Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Das war ein schwerwiegendes Vergehen, aber unsere Flucht verschlimmerte die Lage nur noch.
Es war dieser Kerl mit dem brutalen Gesicht, der uns in der Kanzlei verfolgt hatte. Er machte mir deutlich, dass es um mehr ging, als um einen Verstoß gegen die Reisevorschriften. Dieser Mann hatte keine Skrupel, auf Befehl zu töten. Da war ich mir sicher.
»Ich glaube dir«, sagte ich zu Christine und strich ihr sanft über die Wange.
An der nächsten Haltestelle verließ die Mutter mit ihrer Tochter den Bus. Niemand stieg hinzu.
Auf der weiteren Fahrt waren wir so intensiv ins Gespräch vertieft, dass ich erst aufmerksam wurde, als der Bus von der Straße abbog und über eine Bodenwelle rumpelte. Der Fahrer lenkte den Bus über einen holperigen Schotterweg geradewegs auf den Cale River zu. Ich sprang auf und lief nach vorn. Der Fahrer hockte in seiner gläsernen Kabine und stierte über sein Lenkrad hinweg.
»Hey! Was soll das?« Ich hämmerte gegen die Scheiben. Er ignorierte mich und steuerte das Fahrzeug weiter auf den Fluss zu.
Eine Falle! In Porterville konnte man nicht flüchten ... sich nirgendwo verkriechen.
Der Weg verwandelte sich in eine steile Rampe. Jetzt wusste ich, wo wir waren. Vor uns befand sich die Einfahrt zur Cale-Röhre! Jemand musste die Absperrungen beseitigt haben.
Vor etwa fünf Jahren war ein Bautrupp aufmarschiert. Im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums. Es hieß, die Brücken über den Fluss seien nicht sicher genug, um im Falle eines Terrorangriffs Nachschubwege für das Militär zu gewährleisten. Also wollte man den Cale River untertunneln.
Die Herren von Porterville ließen die Arbeiter einige Zeit gewähren, dann kam es plötzlich zu so schwerwiegenden Unfällen, dass man das Vorhaben abblies und die Röhre 20 Meilen weiter nach Norden verlegte. In Porterville blieb ein Tunnel von gerade mal 50 Meter Länge. Und genau dort fuhren wir hinein.
Der Bus stoppte. Die Dunkelheit war nicht so allumfassend, wie es zunächst den Anschein gemacht hatte. Das Tageslicht, das durch die Tunnelöffnung drang, reichte aus, um den Fahrer als Silhouette in seiner Kabine auszumachen. Schweigend ... wie erstarrt.
Vergeblich versuchte ich, die Türen zu öffnen.
Ich wartete auf unsere Jäger. Den Kerl mit der Schlägervisage. Wir hatten verloren. Christine schrie auf. Sie deutete mit zitternder Hand in das trübe graue Licht, das sich gegen die Scheiben drängte.
»Da ... war etwas!« Sie verbarg ihr Gesicht an meiner Schulter. »Kein Mensch«, schluchzte sie. »Niemals!«
Ich hörte eine Bewegung hinter der Bustür.
Bei Christine übernahm der Instinkt das Ruder. Meine Schwester warf sich auf eine Sitzbank, das Gesicht zur Wand gekehrt und krümmte sich zu einer Kugel zusammen. Sie legte die Hände über den Kopf und drückte die Augen so fest zu wie ein Kind in namenloser Angst.
Ich spähte nach draußen. Etwas bewegte sich dort. In seiner kränklich blassen Farbe hob es sich schemenhaft von der dunklen Umgebung ab.
Die Tür öffnete sich. Luft wehte in einem jähen Schwall hinein. Sie roch nach Flusswasser. Feucht und faulig. Jemand schwang sich ins Innere des Fahrzeugs. Wie auf ein geheimes Kommando schaltete sich im Bus die Notbeleuchtung ein. Sie reichte gerade aus, um der Gestalt vor mir ein Gesicht zu geben.
»Ich habe eine zweite Chance bekommen«, sagte der Kellner und lächelte gezwungen. Er blickte kurz durch die geöffnete Tür, als würde er von dort beobachtet. »Nehmen Sie bitte das Ding runter.« Der junge Kellner zeigte auf den Metallstab in meiner Hand.
»Was wollen Sie? Für wen arbeiten Sie?«, fuhr ich ihn an.
Hinter meinem Rücken richtete sich Christine auf und atmete in kurzen nervösen Atemzügen.
Der junge Mann reichte mir einen Briefumschlag. »Ich bin nur der Überbringer einer Botschaft, Mrs. McFaden.« Er wandte sich um und ging.
»Warten Sie!«, rief ich ihm nach. »Was geschieht jetzt mit uns?«
Er zuckte nur mit den Schultern und stieg aus. Ich hörte ihn draußen etwas sagen, konnte aber die Worte nicht verstehen.
Hatte der Fahrer vergessen, die Tür hinter ihm zu schließen, oder war es Absicht?
Ich zögerte nicht länger, riss Christine von ihrem Sitz und flüchtete aus dem Fahrzeug. Im Inneren der Cale-Röhre war es eiskalt. Irgendwo tropfte Wasser in einem monotonen Rhythmus.
Christine klammerte sich an mich.
»Was ... was ist ... wenn dieses Ding noch hier ist?«, stammelte sie.
»Du wirst es dir nur eingebildet haben«, versuchte ich,
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