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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Sekretärin hereinkam, warf sie mir einen ihrer stählernen Blicke zu, ab wollte sie mir einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf schütten.
    Vermutlich war ich von Anfang an gefesselt, und sie spürte die knisternde Atmosphäre in meinem Büro. Und ich, ich täuschte pure Höflichkeit vor, der Witwe eines alten Freundes gegenüber. Über Leidenschaft dachte ich nicht gern nach; sie war meinem Wesen fremd, so glaubte ich zumindest. Wie wenig wir doch wissen -
    wirklich wissen, meine ich -, was an Fähigkeiten in uns steckt.
    Jacqueline log mir etwas vor bei diesem ersten Treffen: Ben wäre an Krebs gestorben, hätte des öfteren, und lieb, von mir gesprochen.
    Vermutlich hätte sie mir auf der Stelle die Wahrheit sagen können, und ich hätte sie gefressen, sie verschlungen - ich glaube, ich war restlos der Ihre, vom ersten Augenblick an.
    Aber es ist schwierig, im Nachhinein genau festzustellen, wie und wann das Interesse an einem anderen menschlichen Wesen in etwas Gefährdenderes, Leidenschaftlicheres auflodert. Es kann gut sein, daß ich die faszinierende Gewalt erfinde, mit der sie bei diesem ersten Treffen auf mich einwirkte, daß ich einfach die Geschichte neu erfinde, um meine späteren Exzesse zu rechtfertigen. Ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls, wo und wann es auch geschah, wie schnell oder langsam auch immer, ich erlag ihr, und die Affäre begann.
    Ich bin kein besonders wißbegieriger Mann, was meine Freunde oder meine Bettgenossinnen angeht. Als Rechtsanwalt verbringt man seine Zeit damit, im Schmutz des Lebens fremder Leute herumzuwühlen, und offen gestanden, davon reichen mir acht Stunden täglich bis oben hin. Außerhalb der Kanzlei ist mir nichts lieber, als die Leute in Ruhe zu lassen. Ich schnüffle nicht herum, ich forsche nicht nach, ich begnüge mich mit dem, was sie mir von sich zeigen.
    Jacqueline bildete keine Ausnahme von dieser Regel. Ich war froh, daß diese Frau in mein Leben getreten war, egal wie es um ihre Vergangenheit bestellt sein mochte. Sie besaß eine wundervolle Kaltblütigkeit, sie war geistreich, anzüglich und indirekt. Eine so hinreißende Frau war mir noch nie begegnet. Es ging mich nichts an, wie sie mit Ben gelebt hatte, was für eine Ehe sie geführt hatten etc.
    etc. Das war ihre höchstpersönliche Historie. Ich freute mich an der lebendigen Gegenwart und ließ die Vergangenheit die Vergangenheit begraben. Ich glaube, ich bildete mir sogar ein, daß sie mit meiner Hilfe über jedwede Tortur hinwegkäme, die sie durchgemacht haben mochte.
    Sicher, es gab Lücken, Unstimmigkeiten in ihren Geschichten. Als Anwalt war ich darauf getrimmt, in Sachen Faktenfälschung hellhörig zu sein, und wie sehr ich auch versuchte, meine diesbezüglichen Eindrücke zu verdrängen, ich spürte doch, daß sie mir gegenüber nicht ganz aufrichtig war. Aber jeder hat seine Geheimnisse. Das wußte ich hur zu gut. Soll sie ihre haben, dachte ich.
    Ein einziges Mal nur hakte ich doch nach, bei einem Detail ihrer vorgeblichen Lebensgeschichte. Beim Sprechen über Bens Tod rutschte ihr heraus, daß er bekommen hatte, was er verdiente. Ich fragte, was sie damit meinte. Sie lächelte, ihr typisches GiocondaLächeln, und sagte mir, sie hätte das Gefühl, zwischen Mann und Frau müßte wieder ein Gleichgewicht hergestellt werden. Ich verlor weiter kein Wort über die Bemerkung. Schließlich war ich zu diesem Zeitpunkt besessen, jenseits aller Hoffnung auf Erlösung; egal welche Behauptung sie aufstellte, ich schluckte sie mit Freuden.
    Sie war so schön, wißt ihr. Nicht in oberflächlichem Sinn: Sie war nicht jung, sie war nicht unschuldig, ihr fehlte diese von Werbeleuten und Fotografen so bevorzugte lupenreine Symmetrie. Sie hatte klar und deutlich das Gesicht einer Frau Anfang Vierzig. Es war zum Lachen und Weinen gebraucht worden, und der Gebrauch hinterläßt seine Spuren. Aber sie hatte eine Kraft, sich selbst zu verwandeln, auf subtilste Art, und das machte ihr Gesicht so variabel wie den Himmel.
    Zu Anfang hielt ich das für einen Make-up-Trick. Aber als wir dann immer häufiger zusammen schliefen und ich sie morgens mit ihren noch verschlafenen Augen und abends schwer vor Müdigkeit zu sehen bekam, war ich mir bald im klaren, daß sie nichts als Fleisch und Blut auf ihrem Schädel trug. Was sie verwandelte, wirkte von innen: Es war ein Trick des Willens.
    Und das, versteht ihr, brachte mich dazu, sie nur um so mehr zu lieben.
    Dann erwachte ich eines Nachts, während sie neben mir

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