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Dark Future: Herz aus Feuer

Dark Future: Herz aus Feuer

Titel: Dark Future: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Kenin
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war also definitiv ein Wissenschaftler oder ein Techniker und nicht nur ein Kerl, der Menschen umbrachte.
    Etwas huschte durch die Dunkelheit eines Korridors, der vom Hauptkorridor abging. Sie wirbelte herum und starrte in die Richtung. Funkelnde Augen erwiderten ihren Blick.
    Sie blinzelte. Ihr Sehvermögen passte sich den schlechten Sichtverhältnissen sofort an. Und was sie sah – Dutzende von kleinen, plumpen, mit Fell überzogenen Körpern –, legte einen Schalter um, und eine Flut an Informationen, wie von einem Computer gesammelt, jagte durch ihren Kopf.
    »Rattus norvegicus«,
murmelte sie.
    Einen Meter vor ihr blieb Tristan stehen und drehte sich um. »Was?«
    »Die … äh …« Sie deutete in die Schatten, die auf Schwarz überblendeten. »Die Ratten. Gerader Schädelkamm, nicht gebogen. Es sind braune Ratten.«
    »Stimmt.« Eine Pause entstand. »Sie sind braun.«
    Der Ausdruck auf seinem Gesicht war unbezahlbar. Eine ganze Weile starrte er sie nur an, während das Geräusch zahlloser winziger Rattenfüße und tropfenden Wassers von den Wänden widerhallte.
    »Was bist du, eine Schädlingsexpertin?«, fragte er langsam.
    »Ja, so etwas in der Richtung«, sagte sie und dachte an Ward und seine Untergebenen. »Es ist eine Berufung.«
    Emotionen flackerten in Tristans Blick auf. Keine Ungläubigkeit oder Belustigung, sondern etwas Dunkles, das er schnell versteckte.
    Er wandte sich ab und sprach über die Schulter zu ihr. »Ich hatte als Kind eine Ratte als Haustier. Sie war weiß.«
    Bei dieser seltsamen Bemerkung und dem, was sie offenbarte, entfuhr ihr ein kurzes Lachen. Der Tonfall seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er das Tier gemocht hatte.
    »Waren Ratten … Hamster … und sogar Rennmäuse nach dem Ausbruch der durch Nagetiere übertragenen Beulenpest von 2037 als Haustiere nicht verboten?«
    Schweigen. »Ja, ich glaube schon«, sagte er dann.
    »Warst du ein Bad Boy, der schon als Kind Regeln gebrochen hat?«
    »Es gab keine …«
    Was auch immer er hatte sagen wollen, er entschied sich offensichtlich dagegen, denn er unterbrach sich, schwieg und watete weiter durch das knöcheltiefe Wasser, das den Boden bedeckte.
    Sie dachte, er hätte das Thema fallengelassen, doch dann fuhr er fort: »Es waren die Flöhe, die die Seuche verbreiteten. Meine Ratte hatte nichts damit zu tun.«
    Das war klar. Denn er war ungefähr zwei Drittel eines Jahrhunderts zu jung, um die Seuche miterlebt zu haben.
    Dass er ihr von dem Haustier erzählt hatte, das er als Kind besessen hatte, erinnerte sie an ihre eigene Kindheit – die Tage, die zu Monaten geworden waren und zu Jahren, in denen es nur sie und Wizard und Yuriko und den Computer gegeben hatte, der sie großgezogen hatte. Sie hatten ganz sicher keine Haustiere gehalten, weder Ratten noch sonstige Tiere. Die einzigen lebendigen Wesen in dem Labor waren sie und ihre Geschwister gewesen. Fakten waren ihr Leben, ihre Welt gewesen … Nur das Labor und die Geschwister und Fakten. Sie hatten Sprachen gelernt, Mathe, Literatur, Wissenschaften. Alles, was der Computer ihnen hatte bieten können.
    Aber keine Emotionen. Das hatte nicht auf dem Stundenplan gestanden. Sie waren geschaffen und genetisch verändert worden, um keine zu haben.
    Der einzige Grund, warum sie Emotionen überhaupt kannte, war, dass sie die letzte Hälfte ihres Lebens damit zugebracht hatte, die Gefühle anderer aufzuschnappen und zu empfinden. Bruchstücke, die wie beim Zappen durch die Satellitenkanäle auf sie eingeprasselt waren. Angst. Hass. Liebe. Die Emotionen ihrer Mithäftlinge, die ab und an zu ihr gedrungen waren, bis sie gelernt hatte, den Strom zu kontrollieren und ihn nur zuzulassen, wenn sie es wollte.
    »Das Ödland war einmal eine der wenigen Zonen auf der Erde, in denen es keine Ratten gegeben hat«, erklärte Tristan. Seine Stimme klang lässig, doch seine Körpersprache zeigte seine Anspannung, als er jeden Spalt in der Wand, jeden Schatten, jeden kreuzenden Korridor genau prüfte.
    Er war wieder bei den Ratten. Es schien so, als würde er, sobald er sich an ein Thema geklammert hatte, nicht so schnell davon ablassen. Ein beharrlicher Mann.
    »Aha.«
    »Kurz vor dem Zweiten Adelskrieg lief ein Frachter mit Sojabohnen in der Beringsee auf Grund. Das ausgelaufene Öl wurde innerhalb weniger Tage entfernt. Die Rattenplage bekam man allerdings nicht in den Griff.« Er warf einen Blick über die Schulter. »Und wie durch Zauberhand war das Ödland keine

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