Dark Future: Herz aus Feuer
Augenblick brauchte Gavin sie. Und das bedeutete, dass er gezwungen war, zu lächeln und zu nicken und sich so zu verhalten, als würde er nicht lieber eine Phosphormine hervorholen, um damit sie und ihr ganzes widerliches Camp in die Luft zu jagen.
Egal. Sie waren sowieso bald alle tot.
Ihm fehlte nur noch eine Sache, um diesen Ausgang zu sichern: Tatiana. Seine kleine genetische Bombe, sein Schatz. Sie konnte Unglaubliches aushalten. Sie hatte es wieder und wieder bewiesen. Ihr genetisches Material würde ihm – wenn er sie eingehend untersuchte und Teile von ihr herausschnitt, um sie zu studieren und Experimente damit durchzuführen – Antworten auf all seine Fragen liefern.
Sie war der Schlüssel zu beidem: zum Völkermord und zur Rettung.
Er wollte sie unbedingt zurück in seiner Obhut haben. Doch er war ein geduldiger Mann, wie ein richtiger Wissenschaftler eben sein sollte. Irgendwann würde sie aus ihrem Versteck kommen, und dann wäre er da und würde auf sie warten.
Das Geräusch von Ketten und Schluchzen zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er wandte sich um und sah zu, wie seine Männer die Huren von
Abbott’s
hinter sich herzogen. Sie waren die ganze Fahrt über so ruhig, so ergeben gewesen, aber im Angesicht des Eispiraten-Camps hatten einige von ihnen ihre vergrabenen Gefühle wiedergefunden und ließen ihrem Entsetzen und ihrer Panik freien Lauf.
Ein junges Mädchen warf sich ihm zu Füßen, weinte und flehte ihn um Gnade an. Er wich angewidert zurück, als sie mit den Händen seine Stiefel umklammerte.
Als er aufblickte, sah er, dass Belek-ool aufgestanden war. Er lächelte, und seine Augen funkelten.
Gavin streckte den Arm aus und ergriff die Kette, die um die Handgelenke des Mädchens geschlungen war. Er zerrte die junge Frau auf die Füße und stieß sie vor sich her, schob sie halb und trug sie halb, bis sie vor Belek-ools Füßen auf Hände und Knie fiel. Sie hatte den Kopf gesenkt, und ihre Haare fielen nach vorn und über die Stiefel des Plünderers.
Gavin atmete tief durch und genoss die Zufriedenheit, die ihn erfasste. Die gestohlenen Mikroskope und der Vorrat an Impfstoff waren kleine Zugaben, doch sein eigentliches Interesse galt den Gewebeproben mit dem Namen TTN 081 , die entwendet worden waren.
Sie würden wieder in seinen Besitz gelangen – und das im Austausch gegen ein paar Huren, die er selbst gestohlen hatte.
Was für eine köstliche Ironie.
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12. Kapitel
T ristan schob ein Stück Thermokleidung zur Seite und holte ein Lasermessgerät hervor, mit dem er den Tunnel ausmaß.
»Wonach suchst du?«, fragte Tatiana.
»Den Abschnitt, der eine möglichst symmetrische Ausrichtung hat«, erwiderte er und drehte sich zu ihr um.
Sie blinzelte nicht einmal. »Warum?«
»Damit ich die Cytoplast-Ladungen anbringen und den Tunnel sprengen kann, so dass er nicht mehr als Zugang dient.«
Sie legte ihren Kopf leicht nach rechts, musterte ihn ein paar Sekunden lang und nickte dann knapp. »Verstanden. Du willst die Bedrohung aussperren, mit der wir es vorhin aufnehmen mussten. Aber würde das nicht auch den Ausgang blockieren?«
»Es gibt keinen Ausgang am Ende dieses Tunnels.« Durch die Überempfindlichkeit ihrer Sinne waren die mutierten Plünderer photophobisch, hassten also das Licht, und die bittere Kälte war die reinste Qual für sie. Selbst die Berührung mit Schneeflocken machte sie wahnsinnig. Es war höchst unwahrscheinlich, dass sie freiwillig ihr unterirdisches Zuhause verlassen würden. Tristan hatte allerdings nicht vor, irgendwelche Risiken einzugehen, und hatte deshalb den Lift zu diesem Teil der Anlage schon vor Wochen gesprengt. »Der einzige Weg an die Oberfläche oder in die unterirdische Anlage ist der Weg, den wir vorhin gemeinsam genommen haben.«
Und irgendwann – vermutlich eher früher als später – würde er auch diesen Weg sprengen müssen. Kein Weg hinein, kein Weg hinaus. Keine Chance, dass der gottverdammte Virus einen Weg zur Bevölkerung des Ödlands fand.
Was Gemma und die anderen heute da draußen getan hatten, hatte die Entscheidung besiegelt. Sie verhielten sich nicht mehr zivilisiert, wurden von Tag zu Tag wilder und primitiver. Nicht, dass der Vergewaltiger nicht verdient hätte, was ihm widerfahren war. Doch die Art seiner Exekution hatte jede Spur von gerechter Wiedergutmachung vermissen lassen. Was da in der Steppe passiert war, war schlimm, selbst für die Bewohner des Ödlands.
Und für eine Gruppe analytisch
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