Dark Road
durch - er war ziemlich erleichtert.
»Wie ich schon sagte«, fuhr Anselm mit der gleichen unbekümmerten und freundlichen Stimme fort, »gehörte auch diese Karte Melisande, dem kleinen Mädchen, das sich gern im Wassergarten versteckte. Gott allein weiß, die wievielte Urururgroßmutter sie von mir war. Sie scheint eine sehr geheimnisvolle, zurückhaltende Frau gewesen zu sein. Und als sie starb, starben ihre Geheimnisse mit ihr.«
Clovis nickte.
»Und jetzt sagen Sie mir, was Sie wirklich sehen, Mr. Greenwood. Es ist eine Karte der Wasserquellen. So viel wissen wir nämlich. Das wussten wir schon immer.«
Clovis saß wie versteinert da.
»Gibt es ein Problem, Mr. Greenwood?«
Clovis suchte verzweifelt nach einer Antwort. Irgendeine Antwort. Ihm fiel ein, dass Mariette gesagt hatte: »Balthasar glaubte immer daran, dass niemand die Wildnis anrühren sollte. Er hätte nach anderen Quellen suchen und damit reich werden können. Aber er dachte, es sei falsch ...«
»Ich kann Ihnen nicht dabei helfen, Wasserquellen zu finden«, sagte er. »Ich halte es für falsch, die Wildnis zu stören.«
»Egal, welche Meinung Sie vertreten, ich glaube, Sie können mir zumindest ein Stück Information zukommen lassen«, sagte Anselm. »Ich bin mir sicher, dass Sie das können.«
Schweigen.
»Ich habe Grund zu der Annahme, dass es eine Quelle mit außerordentlich reinem Wasser weit oben am Berg gibt, nahe beim Gletscher«, fuhr er fort und beobachtete Clovis, während er sprach. »Vor langer Zeit, als Melisande schon eine alte Dame war, spaltete sich unsere Familie auf. Die Scarsprings blieben in der Stadt. Eine der Töchter heiratete einen Mann namens Jump. Wir glauben, dass sie eine Quelle in den Bergen für sich beanspruchten. Irgendwann hatte ich Grund zu der Annahme, dass einer ihrer Nachfahren noch immer dort lebte und tatsächlich Eiscreme und Wasser mit einem Van verkaufte, den die Leute Eis-Engel nannten. Aber das hörte vor zwölf Jahren auf.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen«, sagte Clovis und seine Stimme versagte fast vor Angst. Er klammerte sich an seine erste Entschuldigung wie ein Ertrinkender an ein Stück untergehendes Treibholz. »Ich halte es für falsch, die Wildnis zu stören. Das ist mir sehr wichtig.«
Er meinte ein leises Knarzen von Schritten auf der Treppe zu hören. Aber alles jenseits der verschlossenen Tür schien Teil einer anderen Welt zu sein. Seine eigene Welt war auf die Größe dieses Zimmers, dieses Tisches zusammengeschrumpft. Und diese Karte konnte alles zerstören.
»Ihnen ist klar, dass Sie sich dem mächtigsten Mann in Rockscar widersetzen.«
Clovis nickte.
»Und dass ich nur mit den Fingern zu schnippen brauche, und Steward Golightly wird hereinkommen, um mir zu helfen, Sie zu überzeugen. Und er ist kein Gentleman.«
Sie starrten einander an.
»Sie sind sehr blass geworden«, sagte Anselm nach einem langen Augenblick. »Vielleicht sollte ich Ihnen sagen, dass ich Golightly nicht rufen werde. Es hat schon genug Gewalt gegeben. Und diese Karte ist nicht für seine Augen bestimmt.« Er seufzte schwer. Es schien, als würde er eine Entscheidung abwägen. Dann zog er etwas aus seiner Tasche, einen Talisman, und führte ihn an seine Lippen.
»Beantworten Sie mir eine Frage, Mr. Greenwood«, sagte er. »Halten Sie mich für verrückt?«
»Ich habe keinen logischen Grund, Sie für verrückt zu halten, Sir.«
Anselm griff nach oben und schaltete die Lampe direkt über dem Tisch ein. Der Rest des Zimmers versank im Schatten, nur sie beide saßen in einem Kreis kahlen Lichts.
»Die Menschen in unserer Stadt sagen, dass ich es sei. Sie sagen, ich würde mich zu viel mit Trollen beschäftigen und nicht genügend Aufmerksamkeit auf meine Arbeit als Bürgermeister und das dringliche Problem der Wasserknappheit verwenden. Glauben Sie denn, dass es Trolle gibt, Mr. Greenwood?«
»Ich habe nicht genug Informationen, um das zu beurteilen«, sagte Clovis.
Anselm lachte.
»Ich werde Ihnen etwas sagen, dass niemand sonst weiß«, sagte er. »Es ist eine Vertraulichkeit, die Sie respektieren müssen. Es gibt keine Wasserknappheit.«
Clovis’ Mund klappte auf. »Aber ...«
»Sie sehen überrascht aus. Aber es ist wahr. Es gibt keine Wasserknappheit. Wir haben Pumpstationen, wir haben Schleusentore, wir haben unterirdische Reservoirs, aus denen wir schöpfen können oder auch nicht, ganz wie es uns beliebt. Wir verfügen über Hunderte von Meilen von Notfallröhren, besitzen
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