DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
entgegennehme, halte ich sie einen Augenblick fest. »Wenn Ihr zu irgendjemandem davon sprecht, werden mein Leben – und das Eure – nicht die Asche in Eurem Kamin wert sein.«
Er sieht mir in die Augen und wendet sich dann ab. »Und ob ich das weiß«, murmelt er. »Denn dies ist kein Schlafzimmerschlüssel.« Er will seine Hand zurückziehen, aber ich umfasse sie fester.
Ich weiß nicht, warum, doch ich bin erfüllt von einem drängenden Verlangen, diesen schlichten, ehrlichen Mann wissen zu lassen, dass ich zu Anstand fähig bin. »Nicht jeder im Palast unterstützt den Grafen.« Ich lasse all meine Schauspielerei beiseite, damit er die Wahrheit hinter meinen Worten sehen möge.
Er mustert mich für einen Moment aufmerksam, dann nickt er einmal zum Zeichen, dass er verstanden hat.
»Vielen Dank.« Diesmal schenke ich ihm ein aufrichtiges Lächeln und drücke seine Hand. Er blinzelt. »Ich werde Euch und Eure Familie nicht noch einmal in Gefahr bringen, das schwöre ich.«
Erleichterung zeichnet sich auf seinem Gesicht ab und ich lasse den Schlüssel in die Börse an meiner Taille gleiten und gehe davon.
Elf
D’A LBRET UND SEINE M ÄNNER sind noch nicht aus Ancenis wieder da, als wir uns für den Abend zurückziehen. Ich warte eine Zeit lang darauf, dass Jamette und Tephanie mich auskleiden und fürs Bett herrichten. Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Dass Jamette plappert wie eine aufgeregte Elster, trägt nicht gerade dazu bei, dass die Zeit schneller verstreicht. Endlich sind sie mit ihrem Theater fertig und verabschieden sich.
Als ich allein bin, gehe ich zu meiner Truhe und suche unter meinen wenigen Giften nach einem, das gleichzeitig schnell und barmherzig ist, aber ich habe keins. Einige sind sanft, wirken aber langsam, und jene, die schnell wirken, verursachen zu viel Schmerz und Qual, um für einen barmherzigen Mord benutzt werden zu können.
Stattdessen greife ich nach meinem Lieblingsmesser und einem Wetzstein, dann setze ich mich ans Feuer und beginne, die Klinge zu schärfen. Ich weiß immer noch nicht, ob der Gefangene auf einem Pferd sitzen oder eines reiten kann oder ob er überhaupt bei Bewusstsein ist. Wenn er es nicht ist, wird er der Herzogin nicht von Nutzen sein. Zumindest nicht, solange sie nicht seinen toten, gefolterten Körper hat, um ihre Getreuen zum Widerstand anzustacheln.
Er wird nicht Mortains Mal tragen, aber darum kann ich mich nicht länger scheren.
Früher hat mir die Vorstellung Angst gemacht, zu töten, ohne dass ein Mal von Mortain meine Hand leitet, aber jetzt erschreckt mich der Gedanke nicht länger, aus Seiner Gnade zu treten. Vor allem, da das Wenige, was ich über diese Gnade weiß, unbarmherzig ist. Meine größte Furcht war immer, dass ich, sobald ich begänne, aus eigenem Antrieb heraus zu töten statt auf Mortains Geheiß, nicht besser sein würde als d’Albret. Aber im Laufe der letzten paar Tage habe ich begonnen, mich zu fragen, ob es wirklich etwas anderes ist, die Tochter des Todes zu sein als die eines grausamen, sadistischen Mörders. Ich kann kaum einen Unterschied erkennen, also treffe ich in diesem Punkt besser meine eigene Wahl, die, von der ich denke, dass sie am meisten Gutes bewirken wird.
Die Warnungen der Nonnen, dass meine Seele verdammt werden würde, kommen mir wieder in den Sinn, aber eins haben die törichten Nonnen nicht begriffen: Mein Leben ist bereits eine fleischgewordene Hölle, also ist es kein großes Abschreckungsmittel, eine Hölle gegen eine andere einzutauschen.
Als eine geschlagene Stunde verstrichen ist, ziehe ich mich an und trage die Ausrüstung zusammen, die ich ausgewählt habe. Zusätzlich zu dem Nachtschatten und dem frisch geschärften Messer bewaffne ich mich mit zwei weiteren Messern und einem Würgedrahtarmband, außerdem mit meinem tödlichen Kruzifix. Wenn der Ritter heute Nacht sterben muss, dann werde ich mich von dem Kerker direkt in d’Albrets Gemach begeben. Es wird leicht sein, Zutritt zu finden, solange er fort ist. Sobald ich dort bin, werde ich einfach auf ihn warten. Selbst er muss irgendwann schlafen. Und wenn er das tut, werde ich mein Vorhaben ausführen.
Höchstwahrscheinlich werde ich den Versuch nicht überleben, aber zumindest werde ich mich bemüht haben, und das wird wenigstens beweisen, dass die Dunkelheit, die in ihm lebt, nicht auch in mir lebt.
Es ist nicht die Art von Flucht, um die ich gebetet habe, aber es ist eine Flucht.
Als ich meine Tür erreiche, halte ich gerade
Weitere Kostenlose Bücher