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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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belanglos. Nicht einmal ein energisches Kinn hatte er.
    Aber Titus Pettifer war Macht.
    Er hatte mehr Monopole unter sich als er zählen konnte. Sein Wort in der Finanzwelt konnte Firmen wie Stöcke zerbrechen und dabei die Zielsetzungen Hunderter, die Karrieren Tausender zerstören. In seinem Schatten wurden über Nacht Vermögen gemacht, ganze Handelsgesellschaften stürzten in sich zusammen, wenn er sie anblies, waren Opfer seiner Laune. Wenn irgendein Mann sie kannte, die Macht, dann dieser Mann hier. Von ihm mußte man lernen.
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich Sie mit J. anrede, oder?«
    »Nein.«
    »Warten Sie schon lange?«
    »Lange genug.«
    »Normalerweise laß’ ich schöne Frauen nicht warten.«
    »Doch, das tun Sie.«
    Schon wußte sie über ihn Bescheid: Zwei Minuten in seiner Gegenwart reichten aus, um seine Bandbreite zu taxieren. Wenn sie sich dezent unverschämt gab, war er auf schnellstem Wege der Ihre.
    »Reden Sie Frauen, denen Sie noch nie zuvor begegnet sind, immer mit den Initialen an?«
    »Ist recht praktisch für die Aktenablage; was dagegen?«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Was ich dafür bekomme, wenn ich Ihnen dieses Privileg einräume.«
    »Ach ja, ein Privileg ist das, Sie mit Vornamen zu kennen?«
    »Ja.«
    »Also… dann kann ich mir nur gratulieren. Außer natürlich, Sie erteilen dieses Privileg häufiger?«
    Sie schüttelte den Kopf. Nein - er konnte sehen, daß sie mit ihren Sympathien nicht verschwenderisch umging.
    »Wieso eigentlich die lange Warterei, bis Sie mich endlich sehen konnten?« fragte er. »Wieso mußten Sie, wie ich mir hab’ sagen lassen, meine armen Sekretärinnen totlöchern, mit Ihren dauernden Forderungen nach einem Termin mit mir? Wollen Sie Geld? In dem Fall ziehen Sie nämlich mit leeren Händen ab. Durch Geiz bin ich reich geworden, und je reicher ich werde, desto geiziger werd’ ich auch.«
    Die Bemerkung war die Wahrheit; er sprach sie offen aus.
    »Ich will kein Geld«, sagte sie ebenso offen.
    »Wie erfrischend.«
    »Es gibt Reichere als Sie.«
    Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. Sie konnte beißen, diese Schöne. »Stimmt«, sagte er. Es gab mindestens ein halbes Dutzend reichere Männer in der Hemisphäre.
    »Ich bin keine anhimmelnde kleine Tussi. Ich bin nicht hergekommen, um mit ‘nem Namen zu vögeln. Ich bin hergekommen, weil wir uns zusammentun könnten. Wir haben einander sehr viel zu bieten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich hab’ meinen Körper.«
    Er lächelte. Es war das unverblümteste Angebot, das er seit Jahren gehört hatte. »Und was soll ich Ihnen für ein so luxuriöses Geschenk bieten?«
    »Ich möchte lernen -«
    »Lernen?«
    » wie man Macht benutzt.«
    Sie wurde zusehends merkwürdiger, diese Dame. »Was meinen Sie damit?« erwiderte er, um Zeit zu schinden. Unmöglich, ihr Verhalten auf einen Nenner zu bringen; sie wühlte ihn auf, brachte ihn durcheinander.
    »Soll ich’s vielleicht noch mal herbeten für Sie, auf Spießbürgerlich ?«
    sagte sie und spielte die Unverschämte mit einem solchen Lächeln, daß er sich fast wieder attraktiv fühlte.
    »Nicht nötig. Sie wollen lernen, wie man die Macht gebraucht.
    Vermutlich könnt’ ich Ihnen beibringen -«
    »Ich weiß, daß Sie’s können.«
    »Vergessen Sie nicht, ich bin ein verheirateter Mann. Virginia und ich sind jetzt achtzehn Jahre zusammen.«
    »Sie haben drei Söhne, vier Häuser, ein Dienstmädchen namens Mirabelle. Sie können New York nicht ausstehen, und sie lieben Bangkok; Ihre Kragenweite ist 42, ihre Lieblingsfarbe Grün.«
    »Türkis.«
    »Sie werden pingeliger auf Ihre alten Tage.«
    »Ich bin nicht alt.«
    »Achtzehn Jahre Ehe. Das läßt einen Mann vorzeitig altern.«
    »Mich nicht.«
    »Beweisen Sie’s.«
    »Wie?«
    »Nimm mich.«
    »Was?«
    »Nimm mich.«
    »Hier?«
    »Zieh die Rollos runter, schließ die Tür ab, schalt den Computer-Monitor aus und nimm mich. Ich fordere dich heraus.«
    »Fordern?«
    Wie lang war das her, daß ihn jemand aufgefordert hatte, irgend etwas zu tun?
    »Fordern?«
    Er war erregt. Ein Dutzend Jahre war er nicht mehr so erregt gewesen.
    Er zog die Rollos herunter, schloß die Tür ab, schaltete das Video-Display seiner Reichtümer aus.
    Mein Gott, dachte sie, ich hab’ ihn.
    Die Romanze gestaltete sich nicht einfach, nicht wie die mit Vassi.
    Zum einen war Pettifer ein ungeschickter, unkultivierter Liebhaber.
    Zum anderen war er wegen seiner Frau zu nervös, um als Ehebrecher eine wirklich glückliche

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