Darkyn 07 – Am Ende der Dunkelheit
wie wir es erwarten, aber so ist es nun einmal in dieser Gesellschaft –«
»Wann hast du das letzte Mal erlebt, dass ich einen Tag durchgeschlafen habe, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang?«, verlangte Robin zu wissen. »Mit einer Sterblichen in meinem Bett?«
»Niemals«, gab Will zu.
»Genau.« Rob schob grob die Arme in die Ärmel des zweiten Hemdes. »Sie hat etwas mit mir angestellt, diese Frau. Ich werde herausfinden, was genau es war.«
»Sie konnte Euch weder unter Drogen setzen noch vollkommen erschöpfen«, sagte sein Seneschall, während er das zerrissene Hemd vom Boden aufsammelte. »Kann es sein, dass sie Euch glücklich gemacht hat?«
Robin drehte sich zu ihm um. »Wirke ich im Moment glücklich?«
»Nicht im Mindesten, Mylord. Vergebt mir, dass ich etwas anderes behauptet habe.« Wills Funkgerät summte. Er drückte den Antwortknopf und sprach hinein. »Was ist los, Sylas?«
»Eine italienische Dame ist gekommen, um mit unserem Meister zu sprechen«, erklärte der Wachmann. »Sie hat erklärt, ihr Name wäre Contessa Salvatora Borgiana.«
Robin nickte.
»Führ sie ins Empfangszimmer«, antwortete Will. »Unser Meister wird bald bei ihr sein.« Er schaltete das Funkgerät aus. »Habt Ihr den Besuch der Contessa erwartet?«
»Ich wusste nicht einmal, dass sie sich in Amerika aufhält.«
Robin hatte gerade überhaupt keine Lust, die Witwe eines Suzeräns zu empfangen, aber die Gebräuche der Kyn ließen ihm keine Wahl. Die Contessa war verpflichtet, ihm ihre Aufwartung zu machen, wenn sie sein Territorium betrat, und es war seine Pflicht, sie willkommen zu heißen – und herauszufinden, was sie wollte.
Und danach würde er sich um Chris kümmern.
Sein Seneschall wirkte nachdenklich. »Sie könnte von der Bruderschaft aus Italien vertrieben worden sein, wie es in diesen letzten Monaten so vielen geschehen ist. Soll ich Räume für sie und ihre Männer herrichten lassen?«
»Sylas und Bergen können sich um ihre Bedürfnisse kümmern«, sagte Robin, während er die letzten Knöpfe an seinen Manschetten schloss. »Du hast andere Arbeit. Geh. Ich will vor Sonnenaufgang alles wissen, was du über diese Sterbliche herausfinden kannst.«
5
In den Vororten von London geleitete Michael Cyprien seine Sygkenis , Alexandra Keller, von ihrer Limousine zu dem Paar, das auf den Marmorstufen des Barockherrenhauses auf sie wartete. An ihrem verschlossenen Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass sie ein wenig nervös war, und so hielt er ihre Hand in seiner.
»Rieche ich Aprikosen?«, flüsterte sie.
»Geoffrey hat einen ganzen Obsthain und stellt bis zum Überquellen mit Früchten gefüllte Schüsseln überall im Haus auf«, murmelte Michael zurück.
»Wofür?«
Er fragte sich, ob sie niemals die Körbe voller Lavendel bemerkt hatte, die Philippe auf seine Anweisung hin in ihrem Zuhause in New Orleans verteilt hatte. »Ich nehme an, dass er den Geruch mag.«
»Seigneur, willkommen in meinem Territorium, unserem Zuhause und in England.« Geoffrey, der Suzerän von London, trat vor und faltete seinen großen, knochigen Körper zu einer Verbeugung, die an jedem anderen Kyn theatralisch gewirkt hätte.
»Suzerän, ich bin überglücklich, hier zu sein.« Michael erwiderte die Verbeugung, indem er die Hand ausstreckte. »Es ist zu lange her, Geoff. Lady Braxtyn.« Er drehte sich ein wenig und verbeugte sich vor der Dame neben dem Suzerän. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, bewunderte er den kunstvoll drapierten Sarong aus blau-grünem Batikstoff und den eleganten Faltenwurf des leuchtend grünen Schals, den sie um den Kopf trug. »Eure Schönheit blendet mich, meine Dame, wie immer.«
Freude leuchtete in ihren dunklen Augen. »Es ist wundervoll, Euch hier bei uns zu haben, Seigneur.«
»Du hättest zu uns kommen sollen, nachdem du Dundellan belagert hast«, meinte Geoffrey und zwinkerte dabei schamlos mit den Augen. »Aber du machst es wieder gut, indem du mir einen himmlischen Engel bringst.«
Michael wurde es nie müde zu beobachten, wie seine Geliebte mit seinen ältesten Freunden unter den Kyn zusammentraf. Zuerst hatte es ihn im Geheimen amüsiert zu sehen, wie seine Sygkenis damit umging, mit blumigen Komplimenten überschüttet zu werden, meist für ihre Schönheit und Grazie. Alexandra, eine durch und durch moderne Frau, hatte nie gelernt, Komplimente für etwas anderes als ihre medizinischen Fähigkeiten entgegenzunehmen. Zu hören, dass sie die Locken einer Waldnymphe oder
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