Dark Moon
Blutdruck zu kontrollieren. Sie brummte unzufrieden und holte ihr Thermometer hervor. Es war eines dieser elektronischen Geräte, die man für ein paar Sekunden ins Ohr stecken musste.
»Sein Puls ist schwach, aber regelmäßig. Blutdruck und Temperatur sind jedoch beide viel zu niedrig.« Sie sah mich ernst an. »Es geht ihm besser, die Therapie schlägt an. Trotzdem ist er noch lange nicht außer Gefahr.«
Mark betastete den Verband an seinem Hals und versuchte zu schlucken. Ich stand auf und holte ihm etwas zu trinken.
Er setzte sich auf. »Danke«, sagte er und lächelte mich an. In diesem Moment war ich der glücklichste Mensch auf Erden. Mark würde leben!
Vorsichtig nippte er an dem Glas und verzog das Gesicht, als er das Wasser herunterschluckte. »Besser«, sagte er und nahm noch einen Schluck, diesmal einen größeren. Nach zwei weiteren Zügen hatte er den Becher geleert. Zufrieden legte er sich wieder hin und schloss die Augen. »Wo bin ich eigentlich?«
»In Grandmas Vorratskeller«, sagte ich und lachte. »Wenn du etwas zu essen haben möchtest, kannst du dich gerne bedienen.«
»Hast du mich hierhergebracht?«, fragte Mark. Seine Stimme war noch immer schwach, aber ich konnte ihn jetzt besser verstehen.
»Nein, das war Hank.«
»Guter Kerl«, sagte Mark. »Wenn ich das hier überstanden habe, sollten wir drei mal zusammen ein Bier trinken gehen.«
»Das sollten wir auf jeden Fall.« Ich musste gleichzeitig lachen und weinen.
Mark drückte meine Hand fester. »Hör zu, ich muss mich bei dir entschuldigen.«
»Mark, bitte!«
»Doch. In den letzten Wochen habe ich mich dir gegenüber wie ein Idiot benommen. Dabei hast du mir immer zur Seite gestanden. Du dachtest stets, ich wäre der Stärkere in unserer Beziehung. Aber du hast dich getäuscht. Ich habe mich getäuscht. Ich bin so stolz und froh, dass wir uns haben. Ich liebe dich. Ohne dich…« Er hielt inne, in seinem Blick lag Erstaunen. Dann durchzuckte ihn ein Krampf, seine Augen weiteten sich vor Schreck. Und er erbrach auf einmal das Wasser, das er gerade eben noch gierig wie ein Verdurstender getrunken hatte.
»Grandma! Schnell!«, rief ich.
Ihre Assistentin schnappte sich eine kleine Flasche von einem Beistelltisch, zog rasch eine Spritze auf und drückte den Inhalt in einen der Infusionsschläuche. Wenige Sekunden später sank Mark in sich zusammen.
»Was war das?«, stotterte ich.
»Er hat das Wasser nicht vertragen«, stellte Grandma fest. Ich wusste, was das bedeutete. Der Fleck auf dem Handrücken war das erste Warnsignal gewesen, die plötzliche Übelkeit das zweite.
»Wir verlieren den Kampf«, flüsterte ich.
»Red nicht so einen Unsinn«, wies mich Grandma barsch zurecht. »Solange noch menschliches Blut in seinen Adern fließt, gebe ich ihn nicht auf!« Sie nahm mein Gesicht in beide Hände. »Und ich erwarte, dass du auch nicht aufgibst. Und jetzt lass mich meine Arbeit machen. Wenn es irgendetwas Neues gibt, rufe ich dich an.«
Mark lag nun wieder ganz entspannt da und schien eingeschlafen zu sein. Ich war verzweifelt, weil ich ihm nicht helfen konnte. Wenn ich jetzt einfach ging, war es so, als ließe ich ihn im Stich. Doch wenn ich herausfinden wollte, was mit Mark passiert war, musste ich heute Abend zu dem Vampirtreffen gehen. Vielleicht würde ich dort etwas herausfinden.
»Und du rufst mich auch wirklich an, wenn sich sein Zustand verändert?«, fragte ich.
Grandma gab mir einen Kuss. »Versprochen.«
Kapitel
I ch hatte keinerlei Vorstellung davon, was mich in dieser Nacht erwartete. Ich wusste nur, dass ich auf der Hut sein musste. Oft genug hatte ich erlebt, wie Vampire mit ihrer magischen Anziehungskraft Menschen manipulierten. Lilith McCleery hatte eine Ausstrahlung, der sich wohl kein Mann entziehen konnte. Und wer tief genug in Jack Valentines traurige Augen schaute, war für immer verloren. Selbst die Irrsinnige, der George Dupont so verfallen war, dass er für sie seine Familie verlassen hatte, war auf eine höchst gefährliche Weise anziehend gewesen. Wenn ich also heute Nacht ein Stelldichein mit den Vampiren Vancouvers hatte, wollte ich ihnen wenigstens auf Augenhöhe begegnen.
Ich entschied mich für das kurze schwarze Kleid, das mir Mark geschenkt hatte, denn es schmiegte sich perfekt an meinen Körper. Ich nahm rauchgrauen Lidschatten und trug schwarze Mascara auf. Dann wählte ich einen Lippenstift, der passenderweise Midnight Seduction hieß. Ich betrachtete mich im Spiegel und musste
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