Dark Love
schrie ich. »Du wurdest gebissen von diesem … diesem …« Mein Blick flog zu Bram hinüber. Dann sah ich sie alle der Reihe nach an. Es war, als wäre ich in einer Monstrositätenschau gefangen oder in einem der unteren Höllenkreise. In meiner Panik kam es mir vor, als würden sie drohend über mir aufragen – Kreaturen wie grausige Stoffpuppen mit klaffenden Kratern in den Körpern, mit fehlenden Fleischfetzen und zusammengeflickter Haut, die mich aus Augen anstarrten, die einen kränklichen Mond widerzuspiegeln schienen.
Der große Zombie hob eine Hand, doch bevor er zu einer Erklärung ansetzen konnte, riss ich mich von Isambard los und näherte mich Nora. Tränen brannten in meinen Augen. Ich konnte sie nicht beide verlieren, ich konnte sie nicht beide verlieren und bei Verstand bleiben …
Nora packte mich an den Schultern. »Pam. Pamma, beruhig dich. Ich bin immun. Es ist eine lange Geschichte, aber ich werde nicht zu einer von ihnen werden. Deshalb habe ich gesagt, er soll mich beißen. Ich wusste, dass die Vorstellung, ich könnte gefressen werden, Wolfe einen Schrecken einjagen würde. Beruhig dich.«
»Immun?« Ich musste klingen wie ein Idiot. Ich fühlte mich wie ein Idiot. Ich verstand nicht. »Immun? Gegen all das? Gegen …« Moment mal. »Sie haben gesagt, sie hätten einen Impfstoff.« Ich duckte mich unter Noras Griff hindurch und rannte zu Isambard zurück. »Dann können wir Issy heilen!«
Auch in Noras Augen traten nun Tränen. »Nein. Für ihn ist es zu spät. Es tut mir so leid. Ich hätte den Stützpunkt sofort verlassen und zu dir kommen sollen. Ich hätte einfach abhauen und zurück nach Hause laufen sollen. Sie haben mich niemanden anrufen lassen oder …«
»Ich hätte mich gegen Wolfe auflehnen sollen«, fiel Bram ein. Der einäugige Zombie neigte den Kopf in Brams Richtung und er verstummte.
»Es ist meine Schuld«, sagte Nora mit erstickter Stimme. »Bitte vergib mir.«
Ihr vergeben?
Nora trat langsam auf mich zu. Ich schloss die Augen und schluchzte. »Ich habe eine Frau getötet. Ich habe sie umgebracht …«
»Miss Roe«, hörte ich Michael sagen. »Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Sie haben mich dafür ins Gefängnis gesteckt, mit Huren und Säuferinnen! Und dann habe ich einen Mann mit einem Pfeil getötet … und andere … ich habe sie mit einer Axt zerstückelt, ich … ich war voll mit ihrem Blut. Meine Eltern sind eingesperrt. Ich habe angefangen zu trinken, damit ich schlafen kann, ich … ich habe so sehr versucht, wie du zu sein! Ich habe versucht, du zu sein!«
Ich fühlte Noras Arme um meinen Hals. »Pam, es tut mir so leid.«
»Aber dann wurde Issy gebissen und ich konnte nichts … ich kann nichts dagegen tun. Niemand hat auf mich gehört! Niemand hat auf mich gehört!«
Nora weinte jetzt. »Bitte, Pam …«
Ich lehnte mich gegen sie. »Und ich trage Hosen!« Ich ließ mich auf die Knie sinken, bevor ich vollständig zusammenbrach.
Sie hielt mich umschlungen. Ich wusste nicht, wie lange ich weinte, doch sie wich nicht von meiner Seite. Ich fühlte, wie sich Isambards Finger zwischen die meinen schoben. Nach einer Weile wurde mir vage bewusst, dass eigentlich er zusammenbrechen sollte. Doch er blieb still.
Die Zombies konzentrierten sich darauf, das Schiff zu fliegen. Sie unterhielten sich, doch ich verstand nicht, was sie sagten. Brams Blick ruhte auf Nora. Ich konnte in seiner Miene nichts lesen. Seine Augen waren verschleiert.
Zombies. Keine fünf Schritte von uns entfernt standen sie. Ich musste mich zusammenreißen. Egal, was Nora sagte, sie waren nicht wie wir. Sie waren tot. Sie waren Kannibalen. Sicher konnte man ihnen nicht trauen. Vielleicht hatten sie etwas mit ihr gemacht, ihr eine Gehirnwäsche verpasst, um sie davon zu überzeugen, dass sie keine Gefahr darstellten.
Aber mein kleiner Bruder würde einer von ihnen werden.
Ich wandte den Kopf und sah ihn an. Er sah nicht gut aus. Auf seiner Haut waren dunkle Flecken erschienen wie schwarze Venen. Ich fuhr mit der Hand durch sein Haar. Er sah mich mit müden, roten Augen an.
»Alles in Ordnung mit dir?«, flüsterte ich.
Isambard schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nicht gut«, gab er zu.
Nora wischte sich über die Augen. »Wir müssen ihm Hilfe besorgen«, sagte ich und hob die Hand ebenfalls zu meinen Augen.
»Sie haben recht.« Michael richtete sich auf. Er und Vespertine standen noch immer gegen die Wand gedrückt da und weigerten sich, auch nur
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