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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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die man ihm als ganz jungem Burschen erzählt hatte, den Tatsachen entsprachen, dann waren Poe die in den Morden in der Rue Morgue geschilderten Vorfälle von Lewis’ Großvater berichtet worden. Seine Mutter war stolz darauf, daß ihr Vater auf seiner Reise durch Amerika Poe kennengelernt hatte. Anscheinend war sein Großvater ein Weltenbummler, dem nicht wohl war, wenn er nicht jede Woche eine neue Stadt besichtigen konnte. Und im Winter 1835 war er in Richmond, Virginia. Es war ein strenger Winter, vielleicht dem nicht unähnlich, unter dem Lewis gerade litt, und eines Nachts suchte sein Großvater Zuflucht in einer Bar in Richmond. Dort lernte er, während draußen ein heftiger Schneesturm tobte, einen schmächtigen, dunkelhaarigen, melancholischen jungen Mann namens Eddie kennen. Er war offenbar eine Art Lokalmatador: der Verfasser einer Erzählung, die im Baltimore Saturday Visitor den ersten Preis in einem Wettbewerb gewonnen hatte. Die Erzählung hieß »Das Manuskript in der Flasche« und der ruhelose junge Mann Edgar Allan Poe.
    Die zwei hatten trinkend den Abend miteinander verbracht, und Poe hatte (jedenfalls dem Bericht zufolge) Lewis’ Großvater unaufdringlich nach Geschichten ausgefragt, insbesondere nach absonderlichen, okkulten und morbiden Geschichten. Der weltkluge Reisende tat ihm liebend gern den Gefallen und sprudelte Ob-du’s-glaubst-oder-nicht-Fragmente heraus, die der Schriftsteller später zu Das Geheimnis der Marie Roget und Die Morde in der Rue Morgue verarbeitete. In diesen beiden Erzählungen kam, zwischen den Ungeheuerlichkeiten, das eigentümliche Genie des C. Auguste Dupin zum Vorschein.
    C. Auguste Dupin. Poes Vision des perfekten Detektivs: ruhig, rational und von brillanter Beobachtungsgabe. Die Erzählwerke, in denen er in Aktion trat, waren rasch weithin bekannt, und durch sie wurde Dupin zu einer erdichteten Berühmtheit, wobei niemand in Amerika wußte, daß Dupin eine real existierende Person war.
    Er war der Bruder von Lewis’ Großvater. Lewis’ Großonkel war C.
    Auguste Dupin.
    Und sein größter Fall - die Morde in der Rue Morgue - sie basierten gleichfalls auf Fakten. Die in der Geschichte vorkommenden Metzeleien hatten wirklich stattgefunden. In der Rue Morgue waren tatsächlich zwei Frauen brutal abgeschlachtet worden. Es waren, wie bei Poe zu lesen steht, Madame L’Espanaye und ihre Tochter Camille l’Espanaye. Beides Frauen von gutem Ruf, von stillem und unauffälligem Lebenswandel. Die vorzeitige bestialische Beendigung ihres Lebens mußte da nur um so gräßlicher anmuten. Der Körper der Tochter war in den Kamin hinaufgestoßen worden. Den Körper der Mutter entdeckte man im Hof auf der Rückseite des Hauses; die Kehle war ihr mit derart barbarischer Rohheit durchtrennt worden, daß ihr Kopf fast ganz abgesägt war. Man konnte kein erkennbares Motiv für die Morde finden, und die Sache wurde nur noch um einiges mysteriöser, als jeder der Hausbewohner die Stimme des Mörders in einer anderen Sprache gehört haben wollte. Der Franzose war sicher, daß die Stimme Spanisch gesprochen habe, der Engländer hatte Deutsch gehört, nach Meinung des Holländers war es Französisch. Dupin stellte bei seinen Nachforschungen fest, daß keiner der Zeugen wirklich die Sprache konnte, die er aus dem Munde des ungesehenen Mörders gehört haben wollte. Daraus schloß er, daß die Sprache gar keine Sprache war, sondern die wortlose Stimme einer wilden Bestie.
    Tatsächlich: ein Affe, ein monströser Orang-Utan von den Ostindi-schen Inseln. Seine orange-braunen Haare hatte man in der Faust der gemordeten Madame L’Espanaye gefunden. Nur seine Kraft und Behendigkeit machten das grauenvolle Schicksal von Mademoiselle L’Espanaye nachvollziehbar. Die Bestie gehörte einem Malteser Seemann; sie war ausgebrochen und in der blutbesudelten Wohnung in der Rue Morgue Amok gelaufen.
    Das war, in groben Zügen, die Geschichte.
    Ob wahr oder nicht, die Erzählung war für Lewis von großem romantischem Reiz. Gern malte er sich aus, wie sein Großonkel sich analytisch durch den mysteriösen Fall voranarbeitete, ohne sich von der Hysterie und dem Grauen rings um ihn ernsthaft aus der Fassung bringen zu lassen. Er hielt diese ruhige Gelassenheit für grundlegend europäisch; einem entschwundenen Zeitalter angehörend, in dem man das Licht der Vernunft noch hochhielt, und in dem der schlimmste Horror, den man sich allenfalls vorstellen konnte, eine Bestie mit einem die Kehle

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