Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Sie nun?“
„Hm?“
Gerald Walz, der alte Querulant aus der Pfarrgasse stand neben ihm und riss Kellermann aus seinen Gedanken.
„Haben Sie mir überhaupt zugehört?“ Walz war der Typ Mensch, der aus purer Langeweile seine Mitmenschen wegen nichtiger Vergehen bei der Polizei anzeigte.
„Ich hab Sie gefragt, wann Sie sich die Sache mit Salbers verfluchtem Baum mal ansehen könnten.“
„Irgendwann im Laufe der Woche“, sagte Kellermann beiläufig.
Walz blies blauen Rauch von seinen filterlosen Zigaretten in die ohnehin schon stickige Luft des Lokals.
„Aber dann nehmen Sie auch gleich einen Sachve rständigen mit. Dieser Salber glaubt ihm gehören alle verdammten Grundstücke in der gesamten, verfluchten Straße.“
Kellermann nickte, nahm seine eingepackten Donuts, seinen Pappbecher mit Kaffe und legte das Geld dafür auf den Tresen. „Stimmt schon so, Kati.“
Walz plapperte unermüdlich weiter und verfluchte bei jedem Satz seinen Nachbarn.
Kellermann hatte schon lange aufgehört ihm zuzuhören. Vor Jahren schon. Man ersparte sich viel Ärger, wenn man nicht jedermann Gehör schenkte.
Kellermann legte die Donuts auf den Beifahrersitz. Ihr Stammplatz, wie die zahlreichen Fettflecken auf dem Übe rzug bezeugten.
Er überlegte kurz, ob er gleich nach Hause fahren sollte, entschied sich dann letztendlich noch einen Sprung bei Ol iver Ritter vorbeizusehen. Gottverdammt noch mal, was hatte der Mann bloß zu verbergen?
Kapitel 25
Johann Lackner war zuhause. An diesem Abend war er nicht wie gewöhnlich mit seinen Jungs auf ein paar Bier im Frischen Seehecht .
Irgendwas sagte ihm, dass er sich ernsthaft um Melanie Ritter sorgen sollte. Er hatte sie angerufen und seine B edenken geäußert, hatte aber nicht das Gefühl, sie überzeugt zu haben. Aber wovon wollte er sie eigentlich überzeugen? Er wusste es selbst nicht genau.
Melanie Ritter hielt ihn vermutlich tatsächlich für ve rrückt, paranoid oder geisteskrank. Und möglicherweise hatte sie ja recht.
Er war besessen vom Haus der Gardeners. Seit ihm das Gebäude einen Teil seines Lebens geraubt hatte.
1989 sollte das Jahr sein, das sein Leben für immer verändern würde. Er liebte seinen Vater über alles, arbeitete bei ihm am Bau. Nur um ihm nahe zu sein.
Er hätte gleich in den Vorstand einziehen können, doch das wollte er nicht.
Nein. Johann Lackner vertrat die Meinung, dass ein Boss nur so gut sein kann, wie seine Mitarbeiter es waren. Und um das zu erreichen, musste man selbst klein angefa ngen haben. Er wollte nicht der Emporkömmling sein, der durch Vetternwirtschaft seinen Posten bezog. Er wollte ihn sich verdienen. Er wollte sich hocharbeiten. Genau das hatte er getan. Besser gesagt: Er hätte es gern getan. Denn nach dem Tod seines Vaters blieb ihm nichts anderes übrig als, ob er wollte oder nicht, die Firma zu übernehmen.
Es war ein Schock, als er die Todesnachricht übermi ttelt bekam.
Doch ein noch größerer Schock war es, wie und wo er gestorben war. Sein Vater hatte seine Mutter betrogen, alle hinters Licht geführt. Seine Mutter, Agnes, bekam zwei Jahre später einen Schlaganfall. Sie war gerade mal Vierzig. Johann pflegte sie so gut er konnte.
Doch den nächsten Schlaganfall zwei Jahre darauf verkraftete Agnes nicht mehr. Sie starb und ließ ihn allein zurück.
Und als ob das nicht schon genug wäre, liefen auch die Geschäfte schlecht.
Über Wasser hielt er Lackner Bau mit Privataufträgen aus Kirchbergen und der näheren Umgebung.
Seit dem Tod seines Vaters zog es ihn immer wieder zu dem alten Gardener-Haus. Es gab Zeiten da schien es ihn regelrecht zu sich zu rufen. Mit der Stimme seines toten Vaters.
Er wusste, dass das Unsinn war. Gespenster gab es nicht. Und trotzdem, das Haus war böse. Es gingen Schwingungen davon aus, die einem in Mark und Bein fuhren. Jeder Nagel, jedes Brett, jede einzelne Dachschindel, die Fenster, die Türen, die Teppiche, die gesamte Einrichtung waren mit Blut besudelt. Mit dem Blut Robert, Annabelle und Mikey Gardeners und mit dem seines Vaters. Sie alle waren lange tot. Aber der Mord, die Tat selbst, hallte immerzu wie ein nicht verklingen wollendes Echo zwischen den Wänden. Das Haus war von einer durchsichtigen Blase umgeben in der sich alles Negative sammelte und verstärkte. Sich auflud. Und dann schoss es wie aus einer Kanone auf eine arme Seele und trieb sie in die Abgründe des Wahnsinns. Das Haus und das was darin geschehen war gebaren Wut, Zerstörung
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