Dark Village - Das Böse vergisst nie
Aber das waren vergebliche Träume. Solche wie sie waren für ihn tabu.
„Klar komme ich“, sagte Nick.
6
„Wo warst du eigentlich?“, fragte Trine in der großen Pause.
„Hm?“ Vilde zündete sich eine Zigarette an und warf ihrer Freundin einen Blick über die Feuerzeugflamme zu.
„Heute Morgen, als wir auf dich gewartet haben“, sagte Trine.
Vilde blies den Rauch aus. „Ich war früh dran.“
„Glaub ich dir nicht.“
„Dann nicht“, sagte Vilde. Sie versuchte, so zu tun, als würde es sie nicht interessieren, was Trine dachte, aber sie schaffte es nicht. In ihr brodelte es.
Glaub ich dir nicht, echt jetzt! So what?! Manchmal nervte Trine maßlos. Noch schlimmer als Benedicte. Aber Benedicte war eben nicht ganz normal, sie war so barbiemäßig drauf, dass es beinahe cool war. Und Trine …
Trine war nett und sporty und gut in der Schule – und sie machte gerade so viel Mist mit, dass niemand sie als langwei lig bezeichnen konnte. Trine war anständig, sie war korrekt, an keinem Millimeter von Trine war etwas auszusetzen.
„Was ist denn?“, fragte Trine.
„Was?“
„Stimmt mit meinem Gesicht was nicht?“ Trine fasste sich ans Kinn. „Ist da noch Joghurt?“
„Ich bin zur Viksveen raus. Zu ihrem Haus. Darum war ich heute Morgen nicht da. Ich wollte sehen, ob sie allein von zu Hause aufbricht oder ob sie ihren Lover dabeihat. Ob sie zu sammen zur Schule fahren.“
„Und?“ Trine sah sie gespannt an. Sie war mit der Hand vor dem Mund erstarrt. „Hast du was rausgefunden?“
„Nein.“ Vilde zog an der Zigarette, dass die Glut hell auf leuchtete. „Sie ist allein ins Auto gestiegen und weggefahren.“
„Sonst hast du nichts gesehen?“
„Nix.“
„Du hast sie nicht irgendwie … nackt gesehen? So wie neu lich Abend?“
„Nein.“
Es wurde still. Trine beschäftigte der Anblick der nackten Viks veen auch, dachte Vilde. Sie schaute ihre Freundin an. Trine erwiderte den Blick. Beiden war klar, dass sie an das Gleiche dachten.
Die nackte Synnøve Viksveen. Eine erwachsene Frau – die sie kannten – mit großen Brüsten und einem ausladenden Hintern und bestimmt Unmengen Haaren.
„Es klingelt gleich“, sagte Trine schnell.
„Ja.“
„Ich geh wieder hoch.“ Trine hatte glühende Wangen.
„Ich komme in einer Minute nach“, sagte Vilde. „Rauche nur schnell noch zu Ende.“
„Gut.“
„Du.“ Vilde streckte die Hand aus, berührte ihre Freundin aber nicht. „Sag es den anderen nicht.“
„Nein.“ Trine war immer noch rot. Sie schaute auf ihre Schuhspitzen.
Was ist ihr bloß so peinlich ?, dachte Vilde. Dann sagte sie: „Es gibt nur Krawall, wenn Nora und Benedicte davon erfahren.“
„Mmm.“ Trine nickte.
„Wir behalten es einfach für uns“, sagte Vilde.
„Willst du ihr noch weiter nachspionieren?“, fragte Trine.
„Vielleicht.“ Vilde überlegte. „Doch, ja. Ich glaube, schon. Ziemlich sicher sogar.“
„Cool.“ Trine leckte sich über die Lippen. Sie lachte – irgendwie trocken und seltsam – und dann fragte sie schnell: „Kann ich mitkommen?“
7
Benedicte schwebte über den Pausenhof.
Nick hatte Ja gesagt. Nicht nur zur Party, sondern auch zu ihr. Er hatte Ja gesagt, weil sie ihn gefragt hatte!
Das gute Gefühl hielt an, bis sie nach Hause kam. Dann holte sie die Wirklichkeit wieder ein – Hallo, weißt du noch, wer ich bin? – und schlug ihr ins Gesicht.
Ihre Mutter saß am Küchentisch. Ihr Rücken war so gerade, als wäre sie an eine Eisenstange gefesselt. Sie hielt den Kopf hoch erhoben, dann warf sie ihn zurück. Es sah vollkommen grotesk aus, als wäre ihr Genick gebrochen. Man konnte ihr bis in die Nasenlöcher gucken. Sie faltete die Hände vor sich auf dem Tisch, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Benedicte steckte nur kurz den Kopf zur Tür rein, sagte „Hallo“ und lief zur Treppe in den ersten Stock.
„Be-ne-dic-TEE!“
Mit dem Fuß auf der untersten Treppenstufe blieb Benedicte stehen. Sie holte tief Luft. Wartete. Schließlich machte sie kehrt.
„Wo bist du gewesen?“, fragte ihre Mutter, als Benedicte die Küche betrat. Die ersten beiden Worte zog sie in die Länge, aber den Rest sagte sie ganz schnell, als wäre es ein Wort: Woooo biiist dugewesen?
„In der Schule.“ Benedicte stellte sich vor den Küchentisch.
Langsam löste ihre Mutter die verschränkten Finger und presste die Handflächen auf die Tischplatte, um sich abzustüt zen. Sie konnte kaum die Augen offen halten. Im Gegensatz
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