurin hatte dasselbe amüsierte Lächeln auf den Lippen, das jedes Mal ihre Mundwinkel umspielt hatte, wenn sie beobachtet hatte, wie Wizard und Raina heiße Blicke wechselten. Nur jetzt hatte Raina den Witz auch endlich
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