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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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ihrer Überzeugung nach wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen war als der französische Zopf, ich spürte ihren warmen Mortadella-Atem im Nacken. Am Schluss bekam ich noch eine grüne Schleife, als wäre ich ein Geschenk. Dann half sie mir, mich so auf den Badewannenrand zu stellen, dass ich mit Hilfe eines Handspiegels meinen Hinterkopf im Spiegel über dem Waschbecken betrachten konnte. Debby, die so viel Wert darauf legte, alles hübsch zu machen.
    »Es gibt keine Beweise, die darauf hindeuten, dass jemand anderes als Ben meine Familie getötet hat«, sagte ich, während ich mich mühsam ins Land der Lebenden zurückholte, wo ich ganz alleine wohne. »Er hat nicht mal Berufung eingelegt. Er hat nie versucht, aus dem Gefängnis rauszukommen.« Ich hatte keine Erfahrung mit Strafgefangenen, aber es kam mir so vor, als würden sie ständig irgendwelche Anträge einreichen, als wäre das eine Art Leidenschaft, selbst wenn so gut wie keine Aussicht auf Erfolg bestand. Wenn ich mir das Gefängnis vorstellte, sah ich orangefarbene Sträflingsoveralls und gelbe Notizblöcke. Ben hatte seine Schuld durch Passivität bewiesen – meine Aussage war letztlich zweitrangig.
    »Er hätte genug Gründe, um mindestens achtmal Berufung einzulegen«, konterte Magda großkotzig. Mir wurde klar, dass sie zu den Frauen gehörte, die auf meiner Türschwelle erscheinen und mich anschreien. Zum Glück hatte ich Lyle meine Adresse nicht gegeben. »Dass er nicht kämpft, beweist noch lange nicht, dass er schuldig ist, Libby, es bedeutet nur, dass er die Hoffnung aufgegeben hat.«
    »Na dann, umso besser.«
    Lyle sperrte die Augen auf.
    »O Gott, du glaubst also wirklich, dass Ben der Täter ist.« Dann lachte er. Kurz, schnell verschluckt, aber von Herzen. »Entschuldigung«, murmelte er dann.
    Über mich lacht man nicht. Alles, was ich sage oder tue, wird sehr, sehr ernst genommen. Ich bin keine Witzfigur. »Na dann, viel Spaß noch mit Ihren Verschwörungstheorien«, sagte ich und stand auf.
    »Ach, seien Sie doch nicht so«, rief der Cop-Typ. »Bleiben Sie. Überzeugen Sie uns.«
    »Er … hat … nie … Berufung … eingelegt«, sagte ich, langsam, wie eine Vorschullehrerin. »Das reicht mir vollkommen.«
    »Dann sind Sie eine Idiotin.«
    Ich wischte seine Bemerkung beiseite, mit einer heftigen, harten Handbewegung, als würde ich in eiskalter Erde graben, und wandte mich ab. Hinter mir sagte jemand: »Sie ist immer noch ein kleines Lügenmaul.«
    Im Handumdrehen hatte ich mich in die Menge gestürzt, bahnte mir einen Weg unter Achselhöhlen hindurch, an Hüftbeugen vorbei, bis ich endlich im kühlen Treppenhaus stand und den Lärm hinter mir gelassen hatte. Mein einziger Triumph in dieser Nacht waren die Geldscheine in meiner Tasche und das Bewusstsein, dass diese Leute mindestens so elend dran waren wie ich.
     
    Zu Hause knipste ich sämtliche Lichter an und kroch mit einer Flasche klebrigem Rum ins Bett. Dann lag ich auf der Seite und studierte die kunstvollen Falten von Michelles Briefchen, das ich vergessen hatte zu verkaufen.
     
    Die Nacht fühlte sich an, als hätte sie Schieflage. Als wäre die Welt bisher sorgfältig aufgeteilt gewesen zwischen Menschen, die glaubten, dass Ben schuldig sei, und Menschen, die ihn für unschuldig hielten, und nun waren diese zwölf Wildfremden, die sich um einen Stand in einem Keller drängten, plötzlich mit Backsteinen in der Tasche zum Lager der Unschuldigen übergelaufen, und – bums – war die Waagschale gekippt. Magda und Ben und Gedichte und die Macht der Hoffnung. Fußspuren und Blutflecken und Runner, der durchdreht. Zum ersten Mal seit Bens Prozess hatte ich mich ungeschützt mit Menschen konfrontiert, die überzeugt waren, dass ich mich in punkto Ben irrte, und wie sich herausstellte, war ich der Herausforderung nicht gewachsen. Ich Kleingläubige. Vielleicht hätte ich an einem anderen Abend alles an mir abperlen lassen, wie ich das normalerweise tat. Aber diese Leute taten so sicher, so blasiert, als hätten sie sich endlose Male über mich unterhalten und beschlossen, dass ich es nicht wert sei, mich richtig in die Mangel zu nehmen. Ich war in dem Glauben zu dieser Versammlung gegangen, dass sie wären wie andere Leute, dass sie mir vielleicht helfen würden, sich um mich kümmern, meine Probleme lösen wollten. Stattdessen verhöhnten sie mich. War ich wirklich so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, war ich wirklich so schwach?
    Nein. Ich habe in jener Nacht

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