Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

meinem Haar sitzen! «
    » Lächerlich! Wer will schon auf seinem eigenen Haar sitzen! Aber gut, wenn Sie es nicht geschnitten haben wollen, bitte. Es würde wirklich apart aussehen. Kommen Sie her. Halten Sie doch mal still! «
    Das Unternehmen dauerte über sechs Stunden, und bei jedem Tupfer mit der Puderquaste, bei jeder mit der Pinzette ausgezupften Augenbraue und jedem Strich der Wimperntuschebürste quengelte und jammerte Agnes.
    Es war fast acht Uhr, als die Transformation abgeschlossen war. Agnes stand würdevoll, wenn auch ein bisschen wacklig auf Tante Mames hochhackigen Pumps. Immer wieder warf sie verstohlen ungläubige Blicke in den Spiegel, und da sie ihr Bild nicht genau erkennen konnte, bestätigten Tante Mame und ich ihr mehrere Male, dass sie eine Wucht sei. » Also, Agnes « , sagte Tante Mame, » Sie sehen hinreißend aus. Sehr kultiviert. Wenn Sie nun auf die Party gehen, dann möchte ich nicht, dass Sie dort die Naive spielen. Geben Sie sich soigniert. Erzählen Sie bloß keinem, dass Sie aus Kew Gardens sind, erzählen Sie auch keinem etwas über Muttilein und Edna – obwohl es zweifellos lautere Charaktere sind. Das Beste wird sein, Sie reden so wenig wie möglich. Überlassen Sie das Reden Mary Lord Bishop, dafür bekommt sie ihre Provision. Sie brauchen nur elegant und intelligent auszusehen, und wenn der Mann von MGM sich nach meinem Buch erkundigt – unserem Buch –, dann sagen Sie, es sei einfach wundervoll und auf dem besten Weg, ein Kultbuch zu werden. Ist es ja jetzt schon. Sie brauchen einzig und allein auf Brian aufzupassen. «
    Als der Name Brian fiel, wurde mir flau im Magen.
    » Tante Mame « , stotterte ich, » vielleicht wäre es ratsamer, wenn sich Mrs. Bishop diesen Filmfritzen allein vornimmt. Silvester bedeutet Mrs. Gooch und Edna doch sehr viel, und du und Brian und ich, wir könnten doch auch hierbleiben und Platten hören und… «
    » Hast du den Verstand verloren, mein Junge? « , fragte Tante Mame mich nachsichtig. » Es ist entscheidend für Brians Laufbahn und meine, dass er ausgeht und wichtige Leute in der Literaturszene kennen lernt. Dafür ist Agnes ja da: sich um Brian zu kümmern, wenn ich mal nicht kann. Außerdem war das ja deine Idee. «
    » Ach, Mrs. Burnside « , jammerte Agnes, » ich kann das nicht machen. Ich bin ja jetzt schon ganz nervös, gleich kriege ich Schweißausbrüche. «
    » Bitte verschonen Sie mein Abendkleid, Agnes Gooch. Sie brauchen nur etwas, um die Nerven zu beruhigen. Bring uns doch mal den Champagner, Patrick. Der wird uns allen guttun. «
    Mir stockte das Blut in den Adern. » Ich glaube nicht, dass es ratsam wäre, wenn wir jetzt noch etwas trinken, Tante Mame. Agnes hat gestern… «
    » Dass du mit meinem Champagner so geizt, ich muss schon sagen. Also los, jetzt gehorch schon, und keine Unverschämtheiten mehr. «
    » Mrs. Burnside, ich sollte wirklich nichts mehr trin… «
    » Tante Mame « , rief ich, » wenn Agnes nichts trinken will, dann will ich auch… «
    » Betrachten Sie es als Medizin, Agnes. Das Zeug wird Sie entspannen. «
    Zwar konnte man Tante Mame kaum des Understatements bezichtigen, aber hiermit hatte sie ein klassisches Beispiel geliefert.
    Um Miss Gooch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, trank Tante Mame das erste Glas Champagner, als wäre es Schierling, und sagte etwas über Perlen, die in der Nase kitzelten. Endgültig verließ mich der Mut, als Tante Mame darauf bestand, dass sie noch ein zweites Glas trank.
    In dem Moment klingelte es an der Tür. Ich schaute aus dem Fenster und sah Brians eleganten Bentley unten stehen.
    » Oh Agnes « , rief Tante Mame mädchenhaft, » kommen Sie, wir wollen Mr. O’Bannion überraschen. Er glaubt ja immer noch, ich würde mit ihm auf die Party gehen, aber dann wird Patrick Sie ankündigen, und Sie rauschen herein. Schnell, verstecken Sie sich in meinem Ankleidezimmer. Hier, nehmen Sie ein Glas Champagner mit. «
    Ich hatte das Gefühl, der Untergang des Abendlandes stünde kurz bevor.
    In Abendgarderobe sehen Männer immer gut aus, aber Brian war wirklich umwerfend. Als er Tante Mame dekorativ aufgestützt in ihrem goldenen Bett sah, leuchteten seine siamesischen Augen vor Verlangen, dass mir schlecht wurde.
    » Und… und das Theater… die Party? « , sagte er. » Bist du noch nicht fertig? «
    » Ach Brian, Darling « , schmollte Tante Mame, » der Arzt will mich nicht gehen lassen, deswegen schicke ich einen Ersatz. «
    » Einen Ersatz? « , sagte er. »