Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)

Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)

Titel: Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Semesch , Christoph Wittmann
Vom Netzwerk:
zu Tode gefürchtet. Er dachte dann immer, dass ihn der Baum holen komme. Die knorrigen Äste klopften gegen die Scheibe, lockten ihn, er solle nach draußen kommen. Wie in diesem Film mit den Geistern, den er sich heimlich angesehen hatte. Dieses Ungetüm war nicht zuletzt ein Mitgrund, warum Sam zu schreiben begann. Seine erste Kurzgeschichte handelte sogar von einem Kinder fressenden Baum. Sam fand, um ein guter Horrorschriftsteller zu sein, musste man auch Angst empfinden können. Wie sonst könnte man authentische Storys schreiben. Wenn man keinen Humor hatte, konnte man schließlich auch keinen Witz erzählen. Mit dem Verfassen von Horrorgeschichten verhielt es sich genauso.
    Während der Besichtigungstour ließ Laura kein Detail aus. Sie erzählte von den Strapazen des Umzugs und den Komplikationen bei den Ausbesserungsarbeiten. Auch wenn sich die eher in Grenzen gehalten hatten, da sie das meiste im Originalzustand belassen hatten. Sogar die Rohrleitungen waren noch die alten und hatten nicht getauscht werden müssen. Lediglich ein paar Mängel im Dach waren auszubessern gewesen. Es war ein gutes Haus, meinte Laura Hutton.
    Sam musste ihr Recht geben. Und das war seinem Dad zu verdanken, der dieses Haus mit seinen eigenen Händen erbaut hatte, als Sam noch nicht einmal auf der Welt gewesen war. Ist das tatsächlich schon so lange her?
    Nachdem er ein wenig in alten Erinnerungen schwelgen konnte, entsann sich Laura, dass sie ihrem Gast noch nichts zu trinken angeboten hatte. »Wie unhöflich von mir«, entschuldigte sie sich.
    Sie setzten sich ins Wohnzimmer. Laura holte einen Krug mit selbst gemachtem Eistee, zeigte Sam das Bücherregal von Walt - ein eigenes nur für Sam Colemans Bücher; sein Herz hüpfte vor Freude - und gab ihm einen Stift für die Signaturen. »Bin gleich wieder zurück«, sagte Laura und verschwand flink aus dem Raum.
    Inzwischen signierte Sam seine eigenen Werke. Dieser Mann musste wahrlich ein Fan sein. Denn er hatte nicht nur die späteren Bestseller in seiner Sammlung, sondern auch die  frühen Werke, die Sam nicht einmal unter Zwang lesen würde, weil er sie für furchtbar misslungen hielt.
    Einige Minuten und ein Dutzend signierter Bücher später kam Laura mit einem Schuhkarton unter dem Arm wieder. Sie stellte den Karton auf dem gläsernen Couchtisch ab und kramte darin.
    »Das haben wir auf dem Dachboden gefunden«, sagte sie und überreichte Sam einen Teil des Inhaltes. »Gehört das vielleicht Ihnen?«
    Er legte den Stift und seinen Roman Sklaven der Nacht beiseite und besah sich, was Laura ihm gegeben hatte.
    Es waren alte Fotos. Sie zeigten seine Eltern und ihn selbst als kleinen Jungen. Eines vor dem Haus mit seinen Eltern; seine hübsche Mutter schmiegte sich an seinen Vater, der wie immer auf Haltung achtete, ebenso wie auf seinen perfekt geschnittenen Schnauzbart im Stile von Sam Elliot, und Sam frech grinsend vor ihnen stehend. In der genau gleichen Haltung wie sein Vater. Sam konnte sich nicht erklären, warum seine Mutter diese Fotos offenbar vergessen hatte. Beim Umzug hatte sie unzählige Male kontrolliert, ob sie auch ja nichts Wichtiges vergessen hatten. Selbst Sachen die schon lange auf den Müll gehörten, nahm sie mit. Erinnerungen nannte sie es, sein Dad, weniger sentimental, nannte es Tand. Vielleicht behielt Gloria Coleman jede noch so scheinbar unwichtige Kleinigkeit, weil sie nur schweren Herzens von Flagstaff wegging. Doch trotz ihrer Sorgfalt musste Gloria diese wenigen Fotos übersehen haben.
    Dem letzten Foto dieser kleinen Sammlung galt Sams größte Aufmerksamkeit.
    Im Hintergrund konnte Sam den weißen Lattenzaun erkennen, davor hatten Posten bezogen: Madison, Jake, Isaac, Joshua und er selbst. Sie saßen auf ihren Fahrrädern wie eine Gruppe Biker. Sam blickte in die Gesichter dieser stillen Kinder und sah die Freude und das Glück darin.
    Das Polaroid-Foto war auf der Rückseite datiert mit dem 3. Juli 1987. Darunter hatten sie alle unterschrieben. Am unteren Rand war in Sams Handschrift zu lesen: Freunde fürs Leben, Freunde bis in den Tod. Er hatte es noch am selben Abend hingekritzelt.
    Sam bekam Gänsehaut, als er das las und in die stummen Gesichter blickte. Es war das letzte Mal gewesen, dass sie alle so unbeschwert waren. Sie hatten nicht die geringste Vorstellung gehabt, dass dieser Sommer  noch ihr aller Leben für immer und unwiderruflich verändern sollte.
    Sams Augen wurden plötzlich feucht, sein Herz begann sich zu überschlagen

Weitere Kostenlose Bücher