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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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hängen.
    Halt die Klappe, dachte sie abermals.
    Die beiden makellosen Reihen seiner Zähne knirschten unter Krachen und Splittern zermahlend ineinander, Nervenfasern, Kalzium und Speichel bildeten einen blaßrosa Schaum auf seinem Kinn, als sein Mund nach innen zusammenfiel.
    Halt die Klappe, dachte sie kontinuierlich, während seine verschreckten blauen Babyglupscher in seinen Schädel versanken und seine Nase sich wurmartig in sein Gehirn hineinwand.
    Das war nicht mehr Ben. Das war ein Mann mit rotem, sich einebnen-dem, sich zusammenstauchendem Eidechsenkopf, und Gott sei Dank war er übers Redenhalten ein für allemal hinaus.
    Jetzt, da sie den Dreh raus hatte, machten ihr die Veränderungen, die ihr Wille ihm aufzwang, allmählich Spaß.
    Sie schnellte ihn Hals über Kopf auf den Boden und fing an, seine Arme und Beine zusammenzupressen, schob dabei Fleisch und wi-derspenstige Knochen sukzessive auf ein immer kleiner werdendes Volumen ineinander. Seine Kleidungsstücke wurden nach innen gezerrt, hineingemengt in den Fleischstrudel, und das Gewebe seiner Bauchdecke wurde von seinen säuberlich verstauten Eingeweiden losgerissen und über seine Körperfläche ausgespannt, um ihn darin einzuwickeln. Seine Finger stocherten jetzt auf Höhe der Schulterblätter ins Leere, und seine vor Raserei noch immer strampelnden Füße wurden ihm ins Gedärm geschlagen. Ein letztes Mal drehte sie ihn um, um sein Rückgrat zu einer zwei, drei Handbreit langen Drecksäule zu komprimieren, und das war’s dann auch schon »o ungefähr.
    Als ihre Ekstase langsam abflaute, sah sie Ben auf dem Boden sitzen, in ein Volumen etwa vom Format eines seiner eleganten Lederkoffer weggeschlossen; schwach pulsten noch Blut, Galle und Lymphe aus seinem mundtot gemachten Körper.
    Mein Gott, dachte sie, das kann unmöglich mein Mann sein. So proper war der doch noch nie.
    Diesmal wartete sie nicht auf Hilfe. Diesmal wußte sie, was sie getan hatte (erriet sogar, wie sie es getan hatte), und letztlich bejahte sie ihr Verbrechen als einen vielleicht etwas zu krassen Akt gerechter Strafe. Sie packte ihre Sachen und verließ das Haus.
    Ich lebe, dachte sie. Zum ersten Mal in meinem ganzen armseligen Leben lebe ich.
    Vassis Niederschrift (Teil l)
    Euch, die ihr von süßen, starken Frauen träumt, hinterlasse ich diese Geschichte. Eine Verheißung ist sie - ebenso freilich ein Geständnis, und ebenso die letzten Worte eines Verlorenen, der sich nichts wünschte, als zu lieben und geliebt zu werden. Zitternd sitze ich hier und warte auf die Nacht, warte, daß dieser weinerliche Lude Koos wieder vor meiner Tür auftaucht und mir alles nimmt, was ich besitze, als Gegenwert für den Schlüssel zu ihrem Zimmer.
    Ich bin kein mutiger Mann, bin es nie gewesen. Darum habe ich Angst vordem, was mir heute nacht womöglich zustößt. Aber ich kann nicht fortwährend nur träumend durchs Leben treiben, dahinvegetieren durch die Finsternis mit nichts als einem flüchtigen Abglanz des Himmels. Über kurz oder lang muß einer seine Lenden gürten (eine angemessene Formel), sich aufmachen und ihn suchen gehen. Selbst wenn er dabei die Welt drangeben müßte zum Entgelt.
    Wahrscheinlich klinge ich unverständlich. Ihr denkt, ihr, die ihr zufällig auf dies Zeugnis gestoßen seid, ihr denkt, wer war er, dieser Irre ?
    Mein Name war Oliver Vassi. Ich bin jetzt achtunddreißig Jahre alt.
    Ich war Rechtsanwalt, bis vor einem, oder etwas über einem Jahr, als ich mich auf die Suche nach dem machte, was heute nacht sein Ende findet, mit diesem Luden und diesem Schlüssel und diesem Allerheiligsten.
    Aber die Geschichte beginnt früher als vor einem Jahr. Viele Jahre ist esher, seit Jacqueline Ess zum ersten Mal zu mir kam.
    Aus heiterem Himmel kreuzte sie in meiner Kanzlei auf und behauptete, die Witwe eines Freundes von mir zu sein, aus der Zeit an der Rechtsakademie, eines gewissen Benjamin Ess, und als ich daran zurückdachte, fiel mir das Gesicht wieder ein. Ein gemeinsamer Freund, der bei der Hochzeit dabeigewesen war, hatte mir ein Foto von Ben und seiner errötenden Braut gezeigt. Und da stand sie nun, jeder Zoll eine so schwer faßliche Schönheit, wie es ihre Fotografie verheißen hatte.
    Ich entsinne mich noch, ich war zutiefst verwirrt bei dieser ersten Unterredung. Sie war aufgetaucht, als gerade sehr viel los war, und ich steckte bis zum Hals in Arbeit. Aber ich war so bezaubert von ihr, daß ich alle Gesprächstermine dieses Tages platzen ließ, und als meine

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