Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
musste ich gerade sagen.
Ich beendete meine Suche mit einem kurzen Rundblick durchs Schlafzimmer. Es war weniger verkrempelt und entsprechend leichter zu durchsuchen. Auf dem Bett lag eine leuchtend bunte Patchworkdecke, und der Kleiderschrank war voller Schals und hauchzarter Kleider. Ein Schmuckkästchen auf der Frisierkommode enthielt eine atemberaubende Kollektion von Halsketten und Ringen, und daneben lag – ich schwöre – ein Paar Handschellen. Ich hätte fast gelacht bei der Vorstellung, wie die New-Age-mäßige Abigail sich kleinen Perversionen hingab. Vielleicht war ich nicht die Einzige, die den Laden für Sexspielzeug besucht hatte. Wobei meine natürlich billige Leichtgewichte waren, während diese hier richtige aus Stahl waren, wie die Polizei sie benutzte. Wenn Abigail auf versauten Sex stand, dann Richtung Hardcore.
Schließlich machte ich mich auf den Weg nach Tucson, wo ich am frühen Abend ankam. Mein innerer Autopilot lenkte mich schon Richtung Zuhause, aber im letzten Moment rief ich Tim an.
»Hat Kiyo angerufen oder vorbeigeschaut?«
»Nee. Aber eine seiner Katzen hat im Wohnzimmer auf den Boden gekotzt.«
»Das ist nicht ganz dasselbe.«
Wir legten auf, und ich checkte zum hundertsten Mal mein Handy. Nichts. Keine entgangenen Anrufe. Mit einem Seufzen bog ich Richtung Saguaro-Nationalpark mit seinem leicht zugänglichen Kreuzweg ab. Wenn Kiyo aus irgendeinem Grunde nicht aus der Anderswelt wegkam, dann hatte er ja vielleicht Nachricht ins Dornenland geschickt. Ich kam mir blöd vor – wie ein Mädchen, das verzweifelt neben dem Telefon saß. Aber was sollte ich denn sonst machen?
Unglücklicherweise gab es in der Anderswelt auch keine besseren Neuigkeiten.
»Nein, Eure Majestät«, sagte Nia. Sie klang ängstlich und entschuldigend, als wäre sie höchstpersönlich schuld daran. »Wir haben nichts von ihm gehört.«
Ich dankte ihr. Wenn ich mir schon die Mühe gemacht hatte, hierherzukommen, dann konnte ich ebenso gut zu Shaya gehen und mich auf den neuesten Stand bringen lassen. Während ich sie noch suchte, stieß ich jedoch auf einen Gast, mit dem ich nun am allerwenigsten gerechnet hätte: Girard, der dunkelhäutige Höfling und Kunstschmied von Maiwenns Fest.
»Eure Majestät«, sagte er mit einer Verbeugung und war so farbenprächtig wie immer. »Ich hatte gehofft, Euch noch anzutreffen, bevor ich wieder gehen muss.«
»Bevor Ihr wieder gehen müsst … Was macht Ihr denn hier?« Seine Anwesenheit verblüffte mich mehr, als dass sie mich störte.
»Ich bin gekommen, um Euch dies zu bringen.«
Wie ein Zauberer, der ein Kaninchen unter seinem Umhang hervorholte, präsentierte Girard mir eine atemberaubende Halskette. Die Kette war aus zarten, in sich gedrehten Gliedern gemacht, die wie Wasser Wellen bildeten, und der Anhänger bestand aus einem birnenförmigen Saphir, der von Perlen eingefasst war.
»Oh mein Gott«, entfuhr es mir, als ich die Kette nahm. »Die ist ja unglaublich. Und das ist Eure Arbeit?«
»Jawohl, Eure Majestät.« Sein Tonfall war bescheiden, aber meine Bewunderung freute ihn sichtlich.
»Von wem kommt sie?«
Da ich mich noch an die Kommentare anderer über seine politischen Ambitionen erinnerte, rechnete ich halb damit, dass es sich um ein Geschenk von ihm handelte. Dann fragte ich mich plötzlich und voller Hoffnung, ob Kiyo sie als Zeichen seiner Zuneigung schickte, weil er gerade so viel Zeit woanders verbrachte. Auch Dorian kam in Betracht, wobei er sie persönlich überbracht hätte.
»Sie ist von Prinz Leith aus dem Vogelbeerland.«
Natürlich. Ich hätte es wissen müssen. Dass Leith sich gestern Abend in sein Schicksal gefügt hatte, wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein.
»Seine Hoheit lässt anmerken, dass er Euch auch gern eine passende Krone anfertigen lässt, wenn Ihr möchtet. Er schickt Euch dies mit der größten Zuneigung und Ergebenheit.«
»Das glaube ich sofort.« Ich seufzte und hielt ihm die Halskette wieder hin. »Aber eine Krone kommt absolut nicht infrage, fürchte ich. Und eigentlich … Es tut mir wirklich leid, Girard, aber ich kann nicht einmal das hier annehmen. So ärgerlich es auch ist, dass Ihr Euch diese Arbeit umsonst gemacht habt.«
Er nahm die Halskette und ließ sie gewandt in einer seiner vielen Taschen verschwinden. »Das ist überhaupt kein Problem. So läuft das eben in Liebesdingen … beziehungsweise so läuft es nicht. Seine Hoheit wird betrübt sein, aber ich habe die Gelegenheit genossen, zur
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