Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
haushielt, oder einfach bloß wollte, dass ich die Finger von meiner Magie ließ. Ich äußerte diese Bedenken jedoch nicht, sondern setzte mich ebenfalls, vor allem, weil mir die Kälte langsam zusetzte. Ich knöpfte die Lederjacke bis obenhin zu, was aber wenig brachte. Unser Abendessen bestand wieder einmal aus Proviant: Trockenfleisch, Nüsse und etwas Brot, das schon ziemlich muffig schmeckte.
„Du kannst nicht zufällig deine Wildniskünste nutzen und uns was Frisches jagen, oder?“, fragte ich.
Er lächelte. Das Lagerfeuer warf jetzt, wo es richtig dunkel war, merkwürdige Schatten über sein Gesicht. „Würde ich ja, wenn hier draußen irgendwas leben würde. Aber außer uns gibt’s da nichts.“ Er sah mich an und merkte, dass ich am Bibbern war. „Hast du keine wärmere Jacke?“
„Wo kriege ich denn in Tucson bitte schön eine Daunenjacke her?“
„Um diese Jahreszeit? In jedem Sportgeschäft. Für die Skifahrer. Lara könnte dir eine besorgen, wenn du keine Zeit hast.“
„Ich glaube, Lara und Tim haben sich ineinander verknallt“, sagte ich abrupt, als mir diese abstruse Entwicklung wieder einfiel.
„Wie jetzt?“, fragte Kiyo ebenso erstaunt, wie ich gewesen war. „Weißt du das genau?“
„Na ja, sie fahren jedenfalls voll aufeinander ab. Volusian, waren sie zusammen, als du letztes Mal dort warst?“
Mein Hilfsgeist befand sich ein Stück weg in den Schatten; nur seine roten Augen waren sichtbar. „Ja, Herrin. Sie waren im Bett, ihre Leiber nackt, und–“
„Schon gut, das reicht“, sagte ich rasch. „Mehr brauche ich nicht zu hören.“
„Nicht zu fassen“, sagte Kiyo. Als wir noch zusammen gewesen waren, hatte er ihre Telefonstreits selbst miterlebt. „Aber es sind wohl schon merkwürdigere Sachen passiert.“
„Ja. Sieh uns an. Wir sitzen in einer Landschaft aus Eisen und lassen uns von einem Gespenst zu einem legendären Gegenstand führen, der mich– vorausgesetzt, er existiert überhaupt– furchterregend genug macht, um einen Krieg zu beenden.“
„Guter Punkt.“ Kiyos Lächeln kehrte zurück. Freundschaftliches Schweigen hing zwischen uns. Eine nette Abwechslung nach all dem Zoff und der Anspannung in der letzten Zeit. Mir wurde klar, dass Kiyo mir gefehlt hatte. „Eugenie?“
„Hmm?“ Ich sah hoch und kam mir ertappt vor wegen meiner Gedanken eben.
„Warum hast du nicht Roland mitgenommen? Seine Kampfkraft wäre uneingeschränkt. Und er will weiß Gott keine Macht hierzulande.“
Ich sah von diesen dunklen Augen weg, runter ins blaue Herz des Feuers. „Aber er will auch nicht, dass ich hier Macht habe.“
„Schon, aber das würde er beiseiteschieben, wenn er wüsste, dass du dich in–“
„Er weiß nicht mal was davon“, stellte ich klar. Dann wurde meine Stimme weicher. „Wir reden nicht mehr miteinander.“
„Wieso…“ Kiyo brach ab; er versuchte zweifellos, das in den Kopf zu kriegen. „Wie kann das sein?“
Ich zuckte die Achseln. „Er hat den Kontakt abgebrochen. Als er herausgefunden hat, dass ich ihm die Wahrheit vorenthalten habe, über das Dornenland und alles andere… Also seit das mit Leith passiert ist, weigert er sich, mit mir zu sprechen oder mich überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.“
„Aber deine Mutter…“
„Die redet ab und zu mit mir. Sie sitzt total zwischen den Stühlen, und ich möchte das für sie nicht schwerer machen, als es ohnehin ist. Sie soll sich nicht gegen ihren Mann stellen müssen.“
Jetzt war Kiyo nicht mehr verwirrt, sondern sauer. „Ja, aber du bist doch ihre Tochter! Sie muss doch in der Lage sein–“
„Lass einfach gut sein, ja?“ Ich zog die Knie vor die Brust und schlang die Arme darum, um mehr Wärme zu speichern. „Ich möchte nicht darüber reden.“
„Eug, das tut mir leid.“
Ich blieb still. Es gab nichts zu sagen.
Er räusperte sich. „Du hast nicht zufällig irgendwas anderes mitgebracht, um dich warm zu halten? Decken? Sachen fürs Zelten?“
Der Themenwechsel kam mir mehr als gelegen. „Eine mögliche Übernachtung hatte ich nicht mit einkalkuliert. Ich hab einen Satz Kleidung zum Wechseln, Lebensmittel, Waffen und Verbandsmaterial.“
„Du hast Verbandszeug mitgebracht?“ Er klang beeindruckt. „Du denkst doch sonst nicht voraus. Ähm, ich meine, du machst dir doch normalerweise keine Sorgen, dass du dich–“
„Ich weiß, worauf du hinauswillst.“ Ich lächelte matt. „Und keine Sorge, ich bin noch die alte. Ich hab nicht vorausgeplant. Das ist für
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