Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
eine scharfe Zunge; ich ging fest davon aus, dass das Essen zu einem Schlagabtausch abfälliger und unterschwellig aggressiver Bemerkungen geraten würde. Ruriks unverblümte Art prädestinierte ihn für das Austeilen von Spitzen, darum hoffte ich auf seinen Beistand.
Sobald wir uns gesetzt hatten, stellte ich jedoch fest, dass Ysabel nicht die Einzige war, wegen der ich mir Sorgen machen musste. Die anderen Adeligen am Tisch waren nicht weiter von Bedeutung, aber ein neues Gesicht überragte sie alle. Die Frau hieß Edria– und sie war Ysabels Mutter. Sie hatte ein attraktives, mütterliches Aussehen, wobei ihre Haare und Augen dunkel waren. Ysabel war blauäugig mit leuchtend rotbraunen Haaren; eine umwerfende Kombination. Ysabels Körperbau trug ebenfalls viel zu ihrem Reiz bei. Was die beiden Frauen definitiv gemeinsam hatten, war eine clevere, hintersinnige Art, die mir verriet, dass beide wenig Skrupel hatten, wenn es darum ging, ihre Interessen zu verfolgen. Und es lag auf der Hand, dass mein Zusammensein mit Dorian nicht in ihrem Interesse war.
In der Öffentlichkeit dominierte die Etikette der Feinen, und Edria war die Verkörperung der Höflichkeit. „Eure Majestät, es ist uns eine Ehre.“
„Vielen Dank“, sagte ich und setzte mich zu Dorian auf ein sehr kuscheliges und prunkvolles Zweiersofa. Wir saßen ziemlich gequetscht, aber da sein Blick immer noch über meinen Körper strich, störte ihn das sicher nicht. Unsere Beine waren so dicht beieinander, dass ich das Zugeständnis machte, meines über seines zu drapieren. Unser Sofa stand dicht am Tisch, sodass das lange, schwere Tischtuch diese Kühnheit meinerseits verdeckte– und ebenso die Hand, die er auf meinen Schenkel legte.
„Ich bin überrascht, Euch hier zu sehen, Eure Majestät“, sagte Ysabel sittsam. Angesichts der Tatsache, dass ihr die Brüste praktisch aus dem Kleid quollen, fragte ich mich, wieso ich eigentlich Hemmungen wegen meines engen Oberteils gehabt hatte. „Ich dachte, Ihr hättet so viel mit Eurem Land und Euren… menschlichen Angelegenheiten zu tun.“
„Daran ist nichts Überraschendes“, sagte Rurik und griff im selben Moment nach einer riesigen Keule. Er nahm einen großen, herzhaften Bissen, schluckte aber vor dem Weiterreden erst runter. Was eine Verbesserung seiner Manieren darstellte. „Mylord und sie können eben kaum voneinander lassen.“ Das „Mylord“ ließ mich schmunzeln. Obwohl Dorian ihn in meine Dienste entsandt hatte, betrachtete der Soldat Dorian immer noch als seinen Herrn.
„Gewiss“, beeilte Edria sich zu sagen, als Ysabels Miene frostig wurde. „Es ist nur so, dass Ihr nach allem, was wir gehört haben, kein Interesse an solcherlei Pflichten habt. Ich hatte in der Tat nicht damit gerechnet, Euch in so… schöner Gewandung anzutreffen.“
„Sehr schöne Gewandung“, sagte Dorian. Er hatte seinen Blick endlich von mir losgerissen und bedeutete einem Diener, ihm Wein nachzuschenken.
Mir gefiel es nicht unbedingt, dass man über meine Aufmachung redete– auch wenn die Reaktionen positiv waren–, aber dass ich gelobt wurde, erhöhte meinen Status. „Mich überrascht, dass Ihr überrascht wart“, sagte Rurik, diesmal mit vollem Mund. Na ja, kleine Fortschritte waren besser als nichts. „Jedermann weiß, wie schön Mylady ist. Männer nah und fern wollen sie, aber sie nimmt natürlich nur den Besten zum Gefährten. Was umgekehrt für Mylord gilt.“
Aus Ruriks Mund war das beinahe charmant, aber nicht für Mutter und Tochter. „Nach meinem Verständnis“, sagte Edria vornehm, „trägt nicht allein Euer, nun, Äußeres zu Eurem Liebreiz bei. Eure Frau Schwester und Ihr werdet beide ob Eurer künftigen Kinder geschätzt. Schon jetzt wird deutlich, dass sie ihre Verehrer hat.“
Ich warf durch den Saal einen Blick zu Jasmine, die neben Shaya saß. Jasmine hatte ein aufrichtiges Lächeln im Gesicht, aber ob es daher rührte, dass sie draußen unterwegs war, oder an den um sie versammelten Männern lag, die ihr anscheinend Komplimente machten, konnte ich nicht sagen. Ich unterdrückte ein Stirnrunzeln und wandte mich wieder zu den anderen um.
„Meine Schwester und ich haben nicht die Absicht, Kinder zu bekommen.“
„Wie bedauerlich“, sagte Edria. Ihr Blick schoss ganz kurz zu Dorian hinüber. „Wie bedauerlich für alle.“
„Eure Majestät“, sagte Ysabel, „kennt Ihr eigentlich meine Kinder?“
Ich verzog überrascht das Gesicht. Dass sie Kinder hatte, war mir
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