Darken 2 - Für immer und ewig (German Edition)
duftenden, lockigen Haaren ruhten, so lange, bis sie spürte, dass die Gefühle, die in ihm tobten, ruhiger wurden. Dann sagte sie laut: „Mein Sohn, jetzt schlaf gut.“ Sie nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn auf die Stirn, stand auf und verließ das Zimmer. Draußen setzte sie sich einen Moment auf einen der Sessel im Flur. Warum brachten ihr alle solche intensiven Gefühle entgegen? Warum berührten sie sie plötzlich so stark? Hatte sie sich verändert? Benahm sie sich so anders als früher?
Es dauerte einen Moment , bis ihr bewusst wurde, was sich verändert hatte. Es war nicht ihr Verhalten, es war ihre Wahrnehmung. Früher war sie oft abgespannt und überarbeitet gewesen, geplagt von unverständlichen Träumen, die an ihren Kräften zehrten. Obwohl sie immer ein verschärftes Auge auf Kim und Omma geworfen hatte, hatte sie deren Dankbarkeit, Liebe und Ängste nie so intensiv gespürt wie heute. Inzwischen wusste sie genau, wie andere sich fühlten, und konnte daher besser auf ihre Bedürfnisse eingehen. Dann überlegte sie, wie sie noch vor ein paar Monaten reagiert hätte, wenn jemand wie Freddie die Worte gesagt hätte, die er soeben unten gesagt hatte. Sie hätte alles vor lauter Verlegenheit ins Lächerliche gezogen und ihm im besten Fall mit einem Augenzwinkern unterstellt, dass er nur ein größeres Geschenk abstauben wollte. Hätte darüber gelacht und gesagt: „Ich bin nun mal nicht so schlecht, wie alle glauben!“ oder „Tja, so bin ich eben!“ Ihre angeborene Schlagfertigkeit hätte ihr schon Worte in den Mund gelegt, um ihre Gefühle zu überspielen.
Sie dachte an Darken. Wenn früher ein Mann kam und sie umwarb, dann nahm sie an, er wolle sie nur ins Bett bekommen. Sie hatte einem Mann nie abgenommen, er könne ernsthafte Gefühle für sie haben. Sie hatte allen unterstellt, dass sie sie nur unterwerfen, schwächen und von sich abhängig machen wollten. Etwas in ihr hatte jeden Mann abgewiesen, egal, wie viel Mühe er sich gab, egal, wie aufrichtig er um ihre Gunst warb. Stolz und mit einer für eine Frau ungewöhnlichen Stärke war sie auf die Männer zugegangen, hatte sie mit ihrer Unnahbarkeit immer in kürzester Zeit in die Flucht geschlagen und sich wohl dabei gefühlt. Was es in ihrem Leben zu tun gab, das konnte sie alleine tun, was es zu entscheiden gab, entschied sie allein. Bot ihr ein Mann seine Schulter an, damit sie sich daran anlehnte, dann schien etwas in ihr immer eine Waffe in seiner Hand zu vermuten. Irgendetwas in ihr hatte es abgelehnt, sich ihrer Weiblichkeit hinzugeben.
Sie erinnerte sich daran, was sie empfunden hatte, als die Wahrsagerin Claire sie als Göttin und Geschenk bezeichnet hatte. Verlegenheit und Glück, aber keine Überraschung. Dann erinnerte sie sich an ihre erste bewusste Geistreise in Rom, als sie Darken suchte und fand, der in seinem Haus am Fenster stand. Als sie seine Gedanken erspürte, in denen er sich nach ihr verzehrte, wie groß seine Angst gewesen war, sie zu verlieren. Sie spürte sein Verlangen nach ihr und sie spürte, dass sich ihr eigener Geist nach ihm sehnte, mit einer Macht, die sie nie zuvor bei einem anderen Mann gespürt hatte. Seine Zerrissenheit zwischen nahezu unbesiegbarer Stärke und absoluter Schwäche hatte sie dazu bewegt, zurückzukommen. Ohne die Klarheit, die ihre Gabe ihr verlieh und ohne ihre eigene Bereitschaft, zu begreifen, wie sie mit ihrer eigenen Macht umzugehen hatte, wäre sie ihm entweder nie wieder begegnet oder hätte in ihm immer nur den Feind gesehen, der sie kontrollieren wollte. Sie wäre immer auf der Hut und nie ganz frei gewesen. Das Gute, die Weißmagie und das Wissen um den langen Weg, den ihre Seele bereits gegangen war, hatten immer tief in ihr geschlummert, hatten sie zu dem gemacht, was sie heute war. Darkens Königin.
Sie stand auf und schlüpfte noch einmal ohne anzuklopfen in Kims Zimmer. Sie lag stumm in ihrem Bett. Sirona wollte gerade wieder die Tür schließen, als Kim fragte: „Mama?“
„ Ja!“
„ Kannst du noch mal kommen?“
„ Ja, mein Schatz!“ Sirona schlüpfte im Dunklen in das Zimmer, suchte nach Kims Hand und schon lag Kims Kopf auf ihrem Schoß. Sirona streichelte ihr die Haare aus dem Gesicht.
„Woher kennst du eigentlich Matthea?“
A h ja, jetzt kam die Fragestunde, auf die Sirona bereits gewartet hatte. Erleichtert stellte sie fest, dass sie im Unterbewusstsein ihrer müden Tochter keinerlei Eifersucht entdecken konnte, keine Befürchtung, von der
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