Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
wusch, den Kaffee trank, den sie bestellt hatten, und ging.
    Überrascht stellte Lyndon fest, daß die Tür zu seinem Büro halb offen war. Es war erst sechs nach halb acht. Von den Sekretärinnen wäre keine vor Ablauf der nächsten Stunde da. Offensichtlich war eine der Putzfrauen nachlässig gewesen und hatte vergessen, die Tür abzu-schließen. Er würde herausfinden, welche; sie an die Luft setzen.
    Er stieß die Tür auf.
    Jacqueline saß mit dem Rücken zur Tür. Er erkannte ihren Hinterkopf, diesen üppigen Schwall kastanienbraunen Haars. Eine nuttige Aufmachung, zu stark toupiert, zu wild. Sein Büro, ein Anbau an das von Mr. Pettifer, war peinlich in Ordnung gehalten. Ein flüchtiger Blick in die Runde: Alles schien an seinem Platz zu sein.
    »Was machen Sie hier?«
    Sie holte Luft, bereitete sich vor. Dies war das erste Mal, daß sie geplant hatte, es zu tun. Bisher war es eine spontane Augenblicksentscheidung gewesen.
    Er ging zum Schreibtisch und legte seine Aktentasche sowie seine säuberlich gefaltete Ausgabe der Financial Times hin. »Sie haben kein Recht, hier ohne meine Erlaubnis einzutreten«, sagte er.
    Sie setzte den langsamen Drehmechanismus seines Sessels in Gang; genau wie er’s machte, wenn er Leute zum Abkanzeln hier hatte.
    »Lyndon«, sagte sie.
    »Egal was Sie noch sagen oder tun, es wird nichts an den Tatsachen ändern, Mrs. Ess«, sagte er und ersparte ihr die Mühe, das Thema zur Sprache zu bringen. »Sie sind eine kaltblütige Mörderin. Es war nur meine Pflicht und Schuldigkeit, Mr. Pettifer über die Sachlage zu informieren.«
    »Ach, in Titus’ Interesse haben Sie das getan?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und die Erpressung, die war auch in Titus’ Interesse, ja?«
    »Verschwinden Sie aus meinem Büro…«
    »Ja, Lyndon?«
    »Eine Hure sind Sie! Huren wissen gar nichts. Sie sind total beschränkte, kranke Tiere«, keifte er. »O ja, gerissen sind Sie, das gef ich Ihnen zu - aber das ist schließlich jede Nutte, sobald’s um»
    Weiterkommen geht.«
    Sie stand auf. Er erwartete einen prompten Gegenschlag. Er bekam keinen; zumindest nicht mit Worten. Aber er spürte ein Spannen übers ganze Gesicht; als ob jemand Druck darauf ausübte.
    »Was… tun… Sie… denn da?«
    »Tun?«
    Die Augen wurden ihm jetzt in Schlitze hineingezwungen, wie bei einem Kind, das einen schauerlichen Orientalen mimt, der Mund wurde ihm breit und straff, zu strahlendem Lächeln, auseinander^
    zerrt. Das Sprechen fiel ihm schwer -
    »Hör… auf… damit…«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Hure…«, sagte er wieder und hatte weiterhin nichts als Verachtung für sie übrig.
    Sie starrte ihn bloß an. Unter dem Druck begann sein Gesicht zu rucken und zu zucken, die Muskeln verkrampften sich.
    »Die Polizei…«, brachte er mühsam heraus, »wenn du mich anrührst…«
    »Werd’ ich nicht«, sagte sie und spielte ihren Vorteil voll aus.
    Unter den Kleidern spürte er auf seinem ganzen Körper das gleiche zerdehnende Pressen; es zerrte an seiner Haut, zog und zurrte ihn immer straffer. Irgend etwas mußte gleich nachgeben, das war ihm klar. Irgendein Teil von ihm würde unter der Überbeanspruchung dieser schonungslosen Attacke reißen. Und wenn er einmal anfinge aufzuplatzen, würde sie nichts mehr daran hindern, ihn auseinanderzufetzen. Ziemlich ruhig stellte er das alles fest, während sein Körper zuckte und er sie, durchs erzwungene Gebleck und Gefletsch seines Grinsens, unflätig angeiferte.
    »Du Fotze«, sagte er. »Syphilitische Fotze.«
    Angst hat er anscheinend keine, dachte sie.
    !n extremis entfesselte er lediglich so viel Haß gegen sie, daß die Furcht vollständig überblendet wurde. Jetzt nannte er sie wieder eine Hure; obwohl sein Gesicht doch fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt war.
    Und dann fing er zu zerspringen an.
    Der Riß begann bei seinem Nasenrücken, lief kopfaufwärts über seine Stirn, und dann nach unten; halbierte klaffend seine Lippen und sein Kinn, dann Hals und Brust. In Sekundenschnelle war sein Hemd rot eingefärbt, dunkelte sein dunkler Anzug weiter nach, vergossen seine Manschetten und Hosenbeine Blut. Die Haut flog ihm weg von den Händen wie Handschuhe vom Chirurgen, und zwei scharlachfarbene Gewebekringel schlackerten, wie Elefantenohren, auf beiden Seiten »eines abgebalgten Gesichts herab.
    Sein ordinäres Geschimpfe hatte aufgehört.
    Er war zwar bereits zehn Sekunden tot, am Schock gestorben, aber trotzdem hatte sie ihn immer noch rachgierig in der Mache,

Weitere Kostenlose Bücher