Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Wahrscheinlich liegt es an der Hitze.
Eine Bank steht etwas abseits am Fuße einer breiten Eiche. Ich flüchte in das kühle Zwielicht des Blattwerks und schließe die Augen, wische den Schweiß aus meinem Gesicht. Eine Zeit lang glaube ich, die Blicke noch zu spüren, dann scheinen sie mich vergessen zu haben.
Schritte knirschen auf Kies, Gesprächsfetzen ziehen vorbei, der Springbrunnen plätschert. Über mir zwitschert ein Vogel. Mein Verstand dämmert dahin. Gedanken tauchen auf, versinken im Nass des Teiches, flüchtig wie Seifenblasen.
»Ist Ihnen nicht wohl, Sir?« Die Stimme ist weit weg. »Sir? Können Sie mich verstehen?«
Ich öffne die Augen. Ein alter Mann steht vor mir, berührt meine Schultern.
»Ich bin … ich bin wohl eingeschlafen«, sage ich.
Der Alte nickt und entblößt einen fast zahnlosen Mund. »Das liegt an der Hitze«, sagt er und setzt sich schwerfällig neben mich. »Diese verfluchte Hitze …! Jedes Jahr wird es schlimmer.« Er sieht mich an. »Sie sind nicht aus der Gegend.«
Es ist eine Feststellung, keine Frage, trotzdem nicke ich. Und der Alte nickt ebenfalls.
»Habe ich mir gleich gedacht«, sagt er. »Mein Name ist Amos Gardener. Ich wohne unten an der Ash Tree Lane, knapp eine halbe Meile von hier.« Die knochige Hand zeigt über seine Schulter. »Seit 73 Jahren wohne ich dort. Schon lange bevor es die Ash Tree Lane überhaupt gab, lange vor dieser Stadt.« Wieder sieht er mich an. »Gibt es einen Grund, warum Sie in den Park gekommen sind?«
»Ich bin Reporter«, sage ich. »Ich schreibe für die ›Porterville Times‹.«
Er beugt sich zu mir herüber. »Und worüber schreiben Sie?«
»Das weiß ich noch nicht genau«, sage ich und wische mit dem Taschentuch über mein Gesicht. »Manchmal braucht es etwas, bis man eine Story erkennt.«
Der Alte lehnt sich wieder zurück und schaut auf den Park hinaus.
»Wir haben Getreide angebaut«, sagt er nach einer Weile. »Meine Söhne und ich. Und meine Frau natürlich. Kühe hatten wir auch. Damals, bevor Porterville gegründet wurde. Eines Morgens im Frühjahr kamen drei Männer in feinen Anzügen zu uns. Sie wollten mir das Land abkaufen. Sie boten mir einen guten Preis, aber ich wollte nicht verkaufen. Also boten mir die Männer einen noch besseren Preis. Schließlich drohten sie mir sogar. Ich solle daran denken, was für meine Familie am besten sei. Ich habe trotzdem nicht verkauft.« Er faltet die Hände, atmet aus. »Dann kam die Stadt. Auf einmal war sie da, von einem Tag auf den anderen. Und sie wuchs mit einer schier unglaublichen Geschwindigkeit. Die Stadt wuchs, und die Pflanzen verdorrten – obwohl es genug regnete. Die Kühe fraßen nicht mehr richtig, sie schliefen auch kaum noch. Sie waren irgendwie … ruhelos. Wir konnten nichts dagegen tun. Tiere spüren so etwas. Als die erste Kuh starb, verkauften wir die anderen. Aber wir bekamen nicht mehr viel für sie, sie waren zu dürr. Die Ernte brachte kaum genug ein, um den Winter zu überstehen. Dann erkrankte meine Frau. Sie aß kaum noch, wurde immer schwächer. Und sie konnte nicht mehr schlafen. Es war genauso wie bei den Kühen. Der Arzt sagte, sie habe eine Lungenentzündung, und es läge an dem hohen Fieber. Aber ich weiß es besser. Es lag an dem Boden. Der Boden ist vergiftet. Die Stadt breitete sich aus, und mit ihr das Gift im Boden.« Er macht eine Pause. »Meine Frau starb im Frühjahr. Meine Söhne gingen nach Cleveland. Sie führen jetzt ihr eigenes Leben. Ich blieb, und die Stadt, sie verschluckte mich. Ich bin jetzt ein Teil von ihr.« Er steht auf, wischt die Hände an seiner Hose ab. »Bitte verzeihen Sie einem alten Mann, dass er Ihre Zeit gestohlen hat.«
»Das haben Sie nicht, Mr. Gardener«, sage ich.
Er nickt. »Sie sollten wiederkommen, wenn es dunkel ist. Wenn der Park geschlossen ist. Nachts kommen Pärchen hierher, manchmal auch verheiratete Männer. Stadtbekannte Persönlichkeiten, erzählt man sich. Vielleicht finden Sie dann Ihre Story.« Er schaut zur Statue hinauf. »Passen Sie auf sich auf.«
Als ich in der Ferne das vertraute Klappern der Holzkassetten vernehme, sammelt sich das Licht der Welt bereits im Westen. Terry kommt näher getrottet. Er sagt, er habe mich die ganze Zeit über gesucht. Dann sei dies ein geeigneter Platz zum Warten, entgegne ich. Außerdem habe man von hier einen guten Blick auf den Park und das Tor. Terry versteht nicht. Ich sage ihm, dass er nach Hause gehen könne, seine Arbeit sei erledigt, die
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