Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
solche Dinge. »Würden Sie mir erlauben, es für Sie zu leihen und es Ihnen nach Hause zu schicken?«
Es entstand ein kurzes Schweigen. »Das kann ich nicht von Ihnen verlangen.«
»Es wäre mir ein Vergnügen«, sagte er zu ihr, »und ich könnte sicherstellen, dass Ihr Kostüm zu meinem passt. Oder vielleicht halten Sie mich für eitel, weil ich das vorschlage?«
»Nein, ich finde, das ist eine wunderbare Idee. Ich werde Ihnen die Kosten natürlich erstatten.«
Er hätte beinahe gelacht, doch dann fiel ihm ein, dass moderne Frauen oft darauf bestanden, nicht eingeladen zu werden. »Wie Sie meinen.«
»Wunderbar. Ich sehe Sie dann am Einunddreißigsten. Vielen Dank für den Anruf und dass Sie sich nach mir erkundigt haben.«
»Bis dann, Miss Shaw.« Jaus beendete das Telefonat und verfluchte sich dafür, dass er ein so unglaublich großer Idiot war.
»Meine Herren, was würde ich gerne Deutsch verstehen. Oder war das Österreichisch?« Alexandra Keller schloss die Bürotür hinter sich. »Das klang sehr ernst.«
»Das war es.« Jaus warf ihr einen Blick zu. »Womit kann ich Ihnen dienen, Mylady?«
»Sie haben wahrscheinlich noch nicht gesehen, wie wir Ihre Hochzeitssuite verwüstet haben.« Alex ließ sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen. »Was ich damit sagen will, ist, ich bin keine Lady. Also können Sie mit dem Theater aufhören.« Sie nahm das gerahmte Foto von seinem Schreibtisch und betrachtete es. »Süßes Baby. Kann nicht von Ihnen sein. Jemand, den ich kenne?«
»Nein.« Er nahm ihr das Bild wieder ab und legte es in seine Schreibtischschublade. »Was kann ich für Sie tun, Dr. Keller?«
»Mir sagen, was Jema Shaw mit den Kyn zu tun hat. Ich weiß bereits, dass sie nebenan wohnt und Sie ihr seit dreißig Jahren zum Geburtstag Blumen schicken.« Sie lächelte, als er sie anstarrte. »Sacher hat kein Wort gesagt. Es war der Junge.«
»Sie interessieren sich sehr für meine Privatangelegenheiten«, sagte Jaus verärgert.
»Ich interessiere mich sehr für alles, was dafür gesorgt haben könnte, dass ich beinahe zerquetscht worden wäre wie eine Tomate, die man vom Sears Tower wirft«, erklärte sie ihm.
Er hätte diese Frau umbringen sollen, als sie noch menschlich genug war, um zu sterben. »Miss Shaw und ihre Mutter sind seit dreißig Jahren meine Nachbarn. Ich schicke Miss Shaw aus Höflichkeit an ihrem Geburtstag Blumen.«
»Man schickt aus Höflichkeit Blumen zu einer Beerdigung.« Alex lächelte. »Einer wunderschönen Frau schickt man Blumen zum Geburtstag, um ihr zu sagen, dass man sie mag. Wie sehr mögen Sie Jema Shaw, Valentin?«
Er hatte es noch nie jemandem erzählt. Sacher hatte es vermutlich erraten – der alte Mann war erstaunlich intuitiv, wenn es um Jaus’ Gefühle ging –, aber niemand wusste es. Jaus hatte nicht vor, es jemandem zu erzählen, bis er die Worte hörte, die aus ihm herausflossen in das, was ein würdevolles, vornehmes Schweigen hätte sein sollen.
»Es geschah an ihrem ersten Geburtstag, am späten Nachmittag«, erzählte er Alex. »Jemas Kinderfrau war mit ihr auf die Wiese zum Spielen gegangen und im Schatten einer der dicken Eichen eingeschlafen. Jema lief weg. Damals stand die Mauer um Shaw House noch nicht. Irgendwie kam das Kind an meinen Wachen vorbei auf mein Grundstück. Ich fand sie weinend im Garten. Sie hatte einen der Tische umgeworfen, und die Glasplatte war zersprungen. Sie saß mitten in den Scherben.«
Jaus erinnerte sich noch daran, wie laut Jema geschrien hatte, und an den Zustand, in dem er sie in seinem Kameliengarten gefunden hatte, die Hände blutig, das kleine Gesicht nass vor Tränen und Schleim. In dem Moment, in dem sie ihn sah, streckte sie ihre kleinen Arme nach ihm aus. Es hatte ihn getroffen wie ein Faustschlag. Niemand hatte jemals die Arme nach Valentin Jaus ausgestreckt.
»Ich kannte Jema damals noch nicht und hatte keine Ahnung, dass sie die Tochter meiner Nachbarin Mrs Shaw war. Ich wusste nur, dass Meryl im Rollstuhl saß und durch einen Unfall in Griechenland ihren Mann verloren hatte.«
Er erzählte Alex, wie er Baby Jema aus dem Chaos gehoben und sie in sein makelloses, kinderfreies Heim getragen hatte. Wie er die Scherben aus ihren Händen entfernt und die Wunden gereinigt hatte, wie er frische Kleidung, ein Bad und eine Flasche mit warmer Milch für sie organisiert hatte.
»Ich ließ nicht zu, dass sich ein anderer um sie kümmerte oder sie mir abnahm.« Er war immer noch nicht sicher, warum er
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