Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
worden.
Dahinter verbarg sich etwas. Etwas, das garantiert nicht nur aus leeren Buchbänden bestand.
Christine zögerte eine Sekunde und drückte dann die Klinke. Die Stahltür war nicht verschlossen.
»Oh!«, entfuhr es meiner Schwester.
Eine Halle. Mindestens 300 Quadratmeter groß. Mit mehreren Reihen gläserner Kästen, von denen hauchdünne Kabel zu matt glänzenden Geräten an den Wänden führten.
Ich blickte in das Innere des ersten Behälters. Er war leer. Bis auf ein winziges Kissen. Ein Brutkasten.
Madame Rose hatte recht. An diesen Ort wurden die Babys gebracht. Aber jetzt waren die Kästen verwaist. Bis auf ...
Ich hörte zuerst die leise Melodie. Dann entdeckte ich, dass an einem Gerät Kontrollleuchten blinkten.
»Stanley!« Christine war so außer sich, dass sie im Laufen beinahe gestürzt wäre.
Ein Baby mit rosiger Haut. Schlafend. Unter Glas. Und von der Decke baumelte ein Mobile. Dort drehten acht winzige grüne Plüschmonster ihre endlosen Runden zu der lieblichen Melodie eines Kinderliedes.
Ich versuchte zu verstehen, was hier geschah. Warum war auf einmal alles so einfach? Wann stürzten unsere Verfolger aus ihren Verstecken? War Christines Wiedersehen mit ihrem Kind inszeniert? Eine besonders perfide Folter, ehe sie zuschlugen?
Christine hatte den gläsernen Kasten geöffnet und wiegte ihr Baby in den Armen. Tränenströme rannen über ihr Gesicht. »Es geht ihm gut! Es ist alles in Ordnung!«
Ich betrachtete meine Schwester in diesem Moment unendlichen Glücks und schluchzte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich die stählerne Tür lautlos schloss. Es war also genau das, was ich vermutet hatte: eine Falle. Eine unnötige Qual. Sie würden Christine das Baby entreißen. Eine bloße Demonstration allumfassender Macht.
Stille. Der kleine Stanley gab ein leises Glucksen von sich. Die Realität schien wie eingefroren, und ich hätte beinahe geschrieen: »Na los! Holt uns endlich!«
Sie kamen nicht.
Am anderen Ende der Halle öffnete sich eine zweite Tür. Jemand führte uns wie Versuchsratten durch sein Labyrinth. Christine sah mich fragend an. Ich gab ihr ein Zeichen, mir zu folgen. Ich würde sie und Stanley bis aufs Blut verteidigen.
Zuerst spürte ich die Kälte, als ich den angrenzenden Raum betrat. Die Temperatur musste unter dem Gefrierpunkt liegen. Die Wände strahlten ein grünliches Licht aus. Mein Blick fiel auf das Rolltor in der gegenüberliegenden Wand. Groß genug, um einen Truck zu entladen. Dann erst entdeckte ich die drei entblößten menschlichen Körper. Sie waren in transparente Folie gewickelt worden. Ihre Größe ließ auf zwei Erwachsene und ein Kind schließen.
Christine verharrte auf der Stelle, drückte Stanley an sich und beobachtete mich mit großen Augen. Aus irgendeinem Grund wollte man uns diese Leichen zeigen.
Ich trat näher. Unter den Folien zeichneten sich deutlich die Gesichtszüge der Toten ab. Ein Mann, eine Frau ... ein kleines Mädchen. Es war entsetzlich entstellt. Ein gewaltsamer Tod verleiht dem Verstorbenen keine entspannten Züge ... und dennoch konnte ich die drei Menschen identifizieren. Es war die Familie Furnier.
Angeblich hatten sich die Eltern aus Gram über den Verlust ihres einzigen Kindes vergiftet. Aber die Körper der beiden Erwachsenen wiesen jeweils ein identisches Einschussloch auf. In der Mitte der Stirn.
Es erschien mir wie eine Hinrichtung. Eine Beseitigung von Störenfrieden, die die Stabilität von Porterville gefährden konnten. Und den Ruf der einflussreichen Familie von Colin Petrescu.
Ich hätte niemals gedacht, dass sie so vorgehen würden.
An jede der Leichen war ein in Plastik verschweißter Vermerk geheftet. Er informierte über Name, Alter, Herkunft.
Sie waren mit einem handschriftlichen Kürzel versehen: H-K-B.
Für einen Moment wurde mir erneut schwarz vor Augen. Ich tastete nach Halt. Meine Hand glitt dabei über einen eiskalten Leichnam. Das Kürzel stand für Howard Kenneth Brenner. Der Mann, den ich in den letzten elf Monaten geliebt hatte. Der mich und meine Schwester ohne Zögern an die Sicherheitsorgane verraten hatte.
Deshalb war er gemeinsam mit Sheriff Parker auf dem Foto in der ›Porterville Times‹ abgebildet gewesen. Die Kanzlei ›Macintosh & Partner‹ hatte den Fall abgewickelt. Vielleicht hatte Howard Mr. und Mrs. Furnier sogar eigenhändig den Pistolenlauf an die Stirn gesetzt.
Warum ... warum aber sollte ich diese grauenhaften Dinge erfahren? Musste an deren Ende nicht
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