Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
sie ihren Vater getötet hatte?
Das konnte doch nicht wahr sein.
Yuki sprang auf, ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne so fest aufeinander, als wären sie mit Draht zusammengebunden. Der Richter hatte sie gewarnt, auf keinen Fall Einspruch einzulegen, aber in ihrem Kopf kreischte es ununterbrochen: Einspruch gegen diese Zeugin, gegen dieses … Theater! Einspruch, Einspruch, Einspruch!
»Zu mir. Alle beide«, zischte LaVan.
Während der Rechtsanwalt und die Staatsanwältin zur Richterbank kamen, drehte er sich auf seinem Stuhl um neunzig Grad zur Seite, sodass sein Blick weder auf die Zeugin noch auf die Geschworenen, sondern hauptsächlich auf den Notausgang gerichtet war.
Yuki und Hoffman standen etwas seitlich von der Richterbank und blickten zu ihm hinauf.
Mit leiser, zornbebender Stimme sagte LaVan zu Hoffman: »Ich gehe davon aus, dass weder Ihre Mandantin noch die Staatsanwaltschaft gewusst haben, dass Sie dieses Kind in den Zeugenstand rufen wollten.«
»Ich habe gestern Abend einen Anruf von der Großmutter mütterlicherseits der jungen Dame erhalten. Sie hat mir mitgeteilt, dass Caitlin heute früh mit mir sprechen wollte. Ich habe mich mit ihr im Foyer dieses Hauses getroffen, Euer Ehren. Unmittelbar nach dem Gespräch mit Ihnen. Bis vor fünfzehn Minuten hatte ich wirklich keine Ahnung von dieser Aussage.«
»Euer Ehren«, sagte Yuki, »das ist doch ganz offensichtlich ein Trick der Verteidigung. Caitlin mag beeinflusst worden oder selbst auf diese Idee gekommen sein. Aber in jedem Fall versucht sie damit, ihrer Mutter den Hintern zu retten. Und in jedem Fall hat sie in den Köpfen der Jury einen berechtigten Zweifel gesät.«
»Ich unterbreche die Verhandlung«, sagte LaVan. »Und ich will Caitlin in meinem Amtszimmer sprechen. Sie beide bleiben auf jeden Fall hier. Sobald ich mit der Kleinen geredet habe, unterhalte ich mich mit den Geschworenen. Und danach sprechen wir über die Zukunft dieses Strafprozesses.«
93 Yuki war gerade in Parisis Büro, als ihr Handy piepste.
»Jetzt geht’s los«, sagte sie zu ihrem Chef und las ihm die SMS vor: »›Richter LaVan erwartet Sie in seinem Amtszimmer.‹ Also. Len, was raten Sie mir?«
Parisi stemmte seinen massigen Körper aus dem Stuhl und zog die Jalousien vor dem Fenster zur Bryant Street auf. Fahles Licht fiel herein, aber durch den Nebel konnte Yuki nicht das Geringste erkennen.
»Nehmen Sie die Zeugin ins Kreuzverhör«, sagte Red Dog. »Das ist das Beste und das Einzige, was Sie machen können.«
»Und wenn es stimmt, was sie gesagt hat?«
»Stimmt es denn tatsächlich? Was glauben Sie denn, mal ganz ehrlich?«
»Ich glaube, sie will sich opfern. Sie ist elf Jahre alt. Es ist eine heroische Tat, wie im Film. Aber es ist eine Lüge. Natürlich kann ich sie im Kreuzverhör ordentlich in die Mangel nehmen, aber ich weiß nicht, ob die Geschworenen anschließend noch viele Sympathien für uns hegen werden.«
»Das ist wie Seiltanzen mit Durchfall. Aber ich vertraue Ihnen. Sie machen das schon.«
Yuki verließ Parisis Büro, ging wie in Trance den Flur entlang zum Amtszimmer des Richters und trat ein. Phil Hoffman erhob sich kurz, bis sie sich auf denselben Platz wie vorhin gesetzt hatte.
LaVan hatte seine Robe und die Krawatte abgelegt, die Hemdärmel hochgekrempelt und stand aufrecht hinter seinem Schreibtisch. Wahrscheinlich fängt er jeden Moment an, auf und ab zu gehen, dachte Yuki, doch dann bückte er sich und griff nach dem Metallmülleimer zu seinen Füßen, sechzig Zentimeter hoch und mit knapp fünfzig Zentimeter Durchmesser. Er hob ihn hoch über den Kopf und schleuderte ihn mit voller Wucht an die gegenüberliegende Wand.
Der Mülleimer prallte gegen die Ecke der kleinen Hausbar und riss ein Bild, das den Richter zusammen mit dem Gouverneur zeigte, herunter.
Nachdem das ohrenbetäubende Splittern und Krachen abgeebbt war, riss LaVan die Tür der Hausbar auf und sagte: »Wer möchte etwas trinken? Ich gebe einen aus.«
»Einen Scotch könnte ich vertragen«, sagte Hoffman.
»Ich bin auch so zufrieden«, sagte Yuki. Aber das stimmte nicht. Sie war alles andere als zufrieden. Auf einen Fall wie diesen, der alle zwanzig Minuten so komplett die Richtung änderte, war sie einfach nicht vorbereitet. War sie im Augenblick auf der Sieger-oder auf der Verliererstraße? Sie hatte keinen blassen Schimmer.
Der Richter schenkte sich und Hoffman einen Schluck ein, dann setzte er sich wieder.
»Phil, kennen Sie den
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