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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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wegwischten. Ein ganz bestimmter Himmel, strahlend blau, glasklar. Eugene würde dem Jungen nichts tun. Er würde es nie und nimmer wagen, diesem Kind etwas anzutun. Er wußte, was der Junge war, obwohl er es nie eingestehen würde.
    Sie erinnerte sich an den Tag, vor sechs Jahren war es, als der Himmel wie heute von Glanz überzogen und die Luft von der Hitze blaßbläulich gewesen war. Eugene und sie waren etwa genauso heiß gewesen wie die Luft, den ganzen Tag hatten sie kein Auge voneinander abwenden können. Damals war er noch stärker, in der Blüte seiner Kraft. Ein imposanter, prachtvoller Mann, sein Körper bullig und gestählt von der Arbeit, mit Beinen, so hart, daß sie sich wie Fels anfühlten, wenn sie mit den Händen darüberstrich. Sie selbst hatte auch ziemlich gut ausgesehen. Echt der beste Hintern in Welcome, fest und flaumig; eine Spalte, so weich behaart, daß Eugene sie einfach küssen mußte, sogar dort, an der intimen Stelle. Manchmal besorgte er es ihr den ganzen Tag, die ganze Nacht lang, im Haus, das sie gerade bauten, oder draußen im Sand, am Spätnachmittag. Die Wüste gab ein schönes Bett ab, und ungestört konnten sie unter dem weiten Himmel liegen.
    An jenem Tag vor sechs Jahren hatte sich der Himmel zu früh verdunkelt, lange ehe die Nacht fällig war. Anscheinend hatte er sich schlagartig verfinstert, und den Liebenden war plötzlich kalt in ihrer überstürzten Nacktheit. Über seine Schulter hinweg hatte sie die Gestalten gesehen, die sich aus dem Himmel herausgeformt hatten, die riesengroßen und gewaltigen Wesen, die ihnen zuschauten. Er, in seiner Leidenschaft, bearbeitete sie noch immer, stieß hinein bis zum Ansatz und ebensoweit wieder heraus, was ihr, wie er wußte, besonderes Vergnügen bereitete - bis eine Hand von der Farbe roter Rüben und der Größe eines Menschen ihn mit zwei Fingern am Hals packte und aus dem Schoß seiner Frau pflückte. Sie sah zu, wie er in den Himmel emporgehoben wurde wie ein sich windendes langbeiniges Karnickel und aus zwei Mündern zugleich spuckte, im Norden und im Süden, als er mit seinen Stößen in der Luft zum Ende kam. Dann öffneten sich einen Moment lang seine Augen, und er sah seine Frau sechs Meter unter sich, noch immer entblößt, noch immer mit schmetterlingsgleich gespreizten Beinen, umringt von Monstern.
    Beiläufig, ohne Bösartigkeit warfen sie ihn weg, hinaus aus ihrem bewundernden Kreis, ihr aus den Augen.
    So gut konnte sie sich an die Stunde erinnern, die dann folgte. An die Umarmungen der Ungeheuer. In keiner Weise widerlich, nicht roh oder verletzend, nie weniger als liebevoll. Selbst die Apparate der Reproduktion, mit denen sie sie, einer nach dem anderen, durchdrangen, verursachten ihr keinen Schmerz, obwohl manche knochenhart waren und so lang wie Eugenes Arm samt Faust. Wieviele von diesen Fremden nahmen sie wohl an jenem Nachmittag - drei, vier, fünf?
    Vermischten ihren Samen in ihrem Körper, entlockten ihr zärtlich die Lust mit ihren geduldigen Stößen. Als sie sich entfernten und ihre Haut wieder vom Sonnenlicht berührt wurde, überkam sie, auch wenn das bei genauerem Nachdenken schändlich schien, ein Verlustgefühl; als ob der Zenit ihres Lebens überschritten und der Rest ihrer Tage nur noch ein kalter, rascher Abstieg in den Tod sei.
    Schließlich war sie aufgestanden und zu Eugene hinübergegangen, der bewußtlos im Sand lag und sich eins seiner Beine beim Sturz gebrochen hatte. Sie hatte ihn geküßt und sich dann zum Wasserlas-sen niedergekauert. Sie hoffte, ja wirklich: hoffte, daß die Saat der Liebe dieses Tages Frucht tragen würde. Diese Frucht wäre ein greifbares Pfand ihrer Glückseligkeit.
    Drinnen im Haus schlug Eugene den Jungen. Aarons Nase blutete, doch gab er keinen Laut von sich.
    »Rede, Junge.«
    »Was soll ich sagen?«
    »Bin ich dein Vater oder nicht?«
    »Ja doch, Vater.«
    »Lügner!«
    Er schlug wieder zu, ohne Warnung; diesmal beförderte der Hieb Aaron zu Boden. Als er seine kleinen, schwielenlosen Hände flach gegen die Küchenfliesen drückte, um sich aufzurichten, spürte er irgendein Vibrieren durch den Boden. Eine Musik ertönte in der Erde.
    »Lügner!« sagte sein Vater schon wieder.
    Mehr Schläge stünden noch bevor, dachte der Junge, noch mehr Schmerz, mehr Blut. Aber es war auszuhalten; und die Musik war, nach langem Warten, ein Versprechen, allen Schlägen ein Ende zu setzen, ein für allemal.
    Torkelnd erreichte Davidson die Hauptstraße von Welcome. Drei oder

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