Darkover 06 - Die Flamme von Hali
dass unwillkürliche Gedanken oder Traumfragmente ihn verrieten. Später hatte er herausgefunden, dass diese Isolation es ihm ermöglichte, sich nicht ständig als ein anderer ausgeben zu müssen, sondern eine gewisse Erholung zu finden, ein wenig Zeit, in der er sich entspannen könnte. Darüber hinaus hatte er nur mit Dyannis solchen Frieden gekannt.
»Ich danke Euch für Eure Fürsorge, Vai Leronis «, sagte Eduin, »aber ich fürchte, dass nicht einmal Eure Magie ihm noch helfen kann.«
Eine Spur von Angst huschte über ihre Züge und wurde schnell unterdrückt. »Dann muss ich sofort nach ihm sehen.«
Callina beugte sich über Saravio. Sie machte sich daran, seinen Zustand auf ordentliche, kompetente Weise zu überwachen, obwohl dies eindeutig nicht ihre Stärke war. Es wäre kein Problem, wenn sie dabei auf Spuren von Naotalba stieß - falls solche denn noch in der Leere von Saravios Geist vorhanden waren -, denn er hatte häufig von Zandrus Braut gesprochen. Und Eduin brauchte auch die Entdeckung dessen, was er selbst getan hatte, nicht zu fürchten. Immerhin hatten auch die Bewahrer von Hestral und Hali, die erheblich fähiger gewesen waren als diese junge Leronis , nie auch nur eine Spur dessen bemerkt, was sein Vater ihm angetan hatte. Was das anging, war er sicher.
Callina arbeitete langsam und sorgfältig und hielt häufig inne, um noch tiefer vorzustoßen. Schließlich seufzte sie und lehnte sich zurück. »Ich fürchte, Ihr habt Recht. Ich würde nach Tomaso schicken, unserem Überwacher im Turm hier, aber ich glaube nicht, dass er noch etwas tun könnte.«
»Ihr besteht nicht auf einem Arzt?«, fragte Eduin und runzelte die Stirn.
Sie lächelte ein wenig traurig und schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann verstehen, wieso Ihr das nicht wollt. Ich werde allerdings mit Eurer Erlaubnis Lady Romilla informieren, damit sie sich vorbereiten kann.«
Eduin nickte zustimmend. Bevor sie ging, stellte Callina den telepathischen Dämpfer neben Saravios Bett und schaltete ihn ein. Eduin spürte die vertraute, alles überdeckende Stille. Nachdem er lange ohne ein solches Gerät ausgekommen war, fühlte es sich nun an, als wäre er plötzlich halb blind und halb taub geworden.
40
Eduin erwachte heftig schwitzend. Er glaubte, geträumt zu haben, oder vielleicht war er auch in der Überwelt gewesen, aber er wusste nicht, warum. Er erinnerte sich an Feuer und Asche und das schreckliche Gefühl zu ersticken. Mühsam setzte er sich auf und riss die Decken weg, die sich um ihn gewickelt hatten. Als er tief Luft holte, einen keuchenden Atemzug nach dem anderen, kam es ihm so vor, als wäre seine Brust brüchig geworden, ein Käfig aus Zweigen, und als könnte das heftige Schlagen seines Herzens sie jederzeit zum Bersten bringen.
Der Alptraum war wohl dadurch bewirkt worden, dass er innerhalb des Feldes eines telepathischen Dämpfers geschlafen hatte. Er hatte so lange keinen besessen, dass es Zeit brauchen würde, bis sein Körper und sein Geist sich wieder an das Gerät gewöhnt hatten. Aber so unangenehm die Auswirkungen im Augenblick auch waren, sie würden bald vergehen.
Aus dem Licht, das durch das schmale Fenster fiel, schloss er, dass es bereits Vormittag sein müsste. Er hatte länger geschlafen als geplant, aber in dieser Jahreszeit langer Tage und lange anhaltenden Zwielichts war das nicht wichtig. Er würde viel Zeit haben zu tun, was an diesem Tag getan werden musste.
Gähnend zog er sich an. Am Abend hatte ein Diener seine Kleidung abgeholt, sie gewaschen und gefaltet, und nun lag alles ordentlich auf der kleinen Truhe. Das Hemd roch nach süßen Kräutern. Er drückte es einen Augenblick an sein Gesicht und erinnerte sich an Zeiten, in denen er solche kleinen Freuden für selbstverständlich gehalten hatte - saubere Kleidung, ein warmes Bett, gut zubereitetes Essen. Manchmal war ihm während der langen Jahre des Versteckens schon ein Rest schimmliges Brot und der jämmerliche Schutz einer halb eingestürzten Mauer wie Luxus vorgekommen.
Varzil, es war Varzil, durch den er stets alles Gute und Helle aus seinem Leben verloren hatte.
Ich habe überlebt. Das ist alles, was zählt. Sobald Varzil tot und Carolins Herrschaft beendet ist, werde ich nie wieder an diese Jahre denken müssen .
Saravio war immer noch am Leben, obwohl er so tief schlief, dass er sich nicht einmal rührte, als Eduin ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn sanft
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