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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Handschuh durchgekaut, drangen die Zähne vor zu seiner Hand und kappten ihm die Finger; raspelnd zog der Rachen Fingerglieder, Blut und Stummel tiefer in seinen verdauenden Schlund.
    Packard glitt mit dem Hintern in der Schweinerei unter ihm aus, und aufheulend wand er sich um freizukommen. Es hatte immer noch Leben in sich, dieses Wesen aus der Unterwelt. Packard brüllte um Gnade, als er schwankend auf die Füße kam und dabei gleichzeitig die gräßliche Monstermasse vom Boden hochzerrte.
    Ein Schuß krachte, nah an Packards Ohr. Körpersäfte, Blut und Eiter bespritzten ihn, als das Glied auf Schulterhöhe in tausend Stücke zerfetzt wurde, und das entmachtete Maul endlich von ihm abließ. Die zerstörte Masse schlingenden Muskelfleisches fiel zu Boden, und Packards Hand, oder was davon übrig war, war wieder im Freien.
    Keine Finger waren ihm an der rechten Hand geblieben und kaum der halbe Daumen; die zermalmten Knochenstümpfe seiner Finger ragten jämmerlich aus einer teilweise zerkauten Handfläche heraus.
    Eleanor Kooker ließ den Lauf der Schrotflinte, die sie soeben abgefeuert hatte, sinken und grunzte zufrieden.
    »Deine Hand ist futsch«, stellte sie schlicht und brutal fest.
    Monster, Packard erinnerte sich wieder an den Ausspruch seines Vaters, Monster sterben nie. Er hatte sich zu spät daran erinnert, und jetzt hatte er seine Hand geopfert, seine trinkende, Sex ausübende Hand. Eine Woge des Heimwehs nach verlorenen Jahren mit diesen fingern überspülte ihn, während vor seinen Augen Pünktchen zu Dunkelheit zerplatzten. Das Letzte, was er sah, bevor ihn eine Ohnmacht zu Boden beförderte, war sein pflichtbewußter Deputy, wie er eine Kamera zückte, um die ganze Szene festzuhalten.
    Schon immer war der Schuppen hinterm Haus Lucys Zuflucht gewesen. Wenn Eugene aus Welcome betrunken nach Hause kam oder ihn aus heitrem Himmel die Wut packte, weil der Eintopf kalt war, zog sich Lucy in den Schuppen zurück, wo sie in Ruhe weinen konnte.
    Mitleid konnte Lucy vom Leben nicht erwarten. Erst recht nicht von Eugene, und sie selber hatte herzlich wenig Zeit, um sich zu bemitleiden.
    Heute hatte der alte Stein des Anstoßes Eugene in Raserei versetzt: das Kind.
    Das sorgsam gehegte und gepflegte Kind ihrer Liebe, benannt nach dem Bruder Moses’, Aaron, was »der Erhöhte« bedeutete. Ein goldiger Junge. Der hübscheste Junge im ganzen Bezirk, fünf Jahre alt und schon so bezaubernd und artig, daß jede Mama der Ostküste vor Neid erblassen konnte.
    Aaron.
    Lucys Stolz und Freude, ein Kind, das in einem Bilderbuch Seifenblasen blasen könnte, das tanzen und sogar den Teufel bezaubern könnte.
    Und genau das war Eugenes Einwand.
    »Dieses Scheißkind hat nicht mehr von ‘nem Jungen als du«, sagteer zu Lucy. »Nicht mal ‘n halber Junge ist er. Zieh ihm ‘n Paar affige Schuhe über, dann taugt er grad noch zum Parfümverkaufen. Oder zum Prediger, zum Prediger taugt er.«
    Mit einer nägelzerbissenen, krummdaumigen Hand zeigte er auf den Jungen.
    »Eine Schande bist du für deinen Vater.«
    Aaron erwiderte den Starrblick seines Vaters.
    »Hast mich verstanden, Junge?«
    Eugene schaute weg. Kotzübel wurde ihm im Magen von den großen Augen des Jungen, eher wie Hundeaugen als irgend etwas Menschliches.
    »Er muß mir aus dem Haus.«
    »Was hat er ‘n getan?«
    »Der braucht gar nichts tun. Es langt schon, wie er ist. Sie lachen mich aus, weißt du das? Seinetwegen lachen sie mich aus.«
    »Niemand lacht dich aus, Eugene.«
    »Doch, sie…«
    »Nicht wegen dem Jungen.«
    »Häh?«
    »Den Jungen lachen sie bestimmt nicht aus. Wenn, dann lachen sie dich aus.«
    »Halt den Mund.«
    »Sie wissen, was du für einer bist, Eugene. Sie haben dich durch-schaut, genau wie ich.«
    »Ich sag’ dir, Frau…«
    »Kotzt dich aus wie ‘n Straßenköter, quatschst über das, was du gesehn hast, und wovor du Angst hast…«
    Er schlug sie, wie schon viele Male zuvor. Der Hieb lockte Blut hervor, wie ähnliche Hiebe seit fünf Jahren, aber obwohl sie taumelte, galten ihre ersten Gedanken dem Jungen.
    »Aaron«, sagte sie durch die Tränen, die der Schmerz verursacht hatte. »Komm, wir gehen.«
    »Du läßt den Bastard in Ruhe.« Eugene zitterte.
    »Aaron.«
    Das Kind stand zwischen Vater und Mutter, ratlos, wem es gehorchen sollte. Der Ausdruck der Verwirrung in seinem Gesicht ließ Lucys Tränen reichlicher fließen.
    »Mami«, sagte das Kind ganz leise. Ein ernster Ausdruck war in seinen Augen, der mit Verwirrung nichts

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