Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
mehr zu tun hatte. Ehe Lucy eine Möglichkeit finden konnte, die Situation zu entschärfen, packte Eugene den Jungen an den Haaren und zog ihn näher zu sich ran.
    »Du hörst auf deinen Vater, Junge.«
    »Ja…«
    »Ja, Sir, sagen wir zu unserm Vater, klar? Ja, Sir, heißt das.«
    Aarons Gesicht wurde in den stinkenden Schritt der Jeans seines Vaters gestoßen.
    »Ja, Sir.«
    »Er bleibt bei mir, Frau. Du nimmst ihn nicht noch mal mit raus in diesen bekackten Schuppen. Er bleibt bei seinem Vater.«
    Lucy hatte den Kürzeren gezogen, soviel war klar. Wenn sie weiterhin auf ihrer Meinung bestand, brachte sie das Kind nur in nock größere Gefahr.
    »Wenn du ihm was antust…«
    »Ich bin sein Vater, Frau«, grinste Eugene. »Glaubst du vielleicht, ich schade meinem eignen Fleisch und Blut?«
    Der Junge war in einer Stellung gegen das Becken seines Vaten gepreßt, die man schwerlich anders als obszön bezeichnen konnte.
    Aber Lucy kannte ihren Mann. Er stand kurz vor einem Ausbruch mft letztlich unabsehbaren Folgen. Ihretwegen machte sie sich keine Gedanken mehr - sie hatte schließlich ihren Spaß gehabt - aber der Junge war so verwundbar.
    »Geh’ uns aus den Augen, Frau, ja? Der Junge und ich möchten allein sein, hab’ ich recht?«
    Eugene zerrte Aarons Gesicht von seinem Schritt und feixte zu dem blassen Gesicht hinunter.
    »Hab’ ich recht?«
    »Ja, Papa.«
    »Ja, Papa. O ja, wirklich, Papa.«
    Lucy verließ das Haus und zog sich in die kühle Dunkelheit des Schuppens zurück, um dort für Aaron, benannt nach dem Bruder Moses’, zu beten. Aaron, dessen Name »der Erhöhte« bedeutete. Sie fragte sich, wie lang er wohl die Brutalitäten überleben könnte, die die Zukunft womöglich noch für ihn bereithielt.
    Der Junge war jetzt nackt ausgezogen. Weiß stand er vor seinem Vater. Er ängstigte sich nicht. Die Prügel, die ihm verabreicht würden, würden ihm Schmerzen bereiten, aber mit wirklicher Angst hatte da nichts zu tun.
    »Ein schmächtiges Bubi bist du«, sagte Eugene und fuhr seinem Sohn mit riesiger Hand über den Unterleib. »Schwach und schmächtig wie das mickrigste Ferkel. Wenn ich Bauer wäre und du so’n Ferkel, Junge,
    weißt du, was ich dann machen würde?«
    Wieder packte er den Jungen bei den Haaren. Die andere Hand zwischen den Beinen.
    »Weißt du, was ich dann machen würde, Junge?«
    »Nein, Papa. Was denn?«
    Sein Vater gab ein schlitzendes Geräusch von sich und ließ dabei die zerfurchte Hand über Aarons Körper hochgleiten.
    »Na, in Stücke schneiden würd’ ich dich und dich an den Rest vom Wurf verfüttern. Nichts frißt ein Schwein lieber als Schweinefleisch.
    Würd’ dir das gefallen?«
    »Nein, Papa.«
    »Das würd’ dir nicht gefallen?«
    »Nein danke, Papa.«
    Eugenes Gesicht verhärtete sich.
    »Also mir schon, Aaron. Ich würd’ gern sehen, was du machst, wenn ich dich wirklich aufschneide und nachschau’, wie’s in dir drinnen aussieht.«
    Die Spiele seines Vaters wiesen eine neue Gewalttätigkeit auf, die Aaron nicht begreifen konnte: neue Drohungen, neue Vertrautheit.
    So unwohl er sich auch fühlte, wußte der Junge doch, daß nicht er, sondern sein Vater die wirkliche Angst verspürte. Angst war Eugenes angestammtes Recht, so wie es das Aarons war, zu beobachten und zu warten und zu leiden, bis der Augenblick käme. Er wußte (ohne zu begreifen, wodurch oder weshalb), daß er ein Werkzeug bei der Vernichtung seines Vaters sein würde. Womöglich mehr als ein Werkzeug.
    Wut brach in Eugene los. Er starrte den Jungen an, die braunen Fäuste so fest geballt, daß die Knöchel weiß aufschienen. Irgendwie war der Junge sein Ruin; er hatte das schöne Leben, das sie vor seiner Geburt miteinander führten, zerstört. Ebensogut hätte er seine Eltern gleich erschießen können. Ohne sich richtig darüber bewußt zu sein, was er tat, schloß Eugene seine Hände um den zarten Hals des Jungen.
    Aaron gab keinen Laut von sich.
    »Ichkönnt’ dich töten, Junge.«
    »Ja, Sir.«
    »Was sagst du dazu?«
    »Nichts, Sir.«
    »Danke, Sir, solltest du lieber sagen.«
    »Warum?«
    »Warum, Junge? Weil’s Leben nich’ soviel wert is’, wie’n Schwein scheißen kann; ‘n Liebesdienst würd’ ich dir damit erweisen, wie sich’s für ‘nen Vater gehört.«
    »Ja, Sir.«
    Im Schuppen hinterm Haus hatte Lucy zu weinen aufgehört. Es hatte keinen Sinn; und außerdem hatte etwas am Himmel, den sie durch die Löcher im Dach sehen konnte, Erinnerungen wachgerufen, die die Tränen

Weitere Kostenlose Bücher