Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
die schöne Lady. » Wollen wir uns mal deine Braut ansehen, die du dir aus New York mitgebracht hast. « Sie schenkte Tante Mame ein zauberhaftes Lächeln und streckte ihr elegant die rechte Hand hin. » Guten Tag, Mrs. Beau. Ich bin Sally Cato McDougall. Da haben Sie sich einen ganz schön wilden Hengst geangelt, aber ich wette, eine Frau, die so gut aussieht wie Sie, wird ihn wohl zu bändigen wissen. «
Tante Mame strahlte vor Freude. » Aber Beau, warum hast du mir nichts von Miss McDougall erzählt? Sie ist einfach hinreißend! « Die beiden lachten vergnügt, und dann fingen auch die übrigen Gäste wieder zu plappern an– mit der lärmigen Erleichterung und dem Gefühl der Erlösung, die sich in einer Menschenmenge einstellt, wenn eine Katastrophe gerade eben noch abgewendet werden konnte.
Das Mittagessen wurde angekündigt, quittiert mit einem Rülpser von Mrs. Burnside, danach begann das eigentliche Grillfest.
Tante Mame hatte einen gesellschaftlichen Sieg bei der Verwandtschaft errungen. Alle hielten sie für die » allercharmanteste « Yankee-Lady, die sie je kennen gelernt hatten, und so überschwänglich fiel ihr Lob aus, dass Mrs. Burnside für die nächsten drei Tage an ihr Bett gefesselt war. Tante Mame war hocherfreut über ihren Erfolg und ging voll und ganz darin auf, die vielen Einladungen dankend anzunehmen, die sie von diversen Verwandten erhalten hatte. Doch es war Sally Cato McDougall, die sie von allen aus Richmond County am einnehmendsten fand. Und einnehmend war sie. Die Tatsache, dass Sally Cato Onkel Beaus ehemalige Verlobte war und, abgesehen von einem viereckigen fünfkarätigen Diamanten, leer ausgegangen war, als Mame und Beau durchgebrannt waren, störte sie nicht besonders. Tante Mame war selbst mehrere Male verlobt gewesen, und sie verstand, dass solche Dinge » eben passierten « . Von Sally Catos Existenz erfuhr sie erst auf dieser Grillparty, sie konnte daher schlecht das Gefühl haben, dass Sally Cato hinter ihrem Rücken ihr den Schatz weggenommen hatte.
Auch Sally Cato verhielt sich überaus liebenswürdig gegenüber Tante Mame, und nach einer Woche waren die beiden ein unzertrennliches Paar. Sally Cato war im Norden zur Schule gegangen und hatte gelernt, sich in einer anständigen Sprache auszudrücken, sie war zweimal in Europa gewesen, und sie war die gebildetste Fünfundzwanzigjährige, die Tante Mame je kennen gelernt hatte. Außerdem hatte sie eine unverblümte, ehrliche Art, die jeden bezauberte. In allem, was sie tat, war sie ausgezeichnet– Schwimmen, Tanzen, Autofahren, Golf, Tennis und Bridge, ihre Lieblingsbeschäftigungen jedoch waren das Reiten und die Jagd.
Am Tag nach der Grillparty hielt der grüne Packard Roadster morgens mit quietschenden Reifen vor dem Brautgemach, und Sally Cato, frisch und liebreizend, kam auf die Terrasse gesprungen, wo Tante Mame und ich gerade unsere allmorgendliche Plauderstunde abhielten. » Guten Morgen, alle, wie ihr da seid « , rief sie. » Entschuldige, wenn ich so hereinplatze, aber mit diesem blöden gebrochenen Arm kann ich nicht reiten, nicht schwimmen, ich kann gar nichts machen, außer rumsitzen und Trübsal blasen. Ich könnte brüllen vor Langeweile! «
Tante Mame, die sich in Peckerwood auch ein bisschen langweilte, wenn Onkel Beau nicht da war, begrüßte sie herzlich. Die beiden Damen unterhielten sich freundschaftlich, und schnell zeigte sich, dass es zwischen ihnen mehr Gemeinsamkeiten gab als mit Onkel Beau. » So ist das eben, meine Süße, die beste Frau gewinnt « , sagte Sally Cato großmütig. Dann fuhr sie fort: » Sagen Sie mal, es muss doch ziemlich trostlos sein für Sie und den Jungen, wenn Beau tagsüber nicht da ist. Und ich, ich bin zu Hause so einsam, ich könnte sterben. Wie wär’s, wenn Sie zum Lunch nach Foxglove kommen, alle, wie ihr da seid. Ich habe noch einen jüngeren Bruder, ungefähr in deinem Alter, Patrick. Er ist ein kleiner Satansbraten, aber wenigstens ist er ein erbaulicherer Anblick für euch beide als Mrs. Burnside und diese blöde Fanny. « Bereitwillig packte Tante Mame die Gelegenheit, ein wenig intellektuelle Gesellschaft zu genießen, beim Schopf, und zwanzig Minuten später kippten die beiden Frauen vertraulich ihren ersten Bourbon auf der Veranda in Foxglove.
Die McDougall-Plantage war mindestens so groß wie Peckerwood, und das Essen war um einiges magenfreundlicher. Zum Mittagessen kam einer der sonderbarsten Knaben, die ich je zu Gesicht bekommen hatte, hinter
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