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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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zwischen seinen Lippen heraus. Es war das erste Mal seit seiner Schulzeit, daß Ronnie sich prügelte, und er war zu langsam, um dem unvermeidlichen Vergeltungsschlag auszuweichen. Der Hieb, mit dem Maguire konterte, streckte Ronnie blutbefleckt zu Boden, mitten unter die »Rassefrauen«.
    Ehe er sich aufrappeln konnte, hatte Dork ihm den Absatz ins Gesicht geknallt und zermalmte ihm damit den Nasenknorpel.
    Während Ronnie sich das Blut aus den Augen wischte, hievte ihn Dork auf die Beine und hielt ihn als unfreiwillige Zielscheibe Maguire vor die Nase. Die beringte Hand wurde zur Faust, und in den nächsten fünf Minuten benutzte Maguire Ronnie als Sandsack: fing unterm Gürtel an und arbeitete sich nach oben.

Ronnie fand den Schmerz merkwürdig beruhigend; er schien seine schuldig gewordenen Psyche besser zu kurieren als eine Reihe Ave Marias. Als Dork ihn nach der Tracht Prügel verunstaltet hinaus ins Dunkel hatte entwischen lassen, verspürte er keinerlei Wut mehr, nur das Bedürfnis, die Reinigung zu Ende zu bringen, die Maguire begonnen hatte.
    Er ging heim zu Bernadette und log ihr vor, auf der Straße überfallen und ausgeraubt worden zu sein. Sie tröstete ihn so lieb, daß es ihn ganz krank machte, sie hinters Licht zu führen, aber er hatte keine andere Wahl. In dieser Nacht und in der Nacht darauf fand er keinen Schlaf. Er lag in seinem Bett, kaum eineinhalb Meter von dem seiner vertrauensvollen Gattin entfernt, und versuchte, sich über seine Gefühle klarzuwerden.
    Er wußte instinktiv, daß die Wahrheit früher oder später an die Öffentlichkeit gelangen würde. Mit Sicherheit war es besser, zur Polizei zu gehen und alles zu gestehen. Aber dazu brauchte es Mut, und noch nie war ihm so bang ums Herz gewesen. So brachte er die Nacht auf Freitag und die auf Samstag mit Ausflüchten hin, ließ die Blutergüsse sich gelb färben und die Verwirrung abklingen.
    Dann, am Sonntag, war die Kacke am Dampfen.
    Die miesesten der Sonntags-Schmierblätter hatten sein Ge sicht auf der Titelseite - groß und breit mit der dazugehörigen Balkenüberschrift: »Pornozar Ronald Glass«. Im Innenteil waren Fotografien, aus harmlos-unverfänglichem Zusammenhang herausgerissen und zu Dokumenten der Schuld umfunktioniert. Glass mit dem scheinbaren Ausdruck des Verfolgtseins. Glass mit dem scheinbaren Ausdruck der Verschlagenheit. Sein von Natur aus starker Bartwuchs ließ ihn schlecht rasiert aussehen; sein kurzer Haarschnitt suggerierte die Ge fängnisästhetik, für die so mancher aus der kriminellen Bruderschaft ein Faible hat. Da er kurzsichtig war, blinzelte er; blinzelnd fotografiert sah er aus wie eine lüsterne Ratte.
    Er stand beim Zeitungshändler und starrte sein eigenes Gesicht an; er wußte, daß sein persönliches Armageddon sich am Horizont abzeichnete. Bebend las er die schrecklichen Lügen im Innenteil.
    Irgend jemand, nie bekam er eindeutig heraus, wer, hatte die ganze Geschichte ausgeplaudert. Von der Pornographie, den Bordells, den Sexshops, den Kinos. Die geheime Schweinkramwelt, deren Gehirn und Drahtzieher Maguire war, wurde hier ausführlich und in jeder widerlichen Einzelheit geschildert nur daß Maguires Name nicht auftauchte. Ebensowenig der Dorks oder Henrys. Es war Glass, Glass von A bis Z: Seine Schuld war offenkundig. Man hatte ihn fein säuberlich reingehängt, keine Frage. Einen Kinderverderber nannte ihn der Leitartikel, einen kleinen Schmutzfink, betucht und geil geworden.
    Es war zu spät, um irgend etwas abzustreiten. Bis er wieder nach Hause kam, war Bernadette abgezogen, mit den Kindern im Schlepptau. Jemand hatte sie mit der Neuigkeit beglückt, sie ihr wahrscheinlich übers Telefon durchgespeichelt: voller Wonne über den bloßen Dreck daran.
    Er stand in der Küche, wo der Tisch für ein Frühstück gedeckt war, das die Familie noch nicht verzehrt hatte und jetzt nie mehr verzehren würde, und er weinte. Nicht besonders viel: Sein Tränenvorrat war ausgesprochen begrenzt, aber groß genug, um seine Pflicht als getan zu empfinden. Dann, nach dieser Zerknirschungsgeste, setzte er sich hin wie jeder anständige Mann, dem man schweres Unrecht angetan hat, und sann auf Mord.
    In vielerlei Hinsicht war die Beschaffung des Schießeisens schwieriger als alles, was darauf folgte. Dazu bedurfte es einiger umsichtiger Überlegung und gewinnender Worte sowie einer ganzen Menge Bargeld. Er brauchte eineinhalb Tage, um die von ihm gewünschte Waffe ausfindig zu machen und den Umgang mit ihr zu

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