Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Kirschbäume anderen Sträuchern und Bäumen Platz– darunter auch Vogelbeeren. Sie waren viel kleiner, als ich gedacht hatte, und schwer von ganz eigentümlichen Beeren. Dieses Land war wirklich sehr hübsch; gemäßigt und angenehm warm, mit wunderschönen grünen Landschaften. Es wäre eine Schande, es verheeren zu müssen.
Wir bemerkten Hinweise auf Katrices Schloss, lange bevor wir es sehen konnten. Die Straßen wurden voller; wir begegneten Reisenden, deren Städte ins Kreuzfeuer des Krieges geraten waren und die nun Nahrung und Schutz bei ihrer Monarchin suchten. Die meisten waren zu Fuß unterwegs, und wir überholten sie rasch, worüber ich froh war. Schuldgefühle konnte ich auf dieser Reise nicht gebrauchen.
Auch waren nun Soldaten zu sehen, zweifelsohne Teil der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, die uns Rurik prophezeit hatte. Manche patrouillierten auf der Straße. Andere bildeten Wachposten am Straßenrand und musterten uns kritisch, wenn wir vorbeiritten. Ich hielt jedes Mal den Atem an und rechnete schon damit, dass uns Imanuelles Illusionen im Stich ließen. Sie hatte uns nicht nur die Begrenztheit ihrer Kraft eingestanden, sondern auch erzählt, dass manche Feine einen Sinn für ihre Art Magie besaßen und ihre Zauber durchschauen konnten. Damit war sie erst herausgerückt, als wir längst unterwegs waren. Wäre vielleicht praktisch gewesen, das früher zu wissen.
Aber trotz aller kritischen Blicke ließen uns die Soldaten jedes Mal durch, und bald kam das Schloss in Sicht. Ich konnte nicht anders, als kurz anzuhalten und es zu bestaunen. Dorian und ich, wir bewohnten beide dunkle Steinklötze, die normannischen Trutzburgen in rauer Landschaft ähnelten. Maiwenns Schloss war elegant und verschnörkelt und kam mir immer vor wie aus einem Disneyfilm. Katrices Schloss dagegen hätte glatt auf einer Postkarte aus Bayern abgebildet sein können. Seine Linien waren kraftvoll und klar, die weißen Wände voller Fenster. Diese gedrungene Kastenform wurde durch anmutige Türme ausgeglichen, die sich aus der Mitte erhoben und mit ihren spitzen schwarzen Dächern beinahe schon zart wirkten. Das Land war angestiegen während der Reise, und so überraschte es uns nicht, zu sehen, dass das Schloss hoch auf einem Berg im Vorgebirge lag, hinter dem in der Ferne hohe, schneebedeckte Gipfel aufragten. Es bot einen weiten Blick auf das Gebiet, aus dem wir uns annäherten, und eine gedrungene Mauer umschloss das unmittelbare Gelände.
Hier mussten alle anhalten, die Zutritt suchten. Wir bildeten eine lange, in Grüppchen stehende Schlange, was mich nervös machte.
„Wozu diese Sicherungsmaßnahme? Dürfen nicht alle rein?“, fragte ich leise. „Vor unseren Toren herrscht normalerweise kein solcher Andrang.“
Kiyo, der mit seinen scharfen Augen mehr sah als wir, spähte nach vorn. „Nein, rein dürfen sie schon, aber erst nachdem sie mehrere Fragen beantwortet haben; das verlangsamt die Sache. Und du hast recht, bei dir ist nicht so viel los– weil dein Land nicht so häufig angegriffen wird.“
Was gut und schlecht zugleich war. Ich hatte mein Volk beschützt, aber der Krieg, den ich führte, zerstörte trotzdem Heime. Mir kam der Gedanke, dass ich Katrice eigentlich gar nicht zu fürchten brauchte. Wenn diese Leute hier entdeckten, wer sich unter ihnen verbarg, dann nahm ihr leicht ein wütender Mob die Arbeit ab.
„Ruhig“, flüsterte Imanuelle. „Schaut nicht so nervös. Eure Gefühle vermag ich nicht zu verbergen.“
Ich zwang mich dazu, mir nichts anmerken zu lassen, was mir hoffentlich eine abgestumpfte und erschöpfte Miene verlieh. Nach beinahe einer Stunde des ruhelosen Wartens waren wir an der Reihe. Vier Wachsoldaten befragten uns, und wir beeilten uns mit unseren Antworten. Unsere Tarngeschichte begann mit einem Dorf, in dessenNähe eine Schlacht zwischen Dorians und Katrices Truppen stattgefunden hatte. Die meisten Einwohner waren vor den Kampfhandlungen geflohen, aber ein Großteil des Städtchens war zerstört worden.
„Unser Haus wurde niedergebrannt“, sagte Imanuelle. Sie brauchte die Illusion einer älteren Frau in Lumpen nicht einmal, um mitleiderregend auszusehen. Ihre Haltung und ihre Stimme drückten vollkommene Verzweiflung aus. „Auf unseren Feldern steht kein Halm mehr.“
Nach einigen weiteren Fragen ließen sie uns durch und schickten uns zu der Anderswelt-Entsprechung einer Nahrungsmittelausgabe. Die Innenhöfe von Katrices Schloss waren rappelvoll– mit Soldaten vor
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